Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 303
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F: Wasser verdampft doch erst ab 100 °C – oder?


A: Du meinst das Sieden des Wassers bei 100 °C, wobei es deutliche Dampfblasen bildet. Wasser dampft auch schon vorher ab – auch wenn man es nicht direkt sieht. Man sagt, dass es verdunstet. Das weißt Du sicherlich von der Wäsche, die schon bei kühleren Temperaturen trocknet.
Wäsche trocknet sogar bei Frost; dann sublimiert das zunächst gebildete Eis, das heißt, es verdampft, ohne flüssig zu werden.
Das Verdampfen hängt – wie auch der Siedepunkt – vom Luftdruck ab. Je geringer der Luftdruck ist, desto leichter verdampft das Wasser und desto niedriger sind auch seine Siedetemperaturen. Entsprechend sublimiert es auch leichter. Das liegt daran, dass zur Dampfbildung Wassermoleküle die Flüssigkeits- oder Eisoberfläche verlassen müssen. Daran werden sie durch die Stöße der Luftmoleküle gehindert. Sind weniger Luftmoleküle vorhanden (wie es bei niedrigerem Luftdruck der Fall ist), können auch mehr Wasserteilchen als Dampf entschwinden.

Hierzu haben wir einen Tipp des Monats.


1672
F1: (Anfrage einer TV-Wissenschaftsredaktion): Kennen Sie den Wachsbrand? Den wollen wir auch machen.


A1: Kennen Sie meine Webseite Tipp des Monats dazu? Wir benennen das mit dem Begriff „Chemischer Flammenwerfer“…


F2: Nein, die Seite kenne ich nicht, aber wir wollen das Ganze in einem großen Reagenzglas machen. Ein Chemiker hat uns gesagt, dass man den Versuch auch mit einem zwei Meter großen Reagenzglas machen kann.


A2: Wirklich zwei Meter lang? Wo kann man so ein Reagenzglas kaufen?


F3: Ja. Das macht eine Glasfirma für uns. Nun aber die Frage: Wie viel Wachs müssen wir da einfüllen?


A3: Soll ich Ihnen dazu einen Tipp geben, der in einem Unfall enden muss? Ich warne vor diesem Versuch. Schon der kleine, von uns beschriebene Ansatz ist äußerst spektakulär. Da wird das kleine Reagenzglas nur zu einem Drittel gefüllt. Wenn Sie ein 2 m langes Reagenzglas (das wohl auch entsprechend breit ist…) zu einem Drittel füllen, riskieren Sie das Leben Ihres Kameramanns und außerdem Ihr Studiogebäude. Das wirkt wie Napalm…

Ich kann überhaupt nicht voraussagen, wie das Ganze abläuft. Und ich werde mich auch hüten, Ihnen einen Tipp dazu zu geben.

Das ist so wie in der chemischen Industrie: Ein Experiment, das modellhaft und perfekt in einem kleinen Reagenzglas oder in einer Retorte abläuft, ist – wenn man seinen Maßstab vergrößert – manchmal völlig unberechenbar. Deshalb sind ja viele Verfahrenschemiker und Chemieingenieure zugange, um das, was eher theoretisierende Chemiker im Labor austüfteln, in den Industriemaßstab mit zum Beispiel 1000 t/Tag zu überführen. Dabei erleben sie allerlei Überraschungen… Ich erinnere an die Ammoniaksynthese.

So kann es bei Ihnen statt der gewünschten Verpuffung mit spektakulärem radikalischen Flammenball zu einer verheerenden Explosion kommen.


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F1: Zur Zeit besprechen wir in der Schule die Azofarbstoffe. Zu diesem Thema richtet sich auch meine Frage: Warum greift bei der Diazotierung das Nitrosylkation die Aminogruppe des Anilinderivats an?
Wir haben vorher besprochen, dass es eine KKK-Regel gibt, die besagt, dass bei Kälte der Kern angegriffen wird. Da bei der Azokupplung das Reaktionsgemisch gekühlt wird, frage ich mich, warum das Kation an der Seitenkette angreift, was doch laut SSS-Regel nur bei Hitze und Licht passiert.

Ich würde mich freuen, wenn Sie meine Frage beantworten und mir möglichst bald zurück schreiben.

Vielen Dank schon mal im voraus.


A1: Die SSS- und KKK-Regeln beziehen sich nur auf Kohlenwasserstoffreste am aromatischen Kern, Beispiel: Toluol (Methylbenzol). Klicken Sie hier. In diesem Sinne ist die Aminogruppe des Anilins keine Seitenkette.

