Prof. Blumes Tipp des Monats Juli 2007 (Tipp-Nr. 121)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Die Verdünnung von konzentrierter Schwefelsäure

(Foto: Daggi)

Oftmals hat man nur konzentrierte Schwefelsäure, benötigt aber Säure mit einer bestimmten Molarität. Wie stellt man die daraus her?


Nun kommt der übliche Denkfehler...
... auf den ich selbst vor kurzem auch wieder einmal hereingefallen bin: Handelsübliche konzentrierte Schwefelsäure ist 95-97%ig, bezogen auf die Masse (oder auf das Gewicht). Wir nehmen hier an, sie sei 96%ig. Die Molmasse der Schwefelsäure ist 98 g/Mol. Also sollte die konzentrierte Schwefelsäure 960 / 98 = 9,8-molar sein - abgerundet etwa 10-molar. Das stimmt aber nicht - denn ein Liter konzentrierte Schwefelsäure wiegt nicht 1000 g, sondern 1840 g. Das merkt man schon, wenn man eine Flasche mit Schwefelsäure anhebt: Die ist ziemlich schwer. Deshalb enthält eine 96%ige Zubereitung viel mehr Schwefelsäure als angenommen, nämlich 18 Mol/L!


Die Molarität der konzentrierten Schwefelsäure
Um die Konzentration der Schwefelsäure zu berechnen, benötigt man also die Dichte der Säure. Man kann sie mit einem Dichtemesser (Pyknometer) bestimmen. Aber oberhalb von 90 Masse% sind die so bestimmten Werte nicht mehr zuverlässig. Glücklicherweise ist die Dichte meistens auf den Verpackungen oder im Katalog angegeben. Wichtig ist zu wissen, dass die Schwefelsäure hygroskopisch ist. Hat man eine Packung erst einmal geöffnet, so zieht die Schwefelsäure mit der Zeit Wasser. Diese Fehler kann man aber im Allgemeinen vernachlässigen.

Man kann die Dichte aber auch so bestimmen:


Versuch 1: Bestimmung der Dichte von Schwefelsäure
Wir wiegen einen Messkolben (z. B. mit 100 mL Volumen) ab. Dann füllen wir die Schwefelsäure (C) genau bis zur Marke hinein und wiegen erneut. Aus der Differenz bestimmen wir das Gewicht der Säure und rechnen auf einen Liter um. Das ist bereits die Dichte in kg/L.
Um die vergleichsweise geringe Masse der Luft, die durch die Säure verdrängt wurde, brauchen wir uns nicht zu kümmern.

Wir haben es schon gehört: Die Dichte der konzentrierten Schwefelsäure beträgt bei 20 °C 1,84 kg/Liter. Das heißt: Ein Liter Schwefelsäure wiegt 1,84 kg. Davon sind 96 % reine Schwefelsäure. Ihre reale Masse in einem Liter ist

      1,84 kg/L · 0,96 = 1,766 kg/L = 1766 g/L

Diese Masse teilen wir durch die Molmasse der Schwefelsäure: 98 g/mol.

      1766 g/L / 98 g/mol = 18,0 mol/L

Konzentrierte Schwefelsäure ist 18-molar. (In älteren Tabellenwerken findet man oftmals noch die Normalität angegeben: 36-normal. Diese Zahl bezieht sich auf die Zahl der verfügbaren Protonen.)


Man will eine Säure bestimmter Molarität herstellen
Es gilt die folgende stöchiometrische Beziehung:

      c(Säure 1) • Volumen(Säure 1) = c(Säure 2) • Volumen(Säure 2)

Diese Rechenvorschrift nennt man gern das "Chemische Hebelgesetz".

Wir benötigen zum Beispiel einen Liter einer 2-molaren Schwefelsäure. Das ist die Säurekonzentration, die man im Labor üblicherweise als "verdünnt" bezeichnet.

18 Mol • x mL = 2 Mol • 1000 mL

x = 111 mL

Wir müssen also 111 mL von der konzentrierten Schwefelsäure auf 1000 mL verdünnen, um eine 2-molare Schwefelsäure zu erhalten.

Zum Verdünnen der konzentrierten Schwefelsäure sind unbedingt einige Regeln zu beachten: "Erst das Wasser, dann die Säure...". Klicke hier.

Eine 1-molare Lösung stellt man her, indem man 56 mL konzentrierte Schwefelsäure auf 1000 mL verdünnt.

Das Ergebnis überprüft man, indem man nach dem Abkühlen der Lösung eine kleine Probe entnimmt und mit Natronlauge gegen Phenolphthalein titriert.


Versuch 2: Maßanalytische Titration der Schwefelsäure
Man entnimmt a ml der Schwefelsäureverdünnung und gibt einige Tropfen Phenolphthaleinlösung zu. Diese Mischung titriert man mit Natronlauge (c = 1 mol/L) (Xi) bis zur bleibenden Rotfärbung. Man notiert die mL-Zahl b an verbrauchter Natronlauge.

Auswertung:
Wir müssen bedenken, dass 1 Mol Schwefelsäure 2 Mol Natronlauge äquivalent ist. Deshalb versehen wir die Schwefelsäurekonzentration (angegeben in mol/L) mit dem "Normal-Faktor" 2. Die folgende Gleichung ist ebenfalls ein "Chemisches Hebelgesetz". Wenn man so will, ist es ein "gewichtetes Hebelgesetz". Die Schwefelsäure "drückt doppelt so stark" wie die Natronlauge.

2 · c(H2SO4) mol/L · a mL = c(NaOH) mol/L · b mL

c(H2SO4) mol/L = 1/2 (b/a) · c(NaOH) mol/L

In unserem Beispiel haben wir 10 ml Schwefelsäure vorgelegt und verbrauchen 20 ml Natronlauge. Damit sind beide Lösungen 1-molar.

Um für Titrationszwecke eine Schwefelsäure mit genauer Konzentration herzustellen, empfiehlt es sich, Lösungen zu kaufen - wie z. B. Titrisol®.

Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung von stärker verdünnten Schwefelsäurelösungen zeigen wir hier.


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 15. August 2008, Dagmar Wiechoczek