Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 298
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F1: Ich habe mal wieder eine Frage zu meinem Chemiewettbewerb und hoffe, dass Sie mir weiterhelfen können.

Bei einem Versuch sollte man Joghurtbecher aus Polystyrol und Polypropylen im Backofen erwärmen. Das PS verformte sich viel stärker (es wurde zu einer Scheibe) als das PP.

Ich habe schon in Büchern nachgelesen und "gegoogelt", habe jedoch keine Antwort darauf gefunden, warum das so ist.

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen und bedanke mich für Ihre Bemühungen.


A1: Das liegt daran, dass sich Polystyrol (PS) schon bei geringfügiger Temperaturerhöhung zersetzt – was Polypropylen (PP) erst bei wesentlich höheren Temperaturen macht. Bei der Zersetzung bildet sich u. a. Benzol, das als Lösemittel bzw. Quellmittel für PS dient.

Wenn Sie den Versuch mit Plexiglas (PMMA) machen wollten, würde Ihnen der Becher komplett zerfließen, weil sich der Kunststoff zum flüssigen Monomeren (MMA) zersetzt. Klicke hier.


F2: Hallo Herr Professor Blume, vielen Dank für die schnelle Antwort.

Viele Grüße und einen schönen Sonntag


1647
F: Warum ist der Stahl, den man in Stahlbeton einbaut, immer rostig? Das kann doch nicht halten? Wenn das im Stahlbeton weiterrostet? Wären Drähte aus rostfreiem Stahl nicht besser?


A: Das könnte man meinen. Aber es ist genau umgekehrt: Rostfreier Stahl würde den Beton nicht festigen, sondern darin als destabilisierender Fremdkörper wirken.

Um wirklich als verfestigendes Element zu wirken, muss es zu einer chemischen Bindung zwischen den Stahldrähten und den Silicaten des Betons kommen. Gefördert wird das Verfestigen von Stahlbeton durch Reaktion zwischen Eisenoxid und den Silicaten.

Um diese Reaktion sicherzustellen, wird der Stahl sogar chemisch vorbehandelt. Deshalb sieht er immer „oxidiert“ aus, also nicht metallisch blinkend, sondern schwarz oder braun.

Moniereisen (Foto: Blume)

Das Ganze ist bei rostfreiem Stahl schon von der Definition her kaum möglich.

Dass das mit den Stahleinlagen überhaupt funktioniert, liegt daran, dass Stahl und Beton die gleichen Wärme-Ausdehnungskoeffizienten haben. Was viele nicht wissen: Beton ist ein hervorragender Wärmeleiter! Das ist natürlich für Betonhäuslebauer, die auf Wärmedämmung ihrer eigenen vier Wände achten müssen, von Nachteil. Klinker mit Luftlöchern sind da besser geeignet. Oder sogar Holzkonstruktionen mit Steinwolle und anderen Dämm-Materialien.

Wenn das Rosten der Stahleinlagen jedoch weitergeht als vorgesehen, wenn also der Stahl im Stahlbeton korrodiert, ist es Schluss mit der Bindungsfähigkeit. Dann bildet sich schnell blättriger Rost, dessen Volumenzunahme zur Sprengung des Stahlbetongefüges führt. Katalysatoren hierzu sind die Ionen von Streusalz. Aus diesem Grunde sind sämtliche (Autobahn-)Brücken in Deutschland sanierungsbedürftig.

Die Stahleinlagen nennt man übrigens Moniereisen. Die sind nach einem französischen Gärtner (Joseph Monier) benannt, der im 19. Jahrhundert eigentlich nur stabile Blumenkübel herstellen wollte, aber rasch erkannte, welches Potential hinter diesem Prinzip steckte, und der deshalb ein Patent auf seine Erfindung angemeldet hat.

Stellen Sie sich vor: Ohne Moniers Erfindung gäbe es heute keine Autobahnbrücken oder 700 m hohe Hochhäuser! Beton ohne Stahl jedoch gab es schon lange: Den hatten schon die alten Römer erfunden.


1648
F: Betreff: habe bald einen test und bin sehr schlecht in chemie..muss dort auch diese frage beantworten können

Wenn nasse Wäsche in einem kalten Winter im Freien aufgehängt wird, erstarrt sie sehr schnell. Obwohl die Temperatur unter 0°C bleibt, trocknet sie im Laufer der Zeit. Was spielt sich dabei ab?!


