Im Dezember ist es draußen früh dunkel und es wird spät hell. Es ist also Zeit,
etwas Licht in den trüben Schulalltag zu bringen. In Schweden gibt es dazu am Morgen
eines jeden 13. Dezember den Brauch, mit einem Kerzenkranz im Haar an die Heilige Lucia
zu erinnern. Das ist nicht ungefährlich.
Aber von Lucia weiß man, dass sie der Versuch, sie in Sizilien im Jahre 304 zwecks
Hinrichtung anzuzünden, wegen offensichtlicher Unbrennbarkeit kalt ließ. Vielleicht
ist das der Grund, weshalb sie Vorbild für die schwedischen Kerzenträgerinnen geworden ist.
Wir hingegen zaubern das Licht mit Phosphor herbei. Der Name kommt
vom griechischen phosphorus, Lichtträger oder genauer von
phos, Licht und pherein, tragen. (Jeder kennt wohl den
Christophorus; Träger des Christkinds.)
Entdeckt wurde der Phosphor von dem Alchimisten Hennig Brand, als der
1669 bei der Suche nach dem "Stein der Weisen" sinnvollerweise seinen Harn untersuchte.
Er dampfte diesen ein. Die Rückstände (von seinem Körper selbst hergestellte organische Verbindungen sowie
Phosphat) erhitzte er unter Luftabschluss in einem Kolben.
Der dabei durch Reduktion aus Phosphat entstandene weiße Phosphor brachte die gläserne
Apparatur zum Leuchten.
Bevor wir mit dem Experimentieren beginnen, gibt es einen Wermutstropfen:
Achtung! Weißer Phosphor ist ein starkes Gift. Er
vereinigt außerdem alle denkbaren schlimmen Gefahrensymbole: (T+, F, C, N).
Alle Versuche sind deshalb Lehrerversuche. Handschuhe verwenden!
Beim Experimentieren mit weißem Phosphor ist eine Kupfersulfatlösung (w = 1 %) bereitzustellen,
da diese den weißen Phosphor als braunes Kupferphosphid Cu3P bindet
und unschädlich macht.
Man muss bei den im weiteren Text vorgestellten Versuchen übrigens keine Angst
haben: Damit kompakte Stücke von weißem Phosphor anfangen zu brennen, bedarf es
einer Temperatur von über 50 °C. Anders ist es jedoch bei feinster Verteilung,
etwa beim Eindampfen einer Lösung von weißem Phosphor. Bei der resultierenden
feinen Verteilung reicht schon die Zimmertemperatur zum Entzünden aus (siehe
Versuch 6).
Ein Hinweis aus gegebenem Anlass: Wenn Sie ein Stück Phosphor an der Luft einige Minuten
lang liegen lassen, entzündet sich der trotzdem - auch wenn die Luft-Temperatur weit unter 50 °C liegt.
Grund: Phosphor reagiert natürlich mit dem Luftsauerstoff. Die Reaktionswärme heizt das Stück so weit auf,
dass an der Oberfläche die 50 °C-Marke locker erreicht wird! Da hilft nur rasches Einwerfen in Wasser! Sonst
nebelt der brennende Phosphor den Klassenraum rasch ein!
Brand hat den Phosphor durch scharfes Erhitzen von Rückständen, die er beim Eindampfen von Urin
erhielt, hergestellt. Dazu musste er als Reduktionsmittel Holzkohlenpulver und außerdem zur Schlackenbildung
bzw. zum Verhindern des Zusammensinterns Sand und zerstoßene Tonscherben zumischen. Der Zusatz von Zinkoxid
oder Bleioxid bzw. Bleichlorid förderte den Vorgang.
Wenn wir versuchen, Brands Versuch in der Schule nachzuvollziehen, haben wir kaum Erfolg. Das große Problem
ist nämlich die über längere Zeit zu unterhaltende Hitze, die für die Bildung von Phosphor unerlässlich ist.
Aus diesem Grunde nutzt man als Hitzequelle einen elektrischen Lichtbogen. Übrigens stellt man Phosphor
heute technisch auf ähnlichem Weg her. Als Phosphorquelle dienen verschiedene Calciumphosphate wie das
Mineral Apatit. Darüber berichten wir auf einer besonderen Webseite.
Weißer Phosphor wird unter Wasser aufbewahrt, da er an der Luft sofort anfängt
zu reagieren. Es bilden sich Phosphoroxide, die weiße Feststoffe sind.
Auf keinen Fall darf man den Phosphor in Petroleum geben!
Zur Erinnerung: Das macht man nur mit den Wasser-empfindlichen Alkali- und Erdalkalimetallen.

Bild 1 (Foto: Daggi)
Versuch 1: Warum weißer Phosphor unter Wasser aufbewahrt wird
Man nimmt mit einer Zange oder großen Pinzette ein Stück Phosphor aus dem
Vorratsgefäß und demonstriert, dass es an der Luft nach kurzer Zeit anfängt,
weißen Rauch zu entwickeln. Anschließend gibt man es in eine Porzellanschale
mit etwas destilliertem Wasser. Das Qualmen hört sofort auf.
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Leider bildet Phosphor nach längerer Zeit im Wasser eine dunkle Kruste, die aber
die weiteren Versuche nicht stört.
Woher kommt das Leuchten des weißen Phosphors?
Es handelt sich um Lichtenergie, die bei seiner langsamen Oxidation freigesetzt
wird. Man spricht wegen der Namensgleichheit zwar gern von "Phosphoreszenz",
liegt hier aber mit dem Begriff Chemolumineszenz richtig. (Phosphoreszenz
ist das länger anhaltende Nachleuchten nach Bestrahlung von Gegenständen - sozusagen die
Langzeitvariante der rasch abklingenden Fluoreszenz.)

Bild 2: Leuchten von Phosphor (Foto: Daggi)
Versuch 2: Leuchten von Phosphor
In einem völlig abgedunkelten Raum kann man nach Adaption der Augen sehr schön das
Leuchten des weißen Phosphors zeigen. Dieser muss dabei Kontakt mit der Luft
erhalten. Man nimmt deshalb ein Stück aus dem Wasser, fasst es mit einer Zange und
hält es zum Betrachten in die Höhe.
Danach gibt man das Stück zurück ins Wasser.
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Besonders deutlich wird das Leuchten, wenn man mit einem Stück Phosphor, das
man in ein feuchtes Tuch eingewickelt hält, an die Tafel schreibt (z. B. das
Wort "Phosphor"). Aber Vorsicht: Das halten nicht alle Tafeln aus!
Genau genommen wird der weiße Phosphor zunächst unter Wärmefreisetzung zu Phosphortrioxid
P4O6 oxidiert. Die beobachtete Chemolumineszenz erfolgt erst
bei der Weiterreaktion zu Phosphorpentoxid P4O10.
P4 + 3 O2 > P4O6 + Wärme
P4O6 + 2 O2 > P4O10
+ Licht
Zur Herleitung dieser Reaktionsgleichungen muss man wissen, dass die chemische
Formel von weißem Phosphor P4 ist. Seine Moleküle sind (wie auch die
der Oxide) tetraedrisch aufgebaut.

Obgleich der weiße Phosphor wachsartig weich aussieht, ist er erstaunlich hart!
Versuch 3: Schneiden von weißem Phosphor
Man muss den Phosphor unter Wasser schneiden. Dazu benutzt man ein starkes und
scharfes Messer und hält dabei das Stück mit einer Pinzette oder Tiegelzange
kräftig fest. Man schneidet zwei etwa erbsengroße Stücke ab und legt sie in
eine Schale mit destilliertem Wasser.
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An der frischen Schnittstelle erkennen wir, dass der weiße Phosphor eigentlich besser
"gelber Phosphor" genannt werden sollte. Seine Farbe ist nämlich honigartig.

Bild 3 (Foto: Daggi)
Weißer Phosphor löst sich in Tetrachlorkohlenstoff oder Schwefelkohlenstoff.
Versuch 4: Lösen von weißem Phosphor
Man bereitet ein Reagenzglas oder einen kleinen Erlenmeyerkolben (25 ml) mit 10 ml Schwefelkohlenstoff
(F+, T) vor. In diesen wirft man ein Stückchen Phosphor und löst es unter
Umschwenken auf. Dann wird die Lösung mit einem Stopfen verschlossen.
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Mit dieser Lösung kann man einen schönen Versuch machen.
Versuch 5: Spontane Entzündung von weißem Phosphor
Man befestigt ein großes Filterpapier oder ein anderes saugfähiges Papier mit einer
Klammer an einem Stativ, stellt darunter ein großes Gefäß mit Kupfersulfatlösung
und gießt vorsichtig soviel Phosphorlösung auf das Papier, bis es vollgesogen
ist. Zuviel aufgetragene Lösung tropft in die Schale mit der Kupfersulfatlösung.
Achtung: Bekommt man Lösung an die (Gummi)Finger, diese sofort in
die Kupfersulfatlösung tauchen und dann abspülen! Ein Phosphorbrand auf der Haut führt zu tiefgreifenden
Verletzungen!
Ergebnis
Nach Verdunsten des Schwefelkohlenstoffs entzünden sich Phosphor samt Papier
spontan.
Entsorgung
Die nicht genutzte Lösung sowie das Reagenzglas gibt man in die
Kupfersulfatlösung.
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Bild 4 (Fotos: Daggi) |
Hierzu gibt es einen Film (3 MB)
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Es gibt mehrere Modifikationen des Phosphors
Die bekannteste ist der makromolekulare rote Phosphor, mit dem unter anderem die Reibflächen der
Zündholzschachteln imprägniert sind. Man kann mit ihm unbesorgt experimentieren, denn er wird herstellerseitig mit
stabilisierenden Zusätzen versehen. Leider wird er bei unsachgemäßer Aufbewahrung langsam oxidiert, wobei dann Oxide
entstehen, die zudem noch hygroskopisch sind, so dass roter Phosphor im Schullabor häufig feucht ist. Will man mit
ihm experimentieren, muss man ihn vorher trocknen - zum Beispiel in einem Exsikkator über konzentrierter Schwefelsäure,
über Phosphorpentoxid oder über Kaliumhydroxid (Ätzkali; festes KOH) (C).
Roter Phosphor ist stabiler als seine weiße Modifikation. Deshalb ist er auch nicht
giftig. Aus dem gleichen Grunde fängt er auch nicht schon bei Zimmertemperatur
an zu brennen. Die unterschiedlichen Reaktivitäten kann man mit dem folgenden
Versuch zeigen:
Versuch 6: Vergleich der Reaktivität von Phosphormodifikationen
Man legt ein maximal 10 cm langes Eisenblech auf einen Dreifuß. Damit keine Wärme vom zu erhitzenden
Blech abgeleitet wird, legt man zwischen Dreifuß und Blech zur Isolierung zwei Stückchen Kreide (siehe
folgende Bilder).
Dann häufelt man auf das eine Ende des Blechs zunächst eine Spatelspitze trocknen roten Phosphors und
legt anschließend auf das andere Ende ein erbsengroßes Stück weißen Phosphors. Letzteres wird zuvor mit
einem Papiertuch abgetupft, um anhängendes Wasser zu entfernen.
Nun erhitzt man das Blech zwischen den beiden Proben mit der entleuchteten (rauschenden) Flamme eines
Bunsenbrenners.
Ergebnis
Als erstes entzündet sich der weiße Phosphor und brennt mit heißer, hellgelber
Flamme ab. Deutlich später entzündet sich auch der rote Phosphor, um dann
wesentlich moderater abzubrennen.
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Bild 5 (Fotos: Daggi)
Übrigens wurden die Streichhölzer früher auf der Basis von weißem Phosphor
hergestellt. Das waren richtige Totmacher. Sie waren nämlich sehr giftig und
neigten außerdem dazu, sich spontan zu entzünden (in warmen Gegenden auch in
der Hosentasche!). Das hörte auf, als man die Sicherheitshölzer auf der Basis
von rotem Phosphor erfand. Davon aber in einem späteren Tipp!
Ein Blick in die Kriminalistik
Wegen seiner Giftigkeit und auch aufgrund der allgemeinen Verfügbarkeit nutzten früher
viele Schurken weißen Phosphor - zum Beispiel zur Abkürzung von langwierigen Erbschafts-Anwartschaften.
Zum kriminalistischen Nachweis solcher böser Taten erhitzte man den Mageninhalt
(zuvor gewonnen durch Magenauspumpen oder durch einen kunstvollen Bauchschnitt)
in einem Kolben mit aufgesetztem, langem Glasrohr. Wenn sich in dem Glasrohr rasch
ein Leuchten einstellte, war das der Hinweis auf eine Vergiftung durch weißen
Phosphor. (Der Mageninhalt durfte allerdings nicht wie bei Brands Versuch zur
Trockne erhitzt werden!) Das ist eines der Beispiele für die forensische Chemie.
Vorsicht beim Bernsteinsammeln: Es kann sich auch um weißen Phosphor handeln!
An Ostseestränden wird immer wieder weißer Phosphor angeschwemmt. Der Grund: Nach dem Krieg wurden Phosphorkanister in der
Ostsee versenkt. Die Metallbehälter korrodieren im Salzwasser und setzen auf diese Weise
ihren giftigen und brennbaren, in Wasser nicht löslichen Inhalt frei. Das reale Gefahrenpotential verdeutlicht eine aktuelle
Zeitungsmeldung von 2014:
Ein Steinsammler hat an der schleswig-holsteinischen Küste einen Brocken weißen Phosphors für einen Bernstein gehalten und in die
Hosentasche gesteckt. Nach kurzer Trocknungszeit entzündet sich der Phosphor und setzt die Kleidung des Manns in Brand. Der Mann
wird schwer verletzt. Das Landeskriminalamt weist noch einmal ausdrücklich auf die Gefahren für Bernsteinsammler hin.
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Die „weiße“ Modifikation des Phosphors ähnelt dem Bernstein:
- Seine Dichte ist mit d = 1,82 g/cm3 vergleichsweise gering.
- Obwohl man von weißem Phosphor spricht, ist er eher gelb und erinnert frisch geschnitten an festes Bienenwachs.
- Weißer Phosphor ist von einer bräunlichen Rinde umgeben.
Seine geringe Dichte sorgt dafür, dass er im Meerwasser treibt, allerdings unter der Wasseroberfläche. Das hat zur Folge, dass
er sich nicht entzünden kann.
Entsorgungsmaßnahmen
Alles, was mit weißem Phosphor in Kontakt gekommen ist oder sein könnte (Wasser in der
Porzellanschale zum Schneiden, Messer, Pinzette, Reagenzglas zur Lösungszubereitung,
überschüssige Lösung etc.) wird mit 5-10%iger Kupfersulfatlösung abgespült. Die Lösung
lässt man noch einen Tag stehen und entsorgt sie dann in den Schwermetallabfall.
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Rüdiger Blume
Weitere Tipps des Monats
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mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 28. Januar 2014, Dagmar Wiechoczek
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