Prof. Blumes Tipp des Monats Dezember 2008 (Tipp-Nr. 138)
Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis
unbedingt beachten.
Süßer die Glocken nicht klingen:
Chemie der Bronze
Was wäre ein zünftiges Weihnachtsfest ohne Glockengeläut? Das ist doch eine Gelegenheit, sich um die Chemie der Glocken zu kümmern!

Bild 1: Glocke am Glockenstuhl in der Glockenstube der Marktkirche zu Hameln
(Foto: Blume)
Viele Glocken bestehen aus Bronze.
Was ist überhaupt Bronze?
Bronze ist eine Legierung zwischen Kupfer und Zinn. Glockenbronze besteht zu 78 Massen% aus Cu
und zu 22 % aus Sn. Die berühmte goldfarbene Scheibe von Nebra, ein keltisches Kultgerät,
enthält nur 2,5 % Sn. Die Bronze variiert also in ihrer Zusammensetzung in weiten Grenzen. Das nutzen
wir aus, um selbst etwas Bronze herzustellen.
Versuch 1: Herstellen von Bronze
Man mischt 4 Volumenteile Pulver von Kupfer mit 1 Teil Zinnpulver. Das Gemisch füllt man in ein
schwerschmelzbares Reagenzglas, auf das man einen mit Stickstoff nicht zu stark aufgeblasenen Luftballon
aufsetzt. Dann erhitzt man den Inhalt kräftig bis zum Glühen und belässt ihn für einige Zeit bei dieser
Hitze. Dann lässt man die Mischung abkühlen.
Ergebnis: Es ist goldfarbene Bronze entstanden.
Man kann aber auch in einem Reagenzglas Zinn schmelzen und in die Schmelze ohne Oxidationsschutz
Kupferstücke werfen oder Kupferpulver einrühren. Dann erhält man wenigstens einige goldfarbene Bereiche.
Das folgende Bild zeigt das Ergebnis eines entsprechenden Schülerexperiments.
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Bild 2 (Foto: Blume)
Umgekehrt kann man Bronze auch wieder zerlegen.
Versuch 2: Zersetzen von Bronze und Nachweis von Zinn
Ein Stück Bronze wird in halbkonzentrierte Salzsäure (C) gegeben und etwas erwärmt. Kein Reagenzglas
verwenden, sondern einen kleinen Erlenmeyerkolben. Unter dem Abzug arbeiten!
Ergebnis: Nach kurzer Zeit wandelt sich die Goldfarbe in das Rot des Kupfers um.
In der Lösung kann man Zinn nachweisen. Dazu bedient man sich am besten der Leuchtprobe,
die man zuvor mit Zinn(II)-chlorid oder einer anderen Zinnverbindung üben sollte.
In einen Porzellantiegel füllt man etwas von der zinnhaltigen, salzsauren Lösung. Dazu gibt man einige
Zinkgranalien. Es bildet sich Wasserstoff. Man taucht ein mit kaltem Wasser halb gefülltes Reagenzglas in die
Mischung und hält das feuchte Gläschen kurz in die entleuchtete Flamme eines Bunsenbrenners. Man
erkennt eine blaue Fluoreszenz.
Vorsicht: Gefahr des Siedeverzugs! Bei Wiederholung des Experiments
muss das Wasser durch kühles ersetzt werden.
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Dieser Versuch macht deutlich, dass es sich bei der Bronze um eine Mischung von Kupfer und Zinn
und nicht um eine chemische Verbindung handelt. Denn während sich Zinn in Salzsäure löst, bleibt das Kupfer
davon unberührt.
Bronze ist viel härter als die Metalle, aus denen sie gefertigt wird
Das ist neben der neuen Farbe wohl das Bemerkenswerteste. Der Grund dafür ist, dass die Atome von Kupfer
und Zinn unterschiedlich groß sind. Jedes Metall für sich besteht aus Kristallen. Dies kann man besonders
eindrucksvoll beim Zinn feststellen: Wenn man eine Zinnstange biegt, kann man hören, wie die Kristalle aneinander
reiben. Man spricht von „Zinngeschrei“.
Deshalb bricht Zinn auch sehr rasch. Anders ist es beim Kupfer, das nicht so leicht bricht und irgendwie geschmeidiger
wirkt. Grund: Kupfer besteht aus wesentlich kleineren Kristallen.
Die Gitter aller Metallkristalle sind aus Metallatomen bzw. positiv geladenen Atomrümpfen aufgebaut, die in parallel
liegenden Schichten angeordnet sind. Diese gleiten beim Ziehen oder Biegen der Metallstücke aneinander vorbei. Zu den
Metallgittern klicke hier.
Kupferatome haben einen Durchmesser von 1,28 Ångström, Zinnatome dagegen 1,55 Ångström. Wenn nun unterschiedlich große
Atome nebeneinander vorliegen, wird dieses Gleiten gestört. Fremdatome wirken sich (wie Jacob Bronowski schreibt)
also wie atomarer Schmirgelsand aus. Damit wird alles starrer und kann nicht mehr so leicht gegeneinander
verschoben werden. Diese Legierung ist daher mechanisch fester – auch wenn der Schmelzpunkt niedriger liegt:
Der Schmelzpunkt von reinem Kupfer ist 1084 °C, der von reinem Zinn 231,8 °C. Bronzen dagegen schmelzen tiefer als
Kupfer und höher als Zinn.
Schmelztemperaturen der Cu-Sn-Bronzen |
Cu % |
Schmelzpunkt °C |
100 |
1084 |
90 |
1005 |
80 |
890 |
70 |
755 |
60 |
725 |
50 |
680 |
40 |
630 |
30 |
580 |
20 |
530 |
10 |
440 |
0 |
232 |
Dass Bronze bei niedrigerer Temperatur schmilzt als Kupfer, liegt am Phänomen der Schmelzpunkts- bzw.
Gefrierpunktserniedrigung: Verunreinigungen senken bekanntlich den Gefrierpunkt einer Substanz. Das kennt man
vom Wasser her, in dem Salz gelöst ist. Klicke hier.
Wie schon gesagt: Eine niedrigerer Schmelzpunkt bedeutet nicht, dass damit gleichzeitig auch die Mischung weicher
ist als die Einzelkomponenten. Die Leute der Bronzezeit haben davon profitiert: Einerseits konnten sie aus Bronze sehr
harte Gegenstände herstellen, die anders als die bislang bekannten Steinwerkzeuge
sehr zäh waren und beim Gebrauch nicht so leicht zersprangen. Andererseits wurde die Fertigung durch die Schmelzpunktserniedrigung
erleichtert.

Bild 3: Bronzebeile. Links ein Steckbeilrohling (Länge 15 cm), rechts ein Tütenbeil
(Foto und Sammlung: Blume)
Die Bronzebildung spielt auch eine wichtige Rolle bei der Löttechnik. Hierzu haben wir einen
Tipp des Monats.
Wie wird eine Glocke gegossen?
Schon Friedrich von Schiller kannte das Verfahren zum Glockengießen, das auch heute noch angewandt
wird. Er beschreibt es in seinem Gedicht „Die Glocke“.
“Fest gemauert in der Erden
steht die Form aus Lehm gebrannt…“ |
Man macht es so: Zunächst muss man sich ein großes Loch im Boden vorstellen, in dem gearbeitet wird. In dem
wird mit ungebrannten Lehmziegeln und feuchtem Lehm eine hohle Innenform der Glocke (der Kern)
aufgemauert. Damit das Ganze schön symmetrisch ausfällt, bedient man sich einer drehbaren Schablone. Der Lehm
enthält als Magerungsmittel Stroh. (Manche meinen auch, es sei Pferdemist.) Das verhindert das Schrumpfen des
Mergels beim Trocknen, und weil es Poren bildet, fördert es das Trocknen. Dieser Kern wird mit einer feinen
Schicht aus Asche oder aus feinem Papier bedeckt. Sie dient als Trennschicht.
Nach dem Trocknen wird auf dem Kern die eigentliche Glocke modelliert – ebenfalls aus Lehm und Magerungsmittel.
Sie hat die Abmessungen derjenigen Glocke, die man gießen will. Man nennt das Modell Falsche Glocke.
Nun treten echte Künstler in Aktion. Sie modellieren auf der Oberfläche des hohlen Lehmkerns aus Wachs die
Ornamente und Inschriften, die die Glocke zieren sollen. Damit das Wachs auf der falschen Glocke haftet, überzieht
man sie zuvor mit Talg. Anschließend wird die so geschmückte falsche Glocke mit feinem, weichem Lehm bedeckt, wobei
sich die Ornamente in der weichen Masse einprägen. Man lässt diesen so genannten Mantel trocknen.
Anschließend werden durch Erwärmung des Kerninnenraums Talg und Wachs, die auf der falschen Glocke sitzen,
herausgeschmolzen.
Der nunmehr trockene und feste Mantel wird abgehoben. Die nicht mehr notwendige falsche Glocke wird vorsichtig
zerschlagen und auf diese Weise vom Kern gelöst. Anschließend stülpt man den Mantel wieder über den Kern.
Nun hat man zwischen Mantel und Kern einen Hohlraum geschaffen, quasi das Negativ der Glocke. Dieser Hohlraum wird
mit flüssigem Metall ausgegossen. Wachs- und Talgreste verbrennen dabei.
Es dauert einige Tage, bis die Glocke abgekühlt ist. Dann wird sie herausgelöst und poliert. Experten sorgen noch
für den richtigen Klang.
Es ist wohl deutlich geworden, dass der gesamte Ablauf eines Großglockengusses mehrere Monate dauert…
Glocken können sehr groß sein
Viele kennen wohl die große Glocke im Kölner Dom, die 25 t auf die Waage bringt. Wenn man sich aber zuviel vornimmt,
kann der Glockenguss auch mal schief gehen. Oder der Testlauf der neuen Glocke kann zum Desaster werden. Davon kann die
berühmte, über 200 t schwere russische Zarenglocke von 1733 erzählen.

Bild 4: Die Zarenglocke in Moskaus Kreml
(Foto: Blume)
Wie erfand man überhaupt die Bronze?
Zunächst gab es nur Kupfer („das Metall von der Insel Kypros, Zypern“). Durch Schmieden konnte man dessen
Härte etwas steigern, denn dabei werden die sowieso schon kleinen Kupferkristalle noch weiter zerkleinert und durcheinander
geschüttelt. Das hat die Zunahme an mechanischer Festigkeit zur Folge.
Zur Entdeckung der Bronze wird es wohl gekommen sein, als zufällig Zinnerz mit Kupfererz vermischt wurde und den Leuten
auffiel, dass beim Verhütten etwas ganz Neues, nämlich statt Rotes und Weiches Goldenes und Hartes herauskam.
Dieses Thema spielt wohl auch in der Schule eine Rolle: Klicken Sie hier und
wählen Sie die Frage 669…
Schiller lässt seinen Glockenmeister an seine Gesellen folgende Anweisung geben:
„Kocht des Kupfers Brei,
Schnell das Zinn herbei.
Dass die zähe Glockenspeise
Fließe nach der rechten Weise.“
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Es gibt noch mehr goldfarbene Kupferlegierungen
Was die Behandlung des Themas in der Schule etwas schwierig macht, ist, dass man wirklich Bronze erwerben muss. Es gibt
nämlich auch andere Bronzen, die chemisch wesentlich widerstandsfähiger sind. Sie enthalten neben Kupfer andere
Legierungsmetalle als Zinn.
Aus den ebenfalls goldfarbenen, sehr zähen Aluminiumbronzen fertigte man zum Beispiel die messingfarbenen
Waagebalken oder Uhrfedern! Auch die alten Fünf- und Zehnpfennigstücke bestanden aus Al-Bronze.
Bleibronzen sind wichtige Lagermetalle für Eisenbahnachsen. Nickelbronzen sind silbrigfarben
wie zum Beispiel Konstantan, eine Legierung, deren elektrischer Widerstand kaum von der Temperatur beeinflusst wird,
oder Neusilber, aus dem man Bestecke herstellt. Auch Münzen wie das alte Markstück
bestehen aus Nickelbronzen.
Erwähnt werden muss auch das ähnlich aussehende Messing, also die Kupfer-Zink-Legierung. Bekannt ist in
diesem Zusammenhang der Versuch „Münzen vergolden“.
Literatur:
Jacob Bronowski: Der Aufstieg des Menschen. Ullstein 1976. Frankfurt/Main.
Quelle für die Zitate aus Schillers Gedicht um die Glocke:
E. K. Paefgen und P. Geist (Hrsg.): Echtermeyer. Deutsche Gedichte. Cornelsen Verlag. Berlin 2006.
Rüdiger Blume
Weitere Tipps des Monats
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Letzte Überarbeitung: 05. September 2012, Dagmar Wiechoczek
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