Prof. Blumes Tipp des Monats April 2004 (Tipp-Nr. 82)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Tuschefarben selbst gemacht

Jeder Schüler malt gern mit Tusche und Pinsel und zaubert dabei prächtige Bilder. Die sind irgendwie auch viel schöner als die mit Filzstiften gemalten. Ein Meister dieser Maltechnik war der Schwede Carl Larsson (1853-1916), dessen feine Genrebildchen viele Kalender und Postkarten schmücken. Sein Gesamtwerk gibt es übrigens im Langewiesche-Königstein-Verlag zu kaufen.

Solche Tuschezeichnungen nennt man Aquarelle. Das Wort stammt aus dem Italienischen und hat letztlich seinen Ursprung im lateinischen Aqua, Wasser. Denn die Tuschefarben heißen auch Wasserfarben.

Wasserfarben bestehen aus äußerst fein zerteilten Farbteilchen, die in Wasser aufgeschlämmt sind. Diese feinen Farbteilchen nennt man Pigmente. Damit sie aber im Tuschkasten zusammenhalten, muss man sie "binden". Sonst würden sie sich ja mit den anderen Farben vermischen, wenn man den Kasten schief stellte. Das Binden erfolgt, indem man das Bindemittel und die Pigmente in Wasser anrührt. Diese Mischungen werden anschließend in die typischen kleinen Näpfchen des Tuschkastens gegossen. Man lässt dann das Wasser verdunsten. Will man damit malen, so rührt man ein wenig davon mit Wasser an. Deshalb nennt man sie auch Wasserfarben. Man spricht auch gern von "wasserlöslichen Farben". Das ist eigentlich nicht ganz richtig, denn sie lösen sich ja nicht im Wasser, sondern werden nur suspendiert, aufgeschlämmt.

Je mehr Bindemittel man dem Pigment zumischt, desto pastenähnlicher wird die Farbe. Man verpackt sie dann noch feucht wie Zahnpasta in Tuben. Damit gefertigte Kunstwerke sind die Gouachen. Die sind viel farbenprächtiger als die Tuschezeichnungen, da die Farben besser decken.

Als Bindemittel kommen für uns vor allem Gelatine oder Gummi arabicum in Frage. Wir haben es auch mit Kartoffelstärke versucht, die wirkt aber nicht so gut.
Gelatine ist ein Eiweiß. Das gewinnt man, wenn man Knochen, Sehnen und Haut mit Natronlauge oder Säure kocht. Das Gummi arabicum ist die Ausscheidung eines Baumes (genau genommen einer Akazienart) im Sudan. Den Namen hat das Gummi daher, weil es früher über arabische Händler bei uns eingeführt wurde. Chemisch ist es ein kein Gummi, wie man es für Autoreifen nutzt, sondern ein Polysaccharid - so ähnlich wie die Stärke. Seine Bausteine sind jedoch Einzelzucker wie Arabinose, Galactose und Rhamnose. Außerdem enthält dieses Polysaccharid viele saure Gruppen.

Pigmente herzustellen ist eigentlich einfach. Zunächst muss man über eine entsprechende Farbstoffmasse verfügen. Das gelingt zum Beispiel durch Ockerbrennen von Eisen(II)-sulfat. Man kann aber auch natürliche Mineralien wie Lapislazuli oder verwitterte Eisenerze nutzen. Darunter gibt es leider eine Reihe von giftigen Substanzen wie das gelbe Auripigment (Arsensulfid As2S3), den orangerotfarbenen Realgar (Arsensulfid AsS bzw. As4S4) oder der rote Zinnober (Quecksilbersulfid HgS). Auch synthetische anorganische Pigmente sind denkbar: Das orangerote Mennige (Blei(II,IV)-oxid Pb3O4) oder das gelbe Cadmiumsulfid CdS. Beide sind ebenfalls sehr giftig. Schwarze Pigmente kann man als Ruß aus dem Ofen kratzen. All diese Substanzen waren früher in den Schultuschkästen gang und gäbe. Wenn man dran denkt, dass die Kinder zum Anspitzen der feinen Pinsel manchmal die Zunge oder Lippen nutzen...

Die farbige Substanz wird möglichst fein zerrieben. Um grobe Stücke abzutrennen, kann man das ganze noch sieben. Die Maler nahmen dazu auch schon mal feines Gewebe. Heute ist der Stand der Technik: 0,1 µm kleine Partikel! (1 µm ist ein Millionstel Meter.)
Je feiner die Pigmente zerrieben sind, desto klarer wird die Farbe, die man damit erzielen kann, und desto problemloser mischen sie sich mit dem Bindemittel. An dieser Stelle können wir auch den Unterschied zwischen Tusche- und Aquarellfarben klären. Beide sind Wasserfarben, sie unterscheiden sich nur in der Korngröße der farbgebenden Pigmente. Die der Aquarellfarben sind viel feiner.

Bild 1: Herstellung von Tuschefarben (Foto: Daggi)


Im Versuch nehmen wir statt der möglicherweise giftigen Substanzen aus dem Chemieschrank bunte Kreide. Heute können wir sicher sein, dass die mit ungiftigen Farbstoffen versetzt ist. Mit daraus zubereiteten Tuschefarben können wir auch viel besser auf Papier malen als mit Kreide. Und außerdem wollen wir ja vor allem das Prinzip, wie solche Farben hergestellt werden, kennenlernen!
Als Farbtöpfchen finden bei uns die leeren Aluminiumbecher von abgebrannten Teelichtern Verwendung. Für die hatten wir ja schon in einem früheren Tipp des Monats eine Reihe von anderen Nutzungsmöglichkeiten vorgeschlagen (Webseite). Diese Becher sollten wir zuvor gut reinigen, um Wachsreste zu entfernen. Am besten machen wir das mit Benzin (F) oder Alkohol/Brennspiritus (F). Vorsicht dabei, denn beide bilden mit Luft explosive Gemische!

Versuch 1: Zerreiben von farbiger Kreide
In einem Mörser zerreiben wir zuvor grob zerkleinerte Kreidestückchen möglichst fein und geben sie noch durch ein feines Sieb.

Anschließend stellen wir uns Lösungen der Bindemittel her.

Versuch 2: Zubereitung der Bindemittel-Lösungen
Unter gutem Umrühren stellen wir uns eine jeweils 2prozentige Lösung von Gelatine sowie von Gummi arabicum her. Dazu mischen wir jeweils 2 g der beiden Substanzen in 100 ml Wasser. Für Gelatine benötigen wir warmes Wasser. Das Wasser muss aber nicht kochen; 40 °C reichen völlig.

Die Gelatinelösung wird noch warm weiter verwendet. Sie erstarrt nämlich beim Abkühlen zu einem Gel. In dieser Form kann sie aber gut aufbewahrt werden. Allerdings muss sie vor dem Anrühren wieder aufgewärmt werden - am besten in einem heißen Wasserbad. Die Lösung von Gummi arabicum ist übrigens nicht so gut haltbar; sie flockt nach ein bis zwei Tagen aus.

Jetzt können wir endlich die Farben herstellen, indem wir die Pigmente mit den Bindemittellösungen mischen.

Versuch 3: Zubereitung der Farben
Die Mengenangaben sind nur Richtwerte!
Wir füllen in Teelichtbecher 6 g Pigment. Dazu tropfen wir je 3 ml der beiden Bindemittellösungen und verrühren gut. Dann lassen wir die Proben über Nacht stehen. Nun haben wir in den Töpfchen endlich auch feste, wasserlösliche Farben, mit denen wir malen können.

Bild 2 (Foto: Daggi)


Wir erinnern uns noch des Ockers, dessen Herstellung durch Brennen von Eisenvitriol im letzten Tipp des Monats geschildert wurde. Auch damit können wir wie im Versuch 3 beschrieben eine Wasserfarbe herstellen. Wir bekommen dabei ein gut deckendes, tiefbraunes Produkt.


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 14. Januar 2015, Dagmar Wiechoczek