Wie man Saccharose gewinnt

Experimenteliste zu den Kohlenhydraten

Bild 1: Zuckerernte
Links: Zuckerrohr auf Mauritius (Foto: Daggi)
Rechts: Zuckerrüben in Deutschland (Foto: Blume)


Vom Zuckerrohr zum Rohsaft
Zuckerrohr sieht aus wie rot-stängeliges Schilfgras - nur dass es viel, viel größer und dicker ist.

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Bild 3: Zuckerrohr auf Mauritius
(Foto: Daggi)


Die Hauptbestandteile von Zuckerrohr sind Wasser (ca. 70-80 %) und Saccharose (12-17 %); der Rest besteht größtenteils aus Fasermasse.

Saccharose wird hauptsächlich aus Zuckerrohr (Saccharum officinarum) oder aus Zuckerrüben (Beta vulgaris) hergestellt. Besorgen Sie Ihren Schülern eine Zuckerrübe und lassen Sie sie probieren. Vielleicht können Sie auch etwas Zuckerrohr mit seinem schönen roten, leckeren Mark auftreiben.

Bild 4: Modernes Zuckerrübenfeld (Foto: Blume)


Man spricht je nach Ursprungspflanze von Rohr- bzw. Rübenzucker. Es besteht chemisch betrachtet allerdings kein Unterschied zwischen beiden Zuckerarten. Bei beiden handelt es sich um das Disaccharid Saccharose.

Bei der Zuckergewinnung handelt es sich um typische Saison-Stoßarbeit. Wenn die "Rübenkampagne" läuft, sind die Zuckerfabriken Tag und Nacht - also rund um die Uhr - und auch am Wochenende zugange. Denn die geerntete Rübe ruht nicht - sie lebt vom Zucker, den sie beim Lagern veratmet. Man kann sie also nicht lagern.


Prinzip der Zuckerherstellung
Bei der Herstellung von Saccharose macht man sich ihre Wasserlöslichkeit zunutze. Sie wird aus der zerkleinerten Pflanze mit Hilfe von Wasser herausgelöst, also heiß extrahiert. Dann wird die entstandene Lösung durch verschiedene Prozeduren gereinigt. Durch Eindampfen wird das Volumen immer mehr reduziert, bis sich schließlich Kristalle ausbilden. Je nach dem gewünschten Reinheitsgrad wird der Zucker dann "aufgereinigt", indem er wiederholt gelöst und wieder ausgefällt wird. Dies klingt alles relativ simpel, doch ganz so einfach ist es natürlich nicht.


Vom Zuckerrohr zum Rohsaft
Die Hauptbestandteile von Zuckerrohr sind Wasser (ca. 70-80 %) und Saccharose (12-17 %); der Rest besteht größtenteils aus Fasermasse.
Das Zuckerrohr wird zunächst zerrissen und anschließend durch Auspressen entsaftet. Der so entstandene Rohsaft enthält ca. 95 % des in der Pflanze enthaltenen Zuckers. Der faserige Rückstand, die Bagasse, kann als Heizmaterial zur Produktion von Rohrzucker verwendet werden. Man macht daraus aber auch Papier oder Pressplatten zu Bauzwecken.

Die Weiterverarbeitung des Rohsaftes verläuft wie bei der Zuckerrübe.

Dabei fällt auch ein Rückstand an, die Melasse. Aus der macht man Branntweine wie Rum oder Arrak.


Von der Zuckerrübe zum Rohsaft
Zunächst müssen die Rüben gewaschen werden. Danach werden die Rüben mit einer speziellen Schneidemaschine geschnitzelt. Anschließend werden diese Schnitzel zur Denaturierung der Zellen einige Minuten auf 78 °C vorgewärmt und dann im Extraktionsturm etwa eine Stunde mit 70 °C heißem, schwach saurem Wasser entzuckert. Dem Extraktionswasser setzt man CaCl2 und Gips zu. Das wirkt sich stabilisierend auf die Gerüstsubstanzen der Zellen aus, was die Extraktion erleichtert.
Zur Verhinderung des Wachstums von thermophilen Mikroorganismen wird ständig Formaldehyd in kleinen Mengen hinzugegeben, denn die warmen Brühen sind für Mikroorganismen eine leckere Speise. Außerdem werden dadurch zuckerabbauende Enzyme gehemmt.

