Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 361
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1961
F: Hallo, erstmal vorweg, ich besuche die 10. Klasse eines Max-Planck-Gymnasiums in Trier.
So, nun zu meiner Frage:
Wir behandeln momentan in unserem Chemie Unterricht DipolDipol-Kräfte (Wasserstoffbrückenbindung) und die Van-der-Waals-Kraft. Die Van-der-Waals-Kraft haben wir am Beispiel eines Wasserstoff Moleküls besprochen. Meine Frage ist nun, ob, wenn man an ein geschlossenes Gefäß mit reinem Wasserstoff eine Spannung anlegt, sich der Aggregatzustand von dem Wasserstoff ändert? Da die Van-der-Waals-Kraft ja von spontanen Dipolen abhängig ist, müssten sich doch gezielt Dipole bilden lassen, wenn man genug Spannung anlegt? Die Elektronen der Moleküle müssten ja dann zur positiven Spannungsquelle hingezogen werden und somit haben wir die Dipole, die gebraucht werden um Wasserstoff flüssig bzw. fest werden zu lassen.
Ich freue mich auf eine Antwort.


A: Die Dipole bestehen nur für äußerst kurze Zeit, die Ausrichtung aller Dipole ist statistisch gleich verteilt. Das heißt, dass es keine Vorzugsrichtung gibt. Man kann versuchen, eine sehr hohe Spannung anzulegen. Die stabile Polarisierung scheitert aber daran, dass in starken elektrischen Feldern Elektronen aus dem H2-Molekül abgezogen werden und es zur Ionisierung des Gases kommt, wodurch es als „Plasma“ elektrisch leitend wird.

Dein Plan funktioniert aber, wenn von vornherein stabile Dipolmoleküle vorliegen - wie z. B. beim Wasser. Man muss aber mit Spannungen im 10 kV-Bereich arbeiten. Das spielt bei der Aufladung von Gewitterwolken und der Auslösung von Blitzen eine Rolle.


1962
F1: Die Fehling-Probe verläuft bei Ethanal negativ. Warum?


A1: Stimmt nicht. Ethanal (Acetaldehyd) reagiert auch (-> Versuch). Es kann dabei sogar ein Kupferspiegel an der Glaswand entstehen. Problem ist wie bei Formaldehydlösungen: Der Aldehyd verdampft leicht (Siedepunkt 20 °C) und entzieht sich so der Oxidation.

Ich vermute, dass Sie zu wenig Acetaldehyd genommen haben und Ihnen die Substanz vor dem Reagieren durch Kochen entwichen ist.

Weiter ist denkbar, dass Ihr Aldehyd schon älter ist und polymerisiert ist. Er kann sogar oxidiert sein.


F2: Vielen Dank für die prompte Antwort! Ich werde gleich morgen Ihren Ratschlägen folgen und einige Tests durchführen!


A2: Bitte, teilen Sie mir Ihr Ergebnis mit.


F3: Ihr Tipp war mal wieder "goldrichtig", d.h. ich habe zunächst ca. 1ml Ethanal ins Rggl und dazu 1ml Fehlinglösung, mit durchlöcherter Alufolie abgedeckt und im Abzug erhitzt - sofort ein wunderbarer Kupferspiegel. Vielen Dank!

Vielleicht könnten Sie mir noch erklären, warum man Fehling immer wieder neu zusammenkippen soll. Ist eine fertige Lösung (FI und II zusammen) nicht haltbar? Instabiler Komplex?


A3: Das Versuchsergebnis freut mich für Sie... Ich werde die Vorschrift nach Ihren Erfahrungen ergänzen.

Zum Mischen von Fehling I und II: Der Komplexbildner wird durch die Cu2+-Ionen langsam oxidiert.


1963
F: Als ich den Fehling-Versuch durchgeführt habe, der ja eigentlich als Nachweis für Glucose und Fructose dient, war das Ergebnis allerdings auch bei weißer Schokolade positiv, obwohl diese laut meinem Stand weder Glucose noch Fructose, sondern nur Saccharose enthält. Ich habe die Schokolade nur im Wasserbad bis zum Schmelzen erwärmt, und anschließend Fehling I und II dazugegeben; ich weiß nicht wo mein Fehler liegt.

Die zweite Frage: Ist der Fehling-Nachweis bei Hühnereiweiß negativ, weil das Eiweiß im Wasserbad stockt, bevor das Eiweiß überhaupt reagieren kann?

Und wieso ist der Nachweis für Avocado ebenfalls negativ, obwohl hier ähnlich wenig Fructose und Glucose vorhanden ist, wie in Weizenmehl, dort der Nachweis aber positiv ist?


A: Sie können mit dem Fehling nicht auf das Vorliegen bestimmter Substanzen schließen. Denn bei der Fehling-Probe handelt es sich letztlich nur um den Nachweis von stärker reduzierend wirkenden Substanzen. In der Schokolade sind viele entsprechende organische Inhaltsstoffe enthalten, die die Fehling-Reaktion auslösen könnten.

