Prof. Blumes Tipp des Monats November 2002 (Tipp-Nr. 65)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Nicht nur für den Kindergarten:
Wie funktioniert eigentlich ein Flaschentaucher?

Bild 1 (Foto: Daggi)


In Kunstglasbläsereien, auf dem Flohmarkt oder auf den Weihnachtsmärkten kann man ab und zu Flaschentaucher kaufen. Man nennt sie auch Flaschenteufelchen. Das sind kleine Geschöpfe aus Glas. Die werden in eine Flasche mit Wasser gegeben. Dann wird diese mit Wasser randvoll aufgefüllt und mit einem Gummistopfen oder mit einem Gummihütchen (Saftverschluss) verschlossen.
Wenn man das alles nicht hat, reicht auch eine nicht zu feste Kunststoffflasche aus PET aus. Beim Verschließen achte man darauf, dass möglichst keine oder zumindest keine allzu großen Luftblasen unter dem Stopfen verbleiben.

Nun drückt man kräftig und vor allem anhaltend auf den Gummistopfen bzw. auf den Saftverschluss oder man presst die PET-Flasche zusammen. Und siehe da: Das Teufelchen sinkt langsam ab, und manche drehen dabei auch noch hübsche Pirouetten. Es muss also schwerer geworden sein. Wie funktioniert das?

Bild 2: Flaschenteufelchen. Die Ausström-Öffnung liegt in der Schwanzspitze
(Foto: Daggi)


Die Erklärung ist einfach
Sehen wir uns die Flaschenteufelchen einmal genauer an. Zunächst einmal ist es ganz leicht, also aus feinstem Glas gefertigt. In ihnen ist immer ein Hohlraum, der Luft einschließt. Außerdem erkennt man, wenn man genau hinschaut, im unteren Bereich der Teufelchen immer eine klitzekleine Öffnung.

Beim Drücken auf den Stopfen presse ich die Luftblase im Teufelchenbauch zusammen. Damit fließt Wasser in das Teufelchen hinein. Der Grund: Luft lässt sich leichter zusammendrücken als Wasser. Der Druck wird vom Stopfen über die Flüssigkeit auf die Gasblase im Teufelchen übertragen. Das wirkt sich aus, als wenn ich Wasser in den Bauch des Flaschenteufelchens pressen würde.
Entlaste ich den Stopfen, so sinkt der Druck auf das flüssige Wasser. Dadurch wird die Luftblase im Teufelchenbauch wieder größer, drückt das hineingepresste Wasser zurück, und das Teufelchen steigt wieder nach oben.

Um diese Erklärung zu überprüfen, wiederholen wir den Versuch noch einmal und belassen dabei in der Flasche unter dem Stopfen eine (natürlich nicht zu große) Luftblase. Wenn ihr nun kräftig auf den Gummistopfen drückt, könnt ihr sehen, dass diese Luftblase tatsächlich kleiner wird. Gleichzeitig sinkt das Teufelchen ab. Entlasten wir vom Druck, so wird die Blase unter dem Stopfen deutlich größer, und das Teufelchen steigt hoch.
Bei manchen getauchten Teufelchen kann man im Gegenlicht sogar sehen, wie sich die Luftblase beim Drücken auf den Stopfen verkleinert (und beim Entlasten vergrößert).

Der Grund für die Notwendigkeit des anhaltenden Drückens auf den Stopfen liegt darin, dass das Ein- und Ausfließen des Wassers in das Teufelchen bzw. aus dem Teufelchen wegen der kleinen Öffnung der Glaskapillare etwas Zeit benötigt.
Wenn das Teufelchen allerdings erst einmal im Sinken begriffen ist, kann ich den Tauchvorgang durch mehrfachen vorsichtigen Wechsel zwischen Druckentlastung und erneutem Drücken steuern. Dann hopst das Teufelchen auf und ab.

Und wenn (wie in unserem Bild zu sehen) das Teufelchen seinen Schwanz seitlich hält, so kann es beim Tauchen sogar Pirouetten drehen!


Hinter dem Flaschenteufelchen steckt also eine Menge Physik
Wissenschaftler sagen: Ein Gas ist besser komprimierbar als eine Flüssigkeit ("kondensierte Phase"). Und das Drehen der Pirouetten hat etwas mit dem Impuls und meinetwegen auch etwas mit Raketenantrieb zu tun.

Die Vorführung des Flaschenteufelchens ist deshalb nicht nur für Kinder in Kindergarten und Grundschule zu empfehlen, sondern ist auch für Schüler aus den beiden Sekundarstufenbereichen eine unterrichtliche Bereicherung.