Die Rübenschnitzel enthalten noch etwa 0,2 % Restzucker. Sie werden abgetrennt, gepresst und getrocknet. Sie dienen als Viehfutter.


Reinigung des Rohsafts
Der Rohsaft enthält eine Reihe Verunreinigungen. Zur Reinigung des Rohsafts gibt man Kalkmilch oder gebrannten Kalk zu. Bei dieser Carbonation werden vor allem die sauren Bestandteile (Fruchtsäuren) abgetrennt, da sie im Allgemeinen schwerlösliche Ca-Salze bilden. Außerdem werden schleimbildende Pektine (saure Schwefelsäureester oder C6-Carboxylverbindungen von Polysacchariden) sowie Proteine ausgefällt.
Damit werden zugleich auch anorganische Anionen wie Phosphat und Sulfat abgetrennt. Magnesium wird als Mg(OH)2 ausgefällt. Am Kalk werden auch die polymeren Farbstoffe adsorbiert.

In einem weiteren Reinigungsschritt (Sulfitation) werden Calciumhydrogensulfit bzw. Schwefeldioxid hinzugefügt. Hydrogensulfit verhindert das Braunwerden des Rohsafts. Die braunen Stoffe bilden sich bekanntlich durch die Wirkung der pflanzlichen Phenoloxidase vor allem auf die Aminosäure Tyrosin. Diese Reaktion zeichnet auch für das Braunwerden eines angebissenen Apfels verantwortlich. Hydrogensulfit fängt den Sauerstoff als eines der Substrate der Oxidase ab. Außerdem reduziert Sulfit auch die Polyphenole sowie deren Oxidationsprodukte. Es verbindet sich sogar mit ihnen. Insgesamt wirkt es farbaufhellend oder wenigstens farbstabilisierend.

Anschließend wird der überschüssige Kalk abgetrennt. Hierbei setzt man auch Ionenaustauscher ein.


Vom Dünnsaft zum kristallinen Zucker
Aus dem Rohsaft ist durch die Reinigung farbloser Dünnsaft geworden. Hierbei spielt es keine Rolle, ob dieser aus dem Zuckerrohr oder der Zuckerrübe gewonnen wurde. Der Dünnsaft ist im Prinzip eine stark verdünnte Zuckerlösung mit ca. 15 % Zuckeranteil. Sie wird eingedampft und auf diese Weise aufkonzentriert. Die resultierende neue Lösung wird Dicksaft genannt und hat ungefähr einen Zuckeranteil von 70 %. Unter Vakuum wird der Dicksaft noch weiter eingeengt, bis er kristallisiert. Im Allgemeinen wird die Kristallisation, die bei Zucker sehr langsam einsetzt, durch die Zugabe von Impfkristallen angestoßen.

Mit Hilfe einer Zentrifuge wird der Kristallzucker von der Lösung getrennt. Der so gewonnene Rohzucker ist noch bräunlich gefärbt. Er kann jetzt als Kandiszucker verkauft werden. Durch erneutes Lösen und mehrstufige, fraktionierte Kristallisation wird der Zucker weiter gereinigt, bis er völlig farblos und frei von Verunreinigungen ist. Dies ist die Zuckerraffinade. Unter der Bezeichnung "Kristallzucker" wirkt sie auf viele Leute wie ein rotes Tuch auf Stiere...

Zuletzt bleibt eine braune sirupöse Flüssigkeit über, die Melasse. Auch diese kann vergoren werden und zur Herstellung von Branntwein genutzt werden.

Der Kristallzucker besitzt jetzt allerdings noch ein gewisses Maß an Restfeuchte, die in speziellen Silos durch einen Luftstrom ausgetrieben wird.

Hiernach ist der Zucker, so wie wir ihn kennen, fertig. Aus 100 kg Rüben erhält man etwa 14 kg reine Saccharose.

Bild 5: Zuckerprodukte
(Foto: Yvonne)


Zur Vertiefung empfohlene Literatur:
H.-D. Belitz, W. Grosch, P. Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York (jeweils neueste Auflage).


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Letzte Überarbeitung: 27. November 2011, Dagmar Wiechoczek