Wie stellt man überhaupt Papier her?

Experimente:
Versuch: Papier schöpfen
Versuch: Vanillin aus Ligninsulfonsäure
Versuch: Ligninsulfonsäure als Fließverbesserer für Zement
Versuch: Holzaufschluss mit dem Acetosolv-Verfahren


Der Rohstoff für Papier ist Zellstoff (Cellulose; lat. cellula, kleine Zelle. Über die chemischen Eigenschaften der Cellulose kannst Du bei [6] nachsehen.). Das ist ein stabilisierender Bestandteil aller Pflanzen; deshalb gewinnt man Cellulose aus ihnen. (Ein erwachsener Baum stellt pro Tag 200 g Holz her!) Das erste Papier erhielten die Chinesen und später auch unser Kulturkreis lange Zeit aus geklopfter Baumwolle oder Leinen, also auch aus Pflanzenprodukten. Diese nannte man früher "Haderlumpen" (von althochdeutsch hadern, Lumpen; darunter versteht man in Bayern heute einen unfeinen Menschen). Wie man heute Papier schöpft, erfährst du in dem Versuch.

Aus Hadern fertigt man besonders stabiles Papier, da hier die Fasern sehr lang sind. Deshalb stellt man hochwertige Papiere auch heute noch aus Leinenabfällen her. Hier landet ein Teil der Altkleidersammlungen.

Später reichte das Leinen nicht mehr aus. Man musste andere Quellen für Zellstoff finden. Das sind Holz und neuerdings auch Stroh, das in großen Mengen als landwirtschaftlicher Abfall anfällt.


Beim Fällen von Holz fällt viel Abfall für die Papierherstellung an
(Foto: Blume)


Cellulose ist in Holz oder Stroh stets an Lignin, den braunen Holzstoff, gebunden. Hinzu kommen noch andere Kohlenhydrate des Holzes, die Hemicellulosen. Diese drei Stoffgruppen müssen voneinander getrennt werden.

Bei den klassischen Verfahren zum Öffnen der Bindungen (Aufschlussverfahren) geht man so vor, dass man unter hohem Druck und hoher Temperatur mehrere Stunden lang Lösungen von schwefelhaltigen anorganischen Salzen auf Holzspäne einwirken lässt.

Dabei fällt das Lignin als eine mit Wasser ausspülbare Schwefelverbindung (Ligninsulfonsäure) an, für die bei den großen Mengen kaum Bedarf besteht und die deshalb meistens zur Energieumwandlung für den weiteren Holzaufschluss verbrannt wird. Man kann daraus aber auch Vanillin herstellen (-> Versuch). Da Ligninsulfonsäure Tensideigenschaften hat, verbessert es die Fließeigenschaften von Zement (-> Versuch).

Die klassische Gewinnung von Cellulose aus Holz ist sehr aufwendig. Im Schullabor kann man das kaum machen. Man braucht nämlich für mehrere Stunden hohe Temperaturen, hohen Druck und eine große Menge an ätzenden Schwefelverbindungen, die im Verlaufe der Reaktion stinkende Gase entwickeln.

Ein anderes, schonendes Verfahren ist das Acetosolv-Verfahren (-> Versuch). Bei diesem schadstofffreien Holzaufschluss kocht man eine Stunde lang bei 110 °C Holzspäne zusammen mit etwas Salzsäure in Eisessig. Dabei werden die Bindungen zwischen Lignin und Cellulose gelöst. Die Salzsäure spielt hierbei eine katalytische Rolle, während die Essigsäure nur als Lösemittel dient. Lignin, Hemicellulosen und Harzstoffe sind nämlich in Essigsäure löslich und können nach kurzer Zeit von der unlöslichen, schon ziemlich reinen Cellulose abfiltriert werden.

Die Rohcellulose ist schwach braun gefärbt (etwa wie die naturbelassenen Kaffeefilter) und kann gebleicht werden (-> Versuch). Hierzu bevorzugt man zunehmend chlorfreie Oxidationsmittel wie Wasserstoffperoxid oder Ozon. Das Bleichen von Rohcellulose könnt ihr auch mit den braunen Kaffeefiltern erproben.

Mit dieser Versuchsvorschrift gelingt die Herstellung von Cellulose auch in einer Doppelstunde. Wir müssen das allerdings im Chemiesaal machen. Dabei hilft euch sicherlich der Chemie-Leistungskurs. Ihr lernt dabei gleich ein neues Verfahren der Industrie kennen, das sich aus vielerlei (teilweise recht undurchsichtigen) Gründen noch nicht durchgesetzt hat.

Eine genaue Darstellung der chemischen Abläufe bei der Cellulosegewinnung aus Holz findest du hier.


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Literatur


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 24. April 2010, Dagmar Wiechoczek