Bild 1: Bearbeitung von fermentierten Vanilleschoten auf La Réunion
(Foto: Daggi)
Vanille aus Orchideen, Vanillin aus Holz
Experimente:
Versuch: Vanillin aus Ligninsulfonsäure
Versuch: Dünnschicht-Chromatographie von Vanillin
Nichts duftet so schön süß wie Vanille. Damit werden Parfüms und Puddings
verfeinert. Wo bekommt man es her? Es gibt Vanille als Naturstoff und als
synthetischen, naturidentischen Stoff Vanillin. Die Bezeichnung Vanillin stammt von
dem spanischen vainilla - kleine Schote.
Vanille - ein Duftstoff mit Geschichte
Vanillin wird aus den Früchten (Schoten) einer Orchideenart mit dem
wissenschaftlichen Namen vanilla planifolia gewonnen. Ursprünglich kam sie allein in Mittelamerika vor.
Später (etwa ab 1800) wurde sie auch andernorts angepflanzt, zum Beispiel auf der
feuchten Insel La Réunion. Diese liegt neben Mauritius im Indischen Ozean und hieß
früher bis zur französischen Revolution Ile Bourbon. Daher stammt der Name
Bourbon-Vanille.
Zunächst gab es aber echte Probleme. Nur die Früchte der Vanille liefern den Duftstoff,
deshalb ist die Bestäubung der Blüten Voraussetzung zur Produktion. Wie bei allen Orchideen
ist die Befruchtung der Blüten sehr heikel. Da die natürlichen Pollenüberträger (vor allem die
mittelamerikanischen Kolibris) nicht mitgeliefert worden waren, blieben die Früchte
aus. Ein farbiger Sklave namens Edmond Albius landete 1841 den Haupttreffer
seines Lebens: Er erfand die künstliche Befruchtung und erhielt dafür seine Freiheit.
Auf Réunion gibt es heute noch große Plantagen mit der an Bäumen und
Wirtspflanzen hochrankenden Orchidee, die man besichtigen kann.
Bild 2: Vanillepflanzen. Links eine Orchideenkultur auf Réunion;
rechts Vanilleblüten in Madagaskar; man erkennt schon die Schoten
(Fotos: Daggi)
Die Vanilleschoten werden einem mehrere Monate lang dauernden, komplizierten
Verarbeitungsprozess unterworfen, bevor sie in den Handel gelangen. Dazu gehört
auch die Spaltung der pflanzlichen Speicherform des Vanillins, des geruchlosen
Vanillin-Glucosids, durch Fermentation. Dabei färben sich die zuvor grünen Schoten schwarz.
Schon bald gelang den Chemikern die Aufklärung der chemischen
Zusammensetzung und der Strukturformel des Vanillins.
Es ist eine im besten Sinne aromatische Verbindung. Dabei handelt es sich eigentlich um Benzaldehyd, der zugleich ein Phenol und Methylether ist.
Herstellung von synthetischem Vanillin
Wegen des hohen Preises der natürlichen Vanille versuchte man bald, Vanillin
künstlich herzustellen. Hier bieten sich besonders zwei Substanzen an. Zum einen
nimmt man vor allem in Nordamerika, in dem Vanillin ganz besonders beliebt ist, als
Edukt Ligninsulfonsäure, die in großen Mengen bei den Holzaufschlussverfahren
unter Beteiligung von Schwefelverbindungen entsteht. Dass eine gewisse chemische
Verwandtschaft zwischen Ligninsulfonsäure und Vanillin besteht, zeigt die Formel des
Ligninbausteins, des Dehydro-coniferyl-alkohols.
Beim Kochen mit Kalilauge und unter Zusatz von katalytisch wirkenden Kupfer(II)-Verbindungen wird das Ligninsulfonsäuremolekül zum Beispiel durch Luftsauerstoff oxidativ gespalten (-> Versuch).
Ein anderer, neuerer Syntheseweg geht vom Eugenol aus, dem Aromastoff der Gewürznelke. Hierbei wird Eugenol in Kalilauge mit Oxidationsmittel wie Kaliumchromat, Kaliumpermanganat oder Ozon behandelt.
Hierzu gibt es leider keinen für die Schule geeigneten Versuch, da das Vanillin, das man so erhält, mit schulischen Mitteln nicht vom stark riechenden Eugenol getrennt werden kann.
Vanille ist mehr als Vanillin
Vanille und Vanillin sind in ihrem Preis so unterschiedlich, dass man Vanillezucker
(hergestellt unter Zusatz von feingemahlenen Vanilleschoten) und Vanillinzucker
(hergestellt unter Zusatz von synthetischem Vanillin) differenzieren muss.
Das synthetische Vanillin ist zwar chemisch rein, und man darf es auch
"naturidentisch" nennen. Aber Kenner wissen: Vanillin duftet nicht annähernd so gut
wie die Bourbon-Vanille. Denn die enthält noch eine Reihe (etwa 170) von
Begleitstoffen, die das Aroma erst abrunden. Man kennt das von der
Parfümkomposition.
Da die Preise von Vanille und Vanillin weit auseinander liegen, verwundert es nicht,
dass immer wieder versucht wird zu fälschen. Weil aber für den Analytiker die
Bourbon-Vanille ein unverwechselbares Chromatogramm zeigt, sind Fälschungen
leicht zu erkennen - vorausgesetzt, man verfügt über eine HPLC-Anlage.
Aber auch die Dünnschicht-Chromatographie (-> Versuch) hilft weiter.
Hinzu kommen noch billige, natürliche Ersatzstoffe, die wie Vanillin riechen. Dazu
gehören Piperonal und das Waldmeisteraroma Cumarin. Auch das
synthetische Ethylvanillin gehört ebenfalls zu den Ersatzstoffen, riecht dabei
allerdings wesentlich stärker als Vanillin.
Whisky und Weinbrand
Bemerkenswert ist die Rolle von Vanillin und Geschmacksverwandten als
Aromastoff von Whisky und Weinbrand. Die beiden reifen bekanntlich in
Eichenfässern, die gegen unerwünschte Mikroorganismen zuvor geschwefelt
wurden. Dazu wird das feuchte Fass mit Schwefeldioxid begast. Chemiker merken
sofort, dass sich hierbei Ligninsulfonsäure bilden muss, die bei langer Lagerung in
Vanillin übergeht. Nun hat jedes lange gereifte Getränk sein eigenes Spektrum. Man
kann deshalb rasch erkennen, ob das Getränk für den Gast gefälscht ist, indem man
zum Beispiel billigen Weinbrand in die Flasche eines einmalig gekauften teuren
Produkts nachfüllt. Das ist meistens nicht viele Jahre im geschwefelten Fass gereift,
sondern nach der Destillation nur mit Vanillin versetzt worden.
Last but not least
Wozu benötigt die Orchidee ihr Vanillin? Der Duftstoff dient offensichtlich als Lockmittel
oder auch als Belohnung für den Bestäuber. Diese Aufgabe erfüllt Vanillin letztlich auch als
Parfümzusatz... Manchen reicht dazu auch das Vanillin im Pudding. Oder im Tee.
Weitere Texte zum Thema „Papier“
Weitere Texte zum Thema „Nachwachsende Rohstoffe“