Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 360
zurück        vor

1956
F: Warum sind die Standardbildungsenthalpien von Substanzen im flüssigen Zustand größer als die im gasförmigen Zustand?


A: Das stimmt. Hier sind zum Beispiel die Werte von Wasser:

Flüssig: DH0 = -285,8 kJ/mol
Gasförmig: DH0 = -241,8 kJ/mol

Es geht hier um diejenige Energie, die im Verlauf der Bildung von 1 Mol der betreffenden Substanz aus ihren Elementen unter Standardbedingungen (298 K und 1,013 bar) frei wird. Die Standardbildungsenthalpien der Elemente setzt man gleich Null.

Da die Enthalpie aus dem Reaktionssystem entweicht, trägt sie ein negatives Vorzeichen. Diese Energie ist von außen her verfügbar - zum Beispiel zum Antrieb von Maschinen. (Deshalb trägt sie in der Technik ein positives Vorzeichen!)

Wenn die Substanz als Gas (in unserem Beispiel als Wasserdampf) anfällt, so enthält sie noch Verdampfungsenergie, die nicht zur Arbeitsleistung zur Verfügung steht.

Wird das Gas zur Flüssigkeit kondensiert, so wird auch die bislang gespeicherte latente Verdampfungsenergie nach außen abgegeben und vergrößert die Arbeitsleistung. Damit wird der absolute Wert der vom System abgegebenen Enthalpie größer.


1957
F: Auf einer Rotweinflasche steht: „Im Barrique gereift“. Was bedeutet das?


A: Der Hinweis soll den Wein besonders edel aussehen lassen. Denn Barrique ist nichts anderes als die französische Bezeichnung für ein Eichenholz-Fass. Durch die Lagerung von Rotwein im Eichenfass kommt es vor allem zur Aromatisierung durch Vanillin. Letzteres entsteht aus dem Eichenholzlignin als Produkt der Schwefelung des Fasses. Zur Synthese von Vanillin aus Ligninsulfonsäure klicke hier.


1958
F: Was ist ein Ingot?


A: Ein Ingot ist ein Metallbarren oder Metallblock (engl. ingot, Barren). Man hört diesen Begriff häufig in Zusammenhang mit den einkristallinen Siliciumsäulen, die bei der Reinigung durch Zonenschmelzverfahren anfallen. Aus ihnen werden die Wafer (engl. Waffel, Oblate, sehr dünne Scheibe) für die Computer-Chip-Herstellung geschnitten.


1959
F: Ich stelle selber Ziegenmilch her. Kann ich die Milch anstatt in Metallkannen auch in Kunststoffgefäßen aufbewahren?


A: Wenn Sie die Milch nicht verkaufen, können Sie das natürlich tun. Sie müssen dabei aber bedenken, dass Sie mit Kunststoffgefäßen Gefahr laufen, sich ein Hygieneproblem einzuhandeln. Milch enthält bekanntlich Inhaltsstoffe (Proteine, Fette), die leicht an Kunststoff adsorbieren und die deshalb nur schwer zu entfernen sind. Damit bietet die Gefäßwand für Mikroorganismen (Bakterien, Pilze) eine ausgezeichnete Lebens- und Vermehrungsgrundlage. Hinzu kommt, dass aus der Gefäßwand Kunststoff-Stabilisatoren in die Milch wandern können. Problematisch sind vor allem die Weichmacher.

Metallkannen dagegen adsorbieren die Milchbestandteile viel weniger und lassen sich dazu noch wesentlich einfacher reinigen. Sie enthalten auch keine schädlichen Inhaltsstoffe.


