Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 346
zurück        vor

1886
F: Ich bin Chemielehrerin in der Sek II und würde die Aromatenprobe (Nachweis aromatischer Verbindungen) gerne in der Schule vorführen. Jetzt habe ich aber frisch nachgelesen, dass für das dazu notwendige Chloroform in der Schule ein Verwendungsverbot besteht. Gibt es eine Alternative zu Chloroform, die Sie schon einmal ausprobiert haben?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!


A: Leider gibt es da keine Alternativen, auch nicht mit Tetrachlormethan oder Dichlormethan.


1887
F: Ich habe im Schuppen einen wohl halb verhungerten Schmetterling gefunden und versucht, ihn wieder aufzupäppeln. Ich habe mich daran erinnert, dass man Fliegen mit Zuckerwasser füttern kann und dass sie dann sofort - schwups! - wegfliegen. Der Schmetterling hat einige Tropfen der Zuckerlösung aufgesaugt, aber es dauerte noch ca. ½ Stunde, bis er wegflog. Woran liegt das?


A: Das liegt am unterschiedlichen Energiestoffwechsel der beiden Insektenarten. Fliegen setzen den Zucker sofort in Energie um. Schmetterlinge müssen daraus erst Fettsäuren aufbauen, da sie nur diese zur Energieumwandlung nutzen können. Das Umbauen der Moleküle dauert seine Zeit.

Goldfliege und Kaisermantel (Fotos: Blume)


1888
F: Über meinen ehemaligen Chemielehrer bin ich auf ihre Seite gestoßen.
Mein Studiengang ist der Maschinenbau. Das Thema der Studienarbeit ist die Konstruktion einer Tafelreinigungsanlage um gewöhnliche grüne Schultafeln zu reinigen. Da ich schon einige Ideen habe, um die Tafel zu reinigen, diese aber hauptsächlich auf der Reinigung mit einem nassen Schwamm beruhen, stellt sich mir folgende Frage: Wie haftet Schulkreide auf der Tafeloberfläche?
Die Tafeloberfläche ist entweder aus Glas oder bei uns aus Stahlemaille. Die Schulkreide besteht aus CaCO3. Den diesbezüglichen Nachweis mit Zitronensäure habe ich bereits durchgeführt.
Bei der Recherche bezüglich dieses Themas bin ich oft auf die Adhäsion gestoßen. Haftet die Schulkreide durch Adhäsion an der rauen Oberfläche? Wenn ja, wie kann ich die Verbindung (Wechselwirkungen, Dipol-Kräfte??) zwischen Kreide und Tafel noch anders Lösen?
Ich hoffe auf eine baldige Antwort, um noch weitere Ideen für die Tafelreinigungsanlage zu finden.


A: Das Beschreiben einer Wandtafel mit Kreide ist der klassische Fall für eine Adhäsion. Zur Unterscheidung: Kohäsion ist der Zusammenhalt der kleinsten Teilchen ein und desselben Stoffs. Adhäsion heißt das entsprechende Zusammenhaften der kleinsten Teilchen von unterschiedlichen Materialien.

Welche Kräfte zwischen den Atomen, Molekülen und den Ionen herrschen, kann man nur bei genauer Kenntnis des Tafelbeschichtungsmaterials angeben. Es können alle möglichen Kräfte/Wechselwirkungen sein - bei anorganischer, glasartiger Emaille z. B. Coulombsche Kräfte (Ionenbindungen), sonst aber auch (wie bei glasartiger Kunststoffbeschichtung) van der Waals-Kräfte und Dipolwechselwirkungen (unter anderem Wasserstoffbrückenbindungen).
Zum Reinigen muss man diese Kräfte überwinden. Das macht man z. B. mit dem nassen Schwamm, bei dem einerseits Wasserstoffbrücken und Ionenbindungen gelöst werden. Das Reinigen wird durch die mechanische Wirkung des Schwammmaterials unterstützt.

Versuchen Sie es doch mal mit Ultraschall und gekoppelter Staubabsaugvorrichtung.

(Übrigens besteht die normale Tafelschreibekreide im Allgemeinen aus Gips, CaSO4 · 2 H2O. Für die gilt das Gleiche wie für Kalk, CaCO3.)