Das Nitrosyl-Kation greift eher am frei herausragenden Elektronenpaar des Aminostickstoffs als an den durch Mesomerie abgeschirmten Elektronen des Kerns an. Die Kühlung ist notwendig, um das Diazonium-Kation so lange stabil zu halten, bis es seinen Kopplungspartner gefunden hat. Sonst würde es nur den Stickstoff als N2-Molekül eliminieren.


F2: Vielen Dank für Ihre Antwort, die mir sehr geholfen hat.


1674
F: Betreff: Frage zur chemischen Herstellung von Epoxid

Hallo,
ich möchte über die Herstellung von Epoxid ein Referat halten und beschäftige mich mit dem chemischen Zusammenbau. Meine Frage wäre daher: Wie kann ich mir die Abspaltung von Salzsäure (HCL) bei der Verbindung von Bisphenol A und Epichlorhydrin vorstellen, da diese Verbindung durch eine Polyaddition statt findet und dabei eigentlich keine Abspaltprodukte anfallen? Wieso HCL anfällt wird eigentlich aus der auf ihrer Seite gezeigten Formel klar, nur stellt sich mir die Frage wieso die Herstellung unter das Reaktionsverfahren Polyaddition fällt, wenn doch ein Abspaltprodukt entsteht?

Würde mich freuen, wenn sie mir diese Frage beantworten könnten.
Vielen Dank für ihre Mühe


A: Sie beziehen sich wohl auf diese Webseite und meinen wohl auch die Herstellung von Epoxidharz.

Es handelt sich um einen Mechanismus, bei dem ständig ein Carbkation vorhanden sein muss, um die Reaktion voranzutreiben. Das bildet sich erstmal, indem der Epoxidring (der wegen seiner Ringspannung in gewisser Weise einer C-C-Doppelbindung gleicht) geöffnet wird. Dazu wandert das Proton des Phenols an das O am C-Atom 2 des Epichlorhydrins. Dann koppelt das O- des Phenols an das erste C+ des geöffneten Epichlorhydrinringes. Nun muss das andere Ende des Epichlorhydrins positiv werden – das macht es durch Abspaltung seines Chlorid-Ions, unterstützt durch das Proton des zweiten Phenols, das jetzt ankoppelt. Letztlich wird eine positive Ladung durch das Epichlorhydrin ans Ende der sich aufbauenden Kette durchgereicht.

Den Chlorwasserstoff fängt man durch eine Base ab, z. B. mit Ethylendiamin.

Man sollte übrigens nicht allzu viel Wert auf Definitionen legen, also ob es sich hier um eine Polyaddition oder -kondensation handelt.


1675
F: Betreff: Jugend- Forscht Arbeit

Wir beschäftigen uns momentan mit Organischer Chemie. Unser Kursbetreuer verwies uns zu ihnen da er bereits seine Abschlussarbeit beim Studium unter ihrer Anleitung absolvierte.
Das Ziel unserer Jugend Forscht Arbeit ist es Epoxidharz zur Polymerisation zu bringen. Wir Wissen bereits dass es mit Ethylendiamin funktionieren müsste, konnten aber keine Angaben zum Mischverhältnis bzw. eine Vorgangsbeschreibubg finden. Wir wären dankbar wenn sie uns hier weiterhelfen könnten.


A: Ihr wollt doch wohl nicht „Epoxidharz zur Polymerisation bringen“, denn das ist schon polymerisiert. An welchen Ausgangsstoff habt ihr gedacht?
Normalerweise macht man das mit Epichlorhydrin. Das ist eine Substanz, die giftig und ätzend ist (T, C) und dazu noch im Verdacht steht, Krebs zu erregen. Sie wirkt darüber hinaus auch sensibilisierend.
Als zweite Komponente benötigt man einen zweiwertigen Alkohol, z. B. Glykol. Mischungsverhältnis: 1:1 (molar). Dieser Stoff ist auch gesundheitsschädlich (Xn).
Zum Ethylendiamin (Gefahrensymbol C): Mit diesem bindet man den entstehenden Chlorwasserstoff (Gefahrensymbol C). Pro Mol Epichlorhydrin benötigt ihr ein halbes Mol Diamin.

Epichlorhydrin und Ethylendiamin sind Flüssigkeiten, die bei 116 °C sieden. Glykol siedet bei 198 °C. Mischt also entsprechende Mengen und erhitzt auf 100-150 °C.

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Letzte Überarbeitung: 19. Januar 2009, Dagmar Wiechoczek