Umweltbelastung durch Kokereien und Kokereiprodukte

Kokereien sind (ohne die heute zumindest in unseren Landen vorgeschriebenen Auflagen) ausgesprochen umweltschädigende Dreckschleudern. Z. B. verseuchen Phenole, PAK und Schwermetalle die Böden der Umgebung und sind Anlass für viele Altlasten vor allem in der Nähe von städtischen „Gasanstalten“.

Der Chemiker Friedlieb Ferdinand Runge hat sich schon ab 1832 vor allem aus einem Grund für die Aufarbeitung des Steinkohlenteers interessiert und dabei zum Spezialisten für Teer- und Farben-Chemie entwickelt: Ihn störte der Geruch der Altlasten. PAK, Phenole und Heterocyclen sowie das von Runge auch im Steinkohlenteer gefundene Anilin dienen auch heute noch als wertvolle Ausgangssubstanzen zur Organischen Synthese, zum Beispiel von Farbstoffen oder Medikamenten.

Kokereigase enthalten Quecksilber, Cadmiumoxid CdO und Blausäuregas HCN sowie Schwefelwasserstoff H2S. Die beiden letzteren werden durch Eisen(II)-sulfat-Lösungen abgeschieden. Weiter entweicht auch das für die Atmosphäre bedeutsame Quellgas das wichtige Lösemittel Schwefelkohlenstoff CS2, das auch in der Geschichte der Kunststoffsynthese als Edukt für die Regeneratcellulose eine wichtige Rolle spielte.

In Kokereiabwässern sind bis zu 300 mg/l an Phenol und Phenol-Homologen (wie z. B. die Kresole) enthalten.

Da diese Substanzen einerseits wertvolle organische Synthesebausteine - z. B. für die Farben-, Medikamenten- und Kunststoffherstellung - sind, andererseits hochtoxisch sind, ist ihre Entfernung aus dem Abwasser notwendig. 3-5 mg/l Phenol sind für Fische tödlich, schon 0,2 mg/l bewirken eine Beeinträchtigung des Geschmacks von Fischfleisch. In gechlortem Wasser bilden sich die noch geruchsintensiveren und besonders toxischen Chlorphenole.

Eine 98-99prozentige Entfernung der Phenole gelingt durch ihre Extraktion mit organischen Lösemitteln, z. B. mit Diisopropylether. Nach Trennung durch Destillation wird der Ether erneut in den Extraktionsprozess eingesetzt. Die Entfernung des Restes erfolgt durch schwach basische Anionenaustauscher.

In diesem Zusammenhang ist es immer wieder erstaunlich, wie lange sich die schadstoffreichen Eisenbahnschwellen, die man zur Abwehr von Pilzbefall mit Steinkohlenteer-Öl Carbolineum regelrecht tränkte, als schmückende Accessoires in den Gärten hielten. Wer diese heute loswerden will, muss damit zur Sondermüllentsorgung.


Weitere Texte zur Kohle


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 06. Mai 2014, Dagmar Wiechoczek