Kristallgitter

Experimente:
Versuch: Vergleich verschiedener Festkörper

Bild 1: Maßstabgerechtes Kristallgittermodell von Natriumchlorid (Kochsalz)


Ein Kristall besteht aus einer dreidimensionalen-periodischen Anordnung von Teilchen. Man spricht von einem Kristallgitter oder auch Raumgitter (siehe Bild 1).
Atome, Ionen oder Moleküle nehmen einen bestimmten Platz in diesem Gitter ein und werden durch die Gitterkräfte zusammengehalten. Die Teilchen berühren einander, und der freie Raum zwischen ihnen ist äußerst gering (Bild 1). Man spricht von dichten oder sogar von dichtesten Packungen.

Bild 2: Kristallgittermodell von Natriumchlorid (Kochsalz)


Das Bild zeigt, wie ein Kristallgitter veranschaulicht wird. Die Teilchen werden nicht in ihrer relativen Größe gezeichnet. Vielmehr wird an den Ort ihres Mittelpunkts eine kleine Kugel gesetzt, die durch Geraden bzw. Stäbe mit anderen verbunden ist. Die Stäbe sollen keine Verbindungsrichtung symbolisieren, sie dienen nur dem Zusammenhalt des Modells.

Der kleinste Ausschnitt aus einem Kristallgitter ist die Elementarzelle. Alle vorkommenden Teilchensorten nehmen in der Elementarzelle ihren festen Platz ein. Dadurch lässt sich auch das Gesetz der Winkelkonstanz erklären.
Um einen Kristall vollständig zu beschreiben, genügen Informationen aus einer einzigen Elementarzelle: Ihre Abmessungen (Gitterkonstante), die Winkel und die Anordnung der Atome. Aus der Symmetrie der Elementarzelle ergibt sich das Kristallsystem.

Die Teilchen in einem realen Kristall sind nicht starr angeordnet, sondern schwingen um ihren Mittelpunkt. Bei zunehmender Temperatur können die Schwingungen der Gitterbausteine so stark sein, dass die Gitterkräfte nicht mehr ausreichen, um den Kristall zusammenzuhalten. Je nachdem wie stark die Kräfte sind, bricht das Raumgitter früher oder später zusammen, d. h. der Kristall schmilzt oder sublimiert (wie Eis oder Iod).

Die folgende Tabelle fasst die Typen von Kristallgittern zusammen, die in Festkörpern vorkommen. Der Tabelle entnimmst du auch, dass die Gitterkräfte in den Festkörpern sehr unterschiedlich sein können. Ihre Art und Größe hängen von den Bausteinen des Gitters ab. Das manifestiert sich vor allem in den Schmelzpunkten (-> Versuch). Auch innerhalb eines Gittertyps variiert der Zusammenhalt der Teilchen sehr stark. Das wird ganz besonders bei den Metallen deutlich.

Gittertyp Gitterbaustein Gitterkräfte Eigenschaften Charakteristische Beispiele
Ionengitter Ionen Starke elektrostatische
Bindungskräfte
(Coulombsche Kräfte)
Hoher Schmelzpunkt, hart, Ionenleitung in der Schmelze Natriumchlorid
Feldspat
Calciumfluorid
Magnesiumoxid
Pyrit
Molekülgitter Moleküle London-van der Waals-Kräfte
Dipol-Dipol-Kräfte
Niedriger Schmelzpunkt, weich, Isolator Iod
Schwefel
Wasser
Rohrzucker
Citronensäure
Naphthalin
Kohlenstoffdioxid
Fullerene
Atomgitter Atome Bindungskräfte der Atombindung Hoher Schmelzpunkt, hart, Isolator oder Halbleiter Diamant
Graphit
Quarz
Metallgitter Metall-Ionen Unterschiedlich starke Bindungskräfte der Metallbindung
(Coulombsche Kräfte)
Unterschiedliche Schmelzpunkte, duktil, Elektronenleiter Zinn
Bismut
Gold
Platin

Allerdings lassen sich nicht alle Festkörper in ihren Eigenschaften so eindeutig charakterisieren, wie Tabelle 1 suggeriert. Salzhydrate (wie Alaune, Glaubersalz und Bittersalz) z. B. zeigen oft zunächst einen niedrigen Schmelzpunkt ("Sie schmelzen in ihrem Hydratwasser"). Nach Verdampfen des Wassers bleibt allerdings eine feste Substanz mit dem für Ionengitter typisch hohem Schmelzpunkt zurück.
Andere ionische Substanzen wie Kaliumnatriumtartrat (Seignettesalz) oder Kaliumhexacyanoferrat(III) (Rotes Blutlaugensalz) zersetzen sich beim Erhitzen - wie auch viele Molekülgittersubstanzen (z. B. Saccharose).

Außerdem gibt es Übergänge zwischen den Gittertypen: Siliciumkristalle sind zwischen Atom- und Metallgittern einzuordnen. Silicate und Alumosilicate bestehen aus großen "Atomgittern mit ionischen Einlagerungen".

Wie sieht die Außenschicht eines Kristalls aus?
Schüler stellen oft die Frage, wie sich ein Kristall nach außen hin absättigt. Denn es bleiben an Kanten und Flächen Bindungen offen, die irgendwie mit der Umgebung reagieren müssen.
Ionenkristalle adsorbieren Wasser und andere Dipolsubstanzen.
Metallkristalle überziehen sich mit einer Oxidschicht, adsorbieren dazu noch Sauerstoff- bzw. Stickstoffmoleküle.
Atomgitter wie beim Diamant oder Graphit bilden einen Pelz von Wasserstoff-Atomen. Sie sind also genau genommen Kohlenwasserstoffe. Darin unterscheiden sie sich von Fullerenen, die somit die einzige reine Kohlenstoff-Modifikation darstellen.
Quarzkristalle sättigen sich mit Luftmolekülen oder Wasser ab.
Molekülgitter aus polaren Substanzen wie Rübenzucker binden ebenfalls Wassermoleküle.

Anisotropie
Die Gitterstruktur bedingt eine grundlegende Eigenschaft von Kristallen, die Anisotropie.
Ein Stoff ist anisotrop, wenn in ihm physikalische und chemische Kräfte in den verschiedenen Richtungen des Raumes verschiedenartig wirken.
Je nach Kristallgittertyp sind z. B. Spaltbarkeit, Härte, Pleochroismus, Zähigkeit, Piezoelektrizität, Lichtbrechung und Glanz in den verschiedenen Richtungen des Raumes ungleich ausgeprägt.
Stoffe, die in allen Richtungen identische Eigenschaften besitzen, bezeichnet man als isotrop. Hierzu gehören die festen, amorphen Stoffe (z. B. Gläser, Harze), die meisten Flüssigkeiten und Lösungen sowie die Gase.
Anisotropie zeigen auch die Flüssigkristalle.


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Letzte Überarbeitung: 27. November 2011, Dagmar Wiechoczek