Prof. Blumes Tipp des Monats April 2013 (Tipp-Nr. 190)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Betreff: Elementares Iod im Wattwurmkot?

Es gibt interessante Anfragen, so z. B. diese von einem im positiven Sinne neugierigen Hamburger Lehrer, dem an dieser Stelle für die Anregung zu diesem Tipp gedankt sei.


Während einer Wattwanderung behauptete der Wanderführer, die von Wattwürmern abgesonderte Flüssigkeit sei wegen des darin enthaltenen Iods braun. Ich mag kaum glauben, dass es sich um eine Lösung elementaren Iods handelt! Bei Recherchen im Internet stieß ich zwar häufig auf diese Behauptung - u. a. von Anglern, die Wattwürmer als Köder verwenden und meinen, der "Iod-Duft" sei ein Lockmittel für Fische - aber keine ernstzunehmende wissenschaftliche Aussage.

Wissen Sie etwas darüber?


Dazu fällt mir gleich ein, dass bekanntlich das, was wir absondern, ebenfalls braun ist, ohne dass wir die Farbe gleich mit der Ausscheidung von Iod verbinden.

Aber zunächst zum Wattwurm (Arenicola marina): Es handelt sich um einen Verwandten unseres Regenwurms (Lumbricus terrestris). Beide „fressen“ Erde und werten diese hinsichtlich der Nahrungsbeschaffung aus. Die abgereicherte Erde wird ausgeschieden. Deshalb machen beide ähnliche Häufchen.

Mir ist die Wattwurm-Story zwar bekannt. Die Geschichte scheint mir jedoch unwahrscheinlich. Denn Iod ist doch als Halogene so reaktiv, dass es nicht so einfach in elementarer Form in einem Organismus angereichert werden kann. Das gilt vor allem wegen seiner Eigenschaften als Oxidationsmittel. Im Kot gibt es ausreichend viele reduzierend wirkende Stoffe. Außerdem ist das Medium, in dem der Wattwurm lebt, doch insgesamt reduzierend.

Dann kommt noch hinzu, dass Iod gar nicht gut riecht. Es duftet eher chlor-artig.

Mich wundert, dass das mit dem Iod-Gehalt noch keiner nachgeprüft hat. Am Besten klären wir das deshalb für ein und alle Mal, indem wir bei der nächsten Wattwanderung den Iod-Stärke-Test durchführen. Dazu reicht eine Scheibe Weißbrot aus.

Zunächst einmal üben wir den Test mit etwas alkoholischer Iodlösung (Iodtinktur) oder besser noch mit Iod-Iodkalium-Lösung (Lugolsche Lösung). Damit prüfen wir gleichzeitig, ob das gewählte Brot auch tatsächlich auf Iod reagiert.

Versuch: Iodnachweis für Jedermann
Wir beträufeln das Weißbrot mit der Iodlösung. An den Stellen färbt sich das Brot aufgrund der im Brot reichlich enthaltenen Stärke blau bis schwarz.

Anschließend stellen wir in einem Gefäß eine Aufschlämmung des Wurmkots her. Wir lassen die Sedimente absitzen. Dann bestreichen wir das stärkehaltige Brot mit der Lösung. Färbt sich das Brot deutlich blauschwarz, so ist tatsächlich elementares Iod vorhanden.

(Was chemisch hinter der Iod-Stärke-Reaktion steckt, erklären wir hier.)

Das wäre doch was für die Schüler, die die Wattwanderung unternehmen: Die Lehrperson sollte mit ihnen entsprechende Iod-Nachweis-Experimente einüben, um diese dann auf die Wattwurmuntersuchung anzuwenden! Wenn das Ergebnis negativ ausfällt, hätte selbst der Wattführer etwas gelernt. Auf jeden Fall macht man sich mit diesem Test um die Wattwissenschaft verdient.

Im positiven Falle lohnt es sich nachzudenken. Z. B. könnte der Wattwurm das im Meerwasser sowie in den Algen reichlich vorhandene Iodid anreichern, das dann nach Ausscheidung durch oxidierende Enzyme (die auch in Bakterien enthalten sind) zu Iod oxidiert werden könnte. Das kann auch schon im Enddarm oder auch erst in der Wurmröhre passieren.

Auf jeden Fall bitte ich um Mitteilung.

Rüdiger Blume

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Letzte Überarbeitung: 27. März 2013, Dagmar Wiechoczek