Das Flaschenteufelchen heißt auch "kartesischer Taucher"
Der Flaschentaucher wurde 1648 (als in Mitteleuropa der 30jährige Krieg zu Ende ging) unter der Bezeichnung "Täucherlein" von dem Italiener Magiotti beschrieben und durch den Jesuitenpater Athanasius Kirchner in Deutschland bekannt gemacht. Erst im 19. Jahrhundert bekam das Wunderding den Namen kartesischer Taucher oder auch kartesisches Teufelchen.

Was heißt kartesisch? Für Kenner ist der Begriff ein latinisierter Hinweis auf eine Beteiligung von René Descartes (1596-1650). Das ist das auch heute noch vor allem in Frankreich hoch verehrte große französische Multitalent, das sich als Mathematiker, Physiker und Philosoph in Szene setzte (was früher alles das Gleiche bedeutete...).

Aber dieses Mal war dieser Mann "echt" (also 100%ig) nicht beteiligt, so dass die Namensgebung "kartesischer Taucher" zu unrecht erfolgte. Die Benennung sollte das Produkt wohl nur für die damaligen Bildungsbürger interessant machen. (Diesen Etikettenschwindel kennt man ja auch aus der heutigen Werbebranche...) Schließlich war früher die Beschäftigung mit Naturwissenschaften "in". Die Mitgliedschaft in "Naturwissenschaftlichen Vereinen" war für einen Bürger um 1900 genauso wichtig wie heute die Mitgliedschaft in Tennis- oder Golfclubs. In letzteren unterhalten sich heute meistens tiefgelegte Leute über ihre tiefgelegten 180er Mercedes oder über ihren letzten oder nächsten Club-Urlaub...


Wo bekomme ich die Flaschentaucher her?
Michael Hilbert aus Baden-Württemberg hat mich auf die folgende Internet-Adresse hingewiesen, bei der man online die verschiedensten Tauchertypen bestellen kann: http://www.flaschentaucher.de
Die Homepage ist sehr nett gemacht; dazu gibt es auch viele Tipps, wenn es mal mit dem Taucher nicht mehr so richtig funktioniert. Das Wichtigste: Das Teufelchen kann ertrinken! Es ist dann so voll Wasser, dass es nicht mehr aufsteigen kann. Kenner saugen es dann mit dem Mund aus. Deshalb sollte man schon aus eigenem Interesse immer dafür sorgen, dass sich in der Flasche immer frisches Wasser befindet. Am besten nimmt man destilliertes Wasser. Das schränkt vor allem das Algenwachstum ein.


Flaschentaucher - auch für Kinderhände
Vielen ist der Umgang mit einer Glasflasche zu gefährlich. Denn wenn man zu stark auf den Verschluss drückt, kann es passieren, dass die Flasche zu Bruch geht. Manche Kinder schaffen es erst gar nicht, den Korken genügend stark zu drücken.

Besser ist es, eine dünnwandige Flasche aus Kunststoff zu nehmen. In die gibt man das Flaschenteufelchen und füllt sie überrandvoll mit Wasser. Dann schraubt man die Flasche kräftig zu. Nun können auch Kinder die Taucherchen tanzen lassen, indem sie einfach die Flasche drücken - zur Not auch mit beiden Händen. Jetzt kann nichts mehr passieren.

Die Flasche sollte man im Dunkeln aufbewahren, um Algenwachstum zu verhindern.


Flaschentaucher - selbst gebaut
Einige Leser haben mir geschrieben und eigene Vorschläge gemacht, wie man mit einfachen Mitteln selber Flaschentaucher herstellen kann. Danke! Hier sind einige Rezepte.

1 Kartesische Taucher aus Schnappdeckelgläsern gemacht

2 Flaschenteufelchen aus Parfümproben-Fläschchen

3 Streichholzköpfe als Flaschentaucher

4 Flaschentaucher aus Tintenpatronen

5 Apfelsinenschalen als Flaschentaucher

Die Rezepte funktionieren tatsächlich! Diese Taucher lassen sich durch Schüler selbst auch zu Hause basteln und sind zudem bestens geeignet, das dahinter steckende Prinzip zu erkennen oder den staunenden Eltern zu erläutern. Zu motivierenden oder zu abschließenden Demonstrationszwecken würde ich jedoch auf jeden Fall einen schönen, kommerziellen Flaschentaucher in petto halten! Denn das sind wirklich kleine Kunstwerke - vor allem auch wegen der Pirouetten, die sie drehen können.


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 02. Oktober 2013, Dagmar Wiechoczek