1960
F: Meine Kollegen und ich stehen vor einem Problem, das leider niemand von uns befriedigend klären kann. Es geht um die Oxidation von rotem Kupferoxid (Cu2O). Wenn wir bzw. die Schüler dieses in der entleuchteten Brennerflamme erhitzen, so wird es schwarz (CuO). Es hat also eine Oxidation statt gefunden. Wenn man nun dieses schwarze (ehemals rote) Kupferoxid aus der Flamme nimmt, so wird es relativ schnell wieder rot. Unsere Frage ist nun, warum das schwarze (ehemals rote) Kupferoxid nicht schwarz bleibt. Vor allem wundern wir uns, dass die Farbänderung erst beim Abkühlen zu beobachten ist.
Im Riedel haben wir folgende Information gefunden: bei 900°C geht das schwarze Kupferoxid durch Sauerstoffabgabe in Cu2O über. Wenn wir allerdings unser "gekauftes" schwarzes Kupferoxid erhitzen, lässt sich keine Farbänderung erkennen, so dass uns diese Erklärung nicht passend erscheint bzw. die neue Frage aufwirft, warum das "gekaufte" schwarze Kupferoxid im Versuch nicht entsprechend reagiert.
In einem etwas älteren Buch (Anorganische Chemie von Hofmann/Rüdorff aus dem Jahre 1969) habe ich etwas Interessantes gefunden: Wenn man eine Rolle aus Kupfer-Draht in den äußeren luftenthaltenen Teil der entleuchteten Brennerflamme hält, bildet sich eine schwarze Schicht (also offenbar das schwarze Kupferoxid). Wenn man anschließend die Rolle in den inneren Teil der schwach leuchtenden Flamme hält, erhält man metallisches Kupfer.
Weist die rote Farbe in unserem Schülerversuch (s.o.) eventuell auf Kupfer (elementar) hin?


A: Es ist tatsächlich die Frage, in welcher Zone der Flamme Sie das Kupfer bzw. Kupferoxid erhitzen. Wenn es in der reduzierenden Flamme (also im Innenbereich des Flammenkegels) stattfindet, wird sich aus Cu nicht schwarzes Cu(II)-oxid (CuO), sondern eher rotes Cu(I)-Oxid (Cu2O) bilden. Es kann sogar Cu bestehen bleiben oder sich Cu aus den Cu-oxiden bilden (siehe unten).

Den Zusammenhang von Luftzufuhr und Kupferoxidation sollten Sie anhand des Kupferbriefversuchs zeigen.

Zu Ihrer Frage „Weist die rote Farbe in unserem Schülerversuch eventuell auf Kupfer (elementar) hin?“: Wenn es sich um Cu-Pulver handelte, könnte man eine abgekühlte Probe mit einem Spatel auf einer rauen Unterfläche wie z. B. einem Bisquitporzellanteller verreiben. Bei Vorliegen von Cu-Pulver gibt es einen metallisch glänzenden Überzug. Aber bei dem von Ihnen vorgestellten Versuch wird sich kaum Cu gebildet haben.

Zu den von Ihnen beobachteten Farbänderungen: Cu(I)-oxid zeigt das Phänomen der Thermochromie. Es wird beim moderaten Erhitzen dunkel, beim Abkühlen wieder hell. Dabei darf man aber nicht zu stark erhitzen, denn Cu(I)-oxid unterliegt beim starken Erhitzen einer klassischen Disproportionierungsreaktion:

Cu2O + Energie ———> Cu + CuO

Das entstandene Cu schlägt sich oft an der Reagenzglaswand als glänzender Metallspiegel nieder. Das als zweites Produkt anfallende schwarze CuO sorgt für die von Ihnen angesprochene, bleibende Dunkelfärbung.

Zu Ihrer Frage, warum das "gekaufte" schwarze Kupferoxid im Versuch beim Erhitzen nicht entsprechend den Angaben im Riedel reagiert: Dass Sie beim Erhitzen von CuO kein Cu2O bekommen, liegt wohl daran, dass Sie nicht ausreichend lange (wenn überhaupt) die dazu notwendige Temperatur von über 900 °C aufrechterhalten haben. Das erfordert mit einem Bunsenbrenner schon einige Übung.

Noch ein Hinweis: Sie sollten den Schülern verdeutlichen, dass sich vieles, was ihnen vorgestellt wird, nicht in dem Sinne realisieren lässt, wie es im Lehrbuch steht. Das liegt daran, dass die notwendigen Reaktionsbedingungen in der Schule nicht so, wie im Lehrbuch beschrieben, eingehalten werden können. Das ist unter Labor- oder Produktionsbedingungen in Universität oder Industrie natürlich ganz anders.

Zurück zur Startseite


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 10. November 2012, Dagmar Wiechoczek