Gleiches gilt für Hühnereiweiß. Warum allerdings Sie den Fehling auf Hühnereiweiß anwenden, entzieht sich meinem Vorstellungsvermögen. Fehling reagiert im Allgemeinen nicht mit Eiweißen (Proteinen). Vielleicht verwechseln Sie das mit der Biuretprobe, die aber wegen der störenden Proteinfällung mit kalten Lösungen durchzuführen ist.

Bei Avocadofrüchten sollte man am ehesten eine positive Reaktion erwarten, schon weil darin Vitamin C (Ascorbinsäure) enthalten ist. Das reagiert besonders gut mit Fehling-Lösung - und das sogar schon in der Kälte.

Weizenmehl enthält herstellungsbedingt größere Mengen an Vitamin C. Lesen Sie die Aufschrift auf der Verpackung. Oder klicken Sie hier.

Zum Fehling-Nachweis haben wir eine besondere Webseite.


1964
F: Betreff: pH-Wert - Aminosäuren und isoelektrischer Punkt

Zunächst einmal vielen Dank an Sie und ihr Team; ich habe schon viele interessante Dinge auf Ihrer Website dazulernen können. Eine Nachfrage hätte ich nun zum Thema Aminosäuren und isoelektrischer Punkt (IEP). In verschiedenen Quellen (auch bei Ihnen) habe ich gelesen, dass beim Lösen einer Aminosäure wie z. B. Glycin sich der pH-Wert des IEP einstellt (im Bsp. pH=5,97). Ich frage mich nun, wie das sein kann, wo doch der IEP eine Stoffkonstante ist, ein pH-Wert aber immer auch von der Konzentration des gelösten Stoffes abhängt. Wenn ich einen Krümel Glycin in einen Pool mit (reinem) Wasser werfe, wird dort ca. pH=7 herrschen, dessen ungeachtet beträgt der IEP von Glycin aber immer noch 5,97.

Mit der Bitte um Aufklärung und vielem Dank im voraus.


A: Gute Frage!
Sie müssen bedenken, dass hier zwei um Protonenaufnahme bzw. -abgabe konkurrierende Säure/Base-Gleichgewichte mit unterschiedlichen pKs-Werten nebeneinander vorliegen:

Wassersystem: H3O+ / H2O / OH-

Glycinsystem: GlyH2+ / GlyH / Gly-

Damit sich diese Konkurrenz auf den pH-Wert der Lösung tatsächlich auswirkt, müssen beide Systeme in vergleichbaren Konzentrationen vorliegen.

Man kann das auch abschätzen.

Reines Wasser hat den pH-Wert 7. Das ist der IEP des Wassers, denn hier ist [H3O+] = [OH-]. Die Protonenkonzentration ist 10-7 mol/l. Die Konzentration des Wassers ist 55,55 mol/l.

Eine Lösung von Glycin hat den pH-Wert 5,97, also etwa 6. Hier ist mit [GlyH2+] = [Gly-] der IEP. Die Protonenkonzentration beträgt etwa 10-6, also 10mal mehr als in Reinwasser.

Damit sich eine Zugabe von Glycin zu Wasser auf dessen pH-Wert auswirkt, kann die Lösung also um den Faktor 10 verdünnter vorliegen als Wasser. In unserem Versuch arbeiten wir sogar mit einer ca. 0,5-molaren Lösung, also 100fach verdünnten Lösung.

Zum IEP klicke hier.


1965
F: Ich wollte sie fragen, ob sie mir bei meinem folgendem Problem helfen können:
Da ich ein fortgeschrittener IT Fachmann bin, habe ich mir letztens meinen PC selber zusammengebaut.
Dabei kam aus Versehen etwas von der Wärmeleitpaste (Silber(I)-oxid) auf die gelbe Tischdecke. Nun wollte ich Sie um Hilfe bitten, wie ich das Silberoxid aus der Tischdecke rausbekomme ohne dass die Tischdecke in Mitleidenschaft gezogen wird.
Ich würde mich über eine Antwort freuen.


A: Leider haben Sie nicht gesagt, aus welchem Material die Decke besteht. Ich gehe davon aus, dass es sich um einen Leinenstoff handelt.

Silberverbindungen (also auch Ihr Oxid) bilden bei Kontakt mit leicht oxidierbarem organischen Material - vor allem bei Belichtung - metallisches Silber, das vom Stoff stark adsorbiert wird, wobei sich zunächst lilafarbene und dann braune bis schwarze Flecken bilden.

Leider gibt es da kein Mittel, das wirklich hilft. Sie könnten zwar versuchen, die Flecken mit einer konzentrierten Lösung von Rotem Blutlaugensalz (Kaliumhexacyanoferrat(III)) aufzuhellen, da diese Verbindung fein verteiltes Silbermetall auflöst. Danach müssen Sie jedoch mit Fixiersalz die dabei gebildete schwerlösliche Silberverbindung herauslösen. Gut spülen! Dabei müssen Sie aber aufpassen, dass sich nicht blaue Flecken (Berliner Blau) bilden. Die kann man zwar mit Natronlauge oder mit Sodalösung entfernen - aber so richtig wirkt das alles nicht.

Bleibt nur eines, was Chemiker in dem von Ihnen Geschilderten scherzhaft empfehlen: Schneiden Sie die Flecken mit einer Schere heraus…

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Letzte Überarbeitung: 09. November 2012, Dagmar Wiechoczek