A: Die Wäsche wird steif, weil das Wasser gefriert. Dann dampft das Eis ab, ohne sich zu verflüssigen. Man sagt, es sublimiert. Der Vorgang heißt Sublimation. Aus diesem Grunde wird Wäsche auch bei Frost trocken. Gefördert wird das durch Wind.
Umgekehrt gibt es auch die Resublimation: Das ist die Raureifbildung bei Frost. Da schlägt sich der Wasserdampf der Luft ohne sich zu verflüssigen als festes Eis nieder. Klicke hier.

Falls es interessiert: Die Sublimationsenergie, die zugeführt werden muss, setzt sich zusammen aus der Verdampfungswärme und aus der Schmelzwärme von Eis. Das zeigt folgendes Energieschema.

Aggregatzustände (schematisch)


1649
F: Betreff: Gesundheitsschädigung durch Wasserglas?

Im Garten unserer Spielgruppe existiert eine Weinlaube, die sehr beliebt ist - als Aufenthaltsraum und wegen der Fülle herrlicher Trauben im Herbst.
In diesem Jahr ist der Weinstock zu unserem großen Kummer vom Mehltau heimgesucht. Wir folgten einem Tipp und besprühten Blätter und Trauben mehrmals mit einer Mischung aus Schachtelhalmtee und Wasserglas, was den Mehltau in Schach zu halten zu scheint. Allerdings ist uns inzwischen gedämmert, dass wir auf eine Traubenernte wohl verzichten müssen - das Wasserglas ist von den Beeren nicht abzuwaschen und dürfte beim Verzehr vermutlich gesundheitsschädlich sein. Ist das so?
Und: gibt es überhaupt eine gesundheitsverträgliche Abhilfe?

Eine Auskunft würde uns weiterhelfen.
Herzlichen Dank - auch insgesamt für Ihre sehr besuchenswerte Seite...


A: Mehltau kann man leider nur mit Kupfersalzlösungen bekämpfen. Das hätte Ihren Schützlingen – den Kindern – auch kein weiteres Bauchweh verursacht, vorausgesetzt, dass Sie die Trauben vor dem Verzehr gut abgespült haben. Denn Kupfersalze sind sehr gut löslich.

Wasserglas ist stark alkalisch. Es ist quasi eine Art Natronlauge und ist damit äußerst gefährlich. Die abzulösen ist schwierig. Das geht eigentlich nur so richtig, wenn Sie dazu eine in Wasser gelöste Säure nehmen, z. B. Citronensäure. Die überschüssige Säure lässt sich gut abspülen.

Sie müssen dennoch das Ergebnis überprüfen – mit Indikatorpapier aus der Apotheke oder aus der benachbarten Schule.

Ich weiß nicht, wieso Sie auf die Idee mit Schachtelhalmsud und Wasserglas gekommen sind. Viele der so genannten „Ökologischen Tipps“ sind - pardon! - schlicht Mist.

So gibt es auch den Öko-Tipp, Blattläuse mit Brennnesselsaft zu bekämpfen. Das habe ich versucht. Meine Erfahrung: Überlebt haben die besonders fetten und dazu noch trächtigsten Blattlausdamen…


1650
F: Ich denke die Wunderbeere könnte u. U. für ihre Seite ganz interessant sein.
Diese Pflanzen scheinen zurzeit ein echter Renner zu sein.


A: Danke für den Hinweis. Die Wunderbeere ist schon seit den 1960er Jahren bekannt und wurde auch im Rahmen meines Biochemiestudiums diskutiert.

Bei der Wunderbeere handelt es sich um ein Gewächs aus Afrika, dessen Beeren einen Stoff enthalten, der das Schmeckempfinden für Sauer stark stört. Der Stoff heißt deswegen auch „Miraculin“. Es handelt sich um ein Glykoprotein, also um ein Protein, das noch einen Kohlenhydratanteil enthält.

Wegen seiner Wirkung schlagen manche Leute das Miraculin sogar als Zuckerersatz vor. Ich kann aus vielerlei Gründen abraten, es zu verwenden.

Da ist zum einen das nicht zu unterschätzende Potential zur Allergieauslösung. Hinzu kommt, dass man auch mit sauren Speisen aufpassen muss. Wenn zum Beispiel damit geworben wird, dass man als Partygag, ohne das Gesicht zu verziehen, eine ganze saure Zitrone aufessen kann, denke ich nicht an den Scherz, sondern eher an die resultierenden Zahnschäden. Denn mit Citronensäure können Sie schnell den Zahnschmelz anätzen.

Übrigens ist in den USA der Stoff als Lebensmittelzusatz verboten.

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Letzte Überarbeitung: 16. Dezember 2008, Dagmar Wiechoczek