1889
F: Bis jetzt wurde an unserer Schule jeweils die Quecksilberoxid-Thermolyse demonstriert. Nun mache ich Versuche mit Silberoxid-Thermolyse (vorerst im offenen Reagenzglas, mit Glimmspanprobe), erhalte jedoch nicht metallisches Silber, sondern ein weisses Pulver - Silbercarbonat?

Heize ich zu stark / zu wenig mit dem Bunsenbrenner? Soll ich das RG mit Inertgas spülen (Leider haben wir ein sehr kleines Budget und deshalb kein Inertgas)

Falls sie mir einen Hinweis haben, bin ich ihnen dankbar.


A: Silbercarbonat kann unter den Bedingungen der Thermolyse von Silberoxidpulver überhaupt nicht entstehen. Es handelt sich vielmehr um Silber:

Das Silber fällt pulverförmig an, weil Sie ja von Silberoxidpulver ausgegangen sind. Wenn Sie das Silberpulver im Reagenzglas oder in einer Porzellanschale stärker erhitzen, schmilzt es und Sie bekommen ein hübsches Silberkügelchen.

Zur Silberoxidthermolyse haben wir zwei Webseiten: Die eine befasst sich mit dem Aspekt der Substitution von Quecksilberoxid. Die andere zeigt, dass die Thermolyse sogar quantitativ ausgewertet werden kann.


1890
F1: Seit einigen Wochen recherchiere ich über die Zitronensäure und deren Herstellung. Leider stehen mir keine Fachdatenbanken zur Verfügung, so ist die Suche nach relevanten Informationen mühsam.
Ich wende mich an Sie aufgrund eines Artikels im Spiegel. Wirklich beachtlich ist, was uns „allmachtsverrückte Forscher“ im Essen zumuten. Es herrscht Missbrauch von den Begriffen Verantwortung und Vertrauen. Meine kleine Tochter reagiert allergisch auf Schimmelpilze. Ich möchte Sie um Ihre Meinung bitten, ob es mit Rückständen von Schimmelpilzen und Antibiotika aus dem Nährstoff des Aspergillus niger in Lebensmitteln zu rechnen ist. Halten Sie es nicht für bedenklich, Produkte solcher aggressiven Pilze in unsere tägliche Nahrung einzuarbeiten?
Wissen Sie ob bereits die gesamte Weltproduktion von Zitronensäure auf diese Art abläuft? Laut meinem Instinkt, sollte ich sämtliche Produkte mit Inhaltstoffen der exzellenten Wissenschaftler lieber meiden. Ich kenne zu viele Kinder mit Allergien. Wir möchten moderne Lebensmittel genießen, doch ohne Gesundheit wird unser Leben ungenießbar.


A1: Dass immer mehr Kinder Allergien entwickeln, hat viele Gründe, aber sicherlich ist nicht die Citronensäure daran schuld. Denn die Citronensäure ist zugleich ein Stoff, der in großen Mengen im menschlichen Stoffwechsel gebildet wird (Stichwort „Citronensäurezyklus“). Denken Sie z. B. an die Inhaltsstoffe der bunten Bonbons, also an die Lebensmittelfarbstoffe, an die in Kunststoffspielzeug enthaltenen Stabilisatoren, die Unmengen von neuen Klamotten, die die Kinder anziehen, dazu auch viele Substanzen, die in Wasch- und Reinigungsmitteln enthalten sind. Außerdem gibt es Allergien gegen importierte Nahrungsmittel wie spezielle Nuss-Arten, von denen wir früher nie etwas gehört haben, oder Früchte wie Kiwi. Und was alles in den geliebten Müsli- und Schokoriegeln enthalten ist!

Es gibt nicht „den“ Schimmelpilz. Neben dem krank machenden, auch Allergien auslösenden schwarzen Hausschimmel gibt es viel mehr Arten, die für die Menschheit segensreich sind. Denken Sie z. B. an Schimmelkäse - in diesem Fall macht man Milch, die ansonsten leicht verdirbt, durch antimikrobiell wirkende Pilze haltbar. Da sind wir auch schon bei den Schimmelpilzen, die es uns gestatten, Antibiotika herzustellen - bei weitem nicht nur Penicillin, sondern auch Streptomycin und so weiter! Dass die Lebenserwartung der Menschen heute so hoch ist, verdanken wir diesen Pilzen.

Außerdem umgeben uns in der Natur unendlich viele Pilze, die z. B. dafür sorgen, dass der Kohlenstoffhaushalt weiterläuft: Gäbe es nämlich nicht die vielen Zerstörer von Biomasse („Destruenten“), gäbe es bald kein CO2 mehr in der Luft und folglich kein Pflanzenwachstum und keinen Sauerstoff mehr. Es würde alles anfangen zu faulen, und die Herrschaft würden rasch die anaerob lebenden Bakterien übernehmen.

Pilze sind chemische Alleskönner. Man macht sich die hochspezialisierte chemische Aktivität der Schimmelpilze auch technisch zu Nutze. Zum Beispiel setzt man Pilzenzyme beim Herstellen von Spanplatten ein. Oder zur großtechnischen Synthese von Chemikalien - wie eben die Citronensäure. Die ist durch spezielle Aufarbeitungsverfahren so rein geworden, dass Sie nicht fürchten müssen, dass sie Pilzreste enthält. Auf jeden Fall wird die Citronensäure, die man klassisch aus Zitronen gewinnt, eher Schimmelreste enthalten.

(Foto: Blume)


F2: Vielen Dank für ihre schnelle Antwort.
Ich habe meine E-Mail zu einseitig und zu kurz gefasst, da ich ungern ihre kostbare Zeit beanspruche.
Ich bin in der Bekleidungsbranche tätig, schon im Studium haben wir über die Gesundheit belastende Wirkung von Polyester geforscht. Aber wir laufen mit einfachen Tragetaschen aus Biobaumwolle herum.
Citronensäure allein ist nicht schuld an Allergien. Ich konnte nicht finden, was wirklich stimmt.
Ich lese zu oft, dass Allergiker die Citronensäure möglichst meiden sollten, was nicht immer einfach ist, da sie auch z.B. in Brötchen zu finden ist, und inzwischen oft unnötig auch in vielen anderen Lebensmitteln. Ich bin mir der hohen Nützlichkeit von diversen Schimmelpilzen bewusst. Ich bin ein Feinschmecker und liebe Gorgonzolakäse. Diesen soll meine Tochter auch meiden, also hat sich die Frage ergeben, was ist mit der fast unvermeidlichen Citronensäure, für deren Herstellung man nicht den edelsten Pilz ausgesucht hat. Es kommt mir so vor, als würden wir trotz genialer Köpfe unseren Organismus noch nicht vollkommen kennen, um ihn mit solchen Mengen an industriellen Zusatzstoffen zu bombardieren.
Im Internet fand ich eine Webseite mit einer Äußerung zur Citronensäure, auf der Sie zwar zitiert werden, aber der Inhalt scheint nach eigenem Wunsch, aus einem anderen Zusammenhang zusammen gepuzzelt zu sein.
Laut dem Artikel behaupten Sie.... „Vollständige Entfernung von Fremdstoffen ist nicht möglich, da die Reinigungsprozesse exponentiell verlaufen.“ Und der Verfasser schließt daraus, dass der Schimmelpilz in Citronensäure in Spuren vorhanden ist. Natürlich ist das keine vertrauensvolle Seite.

Edelschimmelkäse (Foto: Blume)


A2: Jetzt haben Sie mich mit meinen eigenen Waffen geschlagen. Es stimmt, dass ich das mit dem exponentiellen Verlauf der Reinigung von kontaminierten Medien nicht nur geschrieben, sondern auch meinen Umwelt- und Chemie-Studenten immer wieder erzählt habe. Klicken Sie zum Beispiel hier und lesen Sie das Unterkapitel 4.5 Emissionsminderung gasförmiger Schadstoffe.

Um Klarheit zu bekommen, empfehle ich Ihnen Folgendes: Besorgen Sie sich Citronensäure. Die gibt es kristallin oder als Lösung (z. B. von der Firma Surig®) überall zu kaufen. Lassen Sie damit durch einen Hautarzt/Allergologen bei Ihrer Tochter Allergietests durchführen. Danach wissen Sie mehr. Teilen Sie mir das Ergebnis bitte mit.

Sie haben mich mit Ihren Mails in keiner Weise „belästigt“. Ich finde es gut, wenn solche Fragen, die viele Leute interessieren, sachlich und kritisch zugleich diskutiert werden.

Zurück zur Startseite


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek