Mit der Chemie lässt sich auch im künstlerischen Bereich Treffliches
erschaffen. Nur schade, dass manches Schöne und Beeindruckende davon
vergänglich ist - so wie die folgenden Bilder.
Für euch und eure LehrerInnen ein Tipp im Tipp: Das wäre doch einmal ein Thema
für ein Projekt wie zum Beispiel "Chemie und Kunst"...
Versuch 1: Gelbe Linien in blauer Lösung
Eine nicht zu kleine Petrischale (zum Beispiel d = 14 cm) wird gut gereinigt
und dann halb mit destilliertem Wasser gefüllt. Wir stellen sie auf die Platte
eines Arbeitsprojektors, projizieren auf eine weiße Wand und stellen den Projektor
erst einmal so richtig scharf.
Nun tropfen wir Bromkresolgrün-Lösung hinzu, so
dass die Lösung gelb gefärbt ist. Mit ein-zwei Tropfen (nicht mehr!)
verdünnter Natronlauge (c = 2 mol/l) (C) färben wir dann die Indikatorlösung blau
(umrühren!). Die Färbung sollte nicht zu verdünnt ausfallen - die Lösung muss aber
durchsichtig bleiben.
Anschließend wählen wir ein großes Filterpapier aus. Es muss deutlich größer
sein als die Petrischale (zum Beispiel d = 18,5 cm)! Dann halten wir das Papier
über eine Kunststoffschale und tropfen konzentrierte Salzsäure (C) darauf. Das Papier
saugt sich im mittleren Bereich mit Salzsäure voll. Es darf aber nicht tropfen!
Wir decken damit die Petrischale ab, lassen es darauf liegen und passen genau
auf. Durch das feuchte Papier hindurch erkennen wir bald, dass in der blauen
Lösung die Bildung von gelben Linien beginnt. Dann nehmen wir das Papier
herunter, legen es in die Kunststoffschale (ab in den Abzug!) und betrachten die
Projektion.
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Bild 1 (Fotos: Daggi)
Wir sehen, dass sich die gelben Linien ausdehnen und in der Lösung merkwürdige
Gebilde entstehen. Dabei ist alles in ständiger Bewegung.
Wir können das Ganze auch umkehren.
Versuch 2: Blaue Linien in gelber Lösung
Die Lösung aus Versuch 1 wird gerührt, bis sie einheitlich gelb gefärbt ist.
Wir können aber stattdessen auch einen neuen Ansatz herstellen: Wasser mit
Bromkresol-Lösung, das wir dieses Mal mit einem Tropfen (nicht mehr!)
verdünnter Salzsäure (c = 2 mol/l) (Xi) gelb färben. Nun geben wir auf ein neues
Filterpapier konzentrierte Ammoniaklösung (C). Dann verfahren wir wie in Versuch 1.
Diesmal sehen wir durch das feuchte Papier in der gelben Lösung das Entstehen von
blauen Linien. Das Blatt wird dann heruntergenommen und in eine andere Plastikschale
(-> Abzug!) entsorgt.
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Bild 2 (Fotos: Daggi)
Die folgende Bilderreihe zeigt, wie sich die blauen Linien entwickeln.

Bild 3 (Fotos: Daggi)
Wenn wir uns das Ganze in der Projektion angeschaut haben, sollten wir das auch
einmal aus der Nähe betrachten: Wir sehen, dass die Linien auch in der Flüssigkeit
merkwürdige dreidimensionale Strukturen bilden. Dazu können wir auch eine Schale
nehmen, in der die Schichtdicke der Lösung größer ist.
Was steckt chemisch dahinter?
Es handelt sich um die bekannten Indikatorreaktionen, die auf der Veränderung
des pH-Werts der Lösungen beruhen. Hier geht es dazu noch um die Löslichkeit
von gasförmigen Säure- und Base-Anhydriden.
Konzentrierte Salzsäure zum Beispiel dampft Chlorwasserstoff HCl ab, der rasch in
das Wasser eindringt. Bekanntlich ist HCl-Gas sehr gut in Wasser löslich: Bei
20 °C beträgt seine Löslichkeit 500 L Gas / L Wasser.
Nun sollte man erwarten, dass die ganze Oberfläche mit HCl-Gas gesättigt wird.
Das ist offensichtlich nicht der Fall. Es werden die Stellen bevorzugt, bei
denen die Lösung zuerst Kontakt mit den HCl-Dämpfen hatte. Von da aus entwickeln
sich die Linien. Die Ursache hierfür ist an diesen Stellen eine punktuelle Veränderung
der Oberflächenspannung des Wassers, die den weiteren Zustrom von HCl-Gas
erleichtert / fördert.
Das Gleiche beobachtet man mit konzentrierter Ammoniaklösung. Das entweichende NH3-Gas
ist in Wasser sehr gut löslich: In einem Liter Wasser "verschwinden" bei 0 °C
1176 Liter Ammoniak, bei 20 °C 702 Liter des Gases.
Zwar meint man immer, dass aufgrund des Umklapp-Mechanismus
der Wasserstoffbrücken in Wasser Neutralisationsreaktionen sehr rasch durch das ganze Gefäß verlaufen müssten.
Aber es gibt da offensichtlich doch Grenzen, wie in diesen Experimenten deutlich wird. Wasser
ist in sich nicht so einheitlich strukturiert, wie man immer meint.
Diese Experimente solltet ihr mit allen möglichen Indikatoren
aus eurer Chemie-Sammlung durchprobieren
Die folgenden Bilder zeigen den Versuch mit Phenolphthaleinlösung, die zuvor
mit ein-zwei Tropfen (nicht mehr!) Natronlauge (C) purpurn eingefärbt wurde.

Bild 4 (Fotos: Daggi)
Hier sieht man die zeitliche Entwicklung des Bildes.

Bild 5 (Fotos: Daggi)
Beim Phenolphthalein ist der umgekehrte Vorgang nicht so deutlich, da sich die
gesamte Lösung beim Kontakt mit NH3-Gas sofort rosa färbt.
Ihr seht - eurer Gestaltungsfreude sind keine Grenzen gesetzt. Dabei könnt ihr
auch viel über Indikatoren lernen. Zum
Beispiel gelingt die Bildergestaltung nicht mit allen Indikatoren. Die
haben nämlich bestimmte Farbumschlagbereiche.
Die Natur ist gegen die Kreativität.
Wenn ihr eine schöne Art-Galerie zusammengestellt habt, könnt ihr die ja als
Projektergebnis euren Eltern vorstellen!
Rüdiger Blume
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