Bild 1: Christstollen
(Foto: Blume)
Weihnachtszeit ist Zeit zum Backen - zum Beispiel von leckeren Weihnachtsstollen. Zum Stollenbacken
benötigt man Hefe. Früher nahm man vor allem natürliche Hefe, also Hefe, der man noch ansah, dass es
Hefe ist. Das war nämlich eine graue Masse, die in Form kleiner 42 g-Päckchen erhältlich war. Die schmeckte übrigens
gut und sollte darüber hinaus wegen ihres Gehalts an B-Vitaminen auch gegen Pickel helfen…
Bild 2: Natürliche und gefriergetrocknete Hefe
(Foto: Blume)
Heute bekommt man im Laden vor allem Trockenhefe. Das ist ein weißes Pulver, das
man in den Teig einarbeitet. Das Bemerkenswerte ist, dass diese Hefe sofort anfängt zu „arbeiten“, während man bei
der natürlichen Hefe immer eine lange Aktivierungszeit in Kauf nehmen muss. Das ist notwendig, um der Hefe Zeit zu
geben, damit sie ihre Enzyme synthetisieren kann. Das macht sie nämlich erst in Kontakt mit den Substraten - Stärke
und Zucker. Man spricht von Induktion der Proteinbiosynthese. (Es sei daran erinnert, dass Enzyme katalytisch
aktive Proteine sind.)
Dem Kleingedruckten auf der Trockenhefe-Packung entnehmen wir, dass es sich um schonend gefriergetrocknete Hefe
handelt. Und manchmal steht da stattdessen auch ein Fremdwort: Lyophilisierte Hefe. Wo dieses Wort herkommt,
erklären wir weiter unten.
Warum gerade 42 g Hefe?
Wer sich die Packungen genau ansieht, stolpert auch über die Mengenangabe 42 g. Soviel wiegt der kleine Block. Und auf der
Packung mit der gefriergetrockneten Hefe steht sogar „Inhalt entspricht 42 g natürlicher Hefe“. Die magische Zahl 42 resultiert
vom Zerteilen eines 500 g-Blocks, den die professionellen Bäcker verwenden: Aus dem schnitt man zum Verkauf an Kleinverbraucher
12 Päckchen à 42 g. (Arbeitsauftrag an Mathefreaks: Wie geht man da am Besten vor? Lösung.)
Gefriertrocknung ist Sublimationstrocknung
Früher war jedem bekannt: Feuchte Wäsche trocknete auch bei Frostwetter. Eis hat nämlich die Eigenschaft zu sublimieren,
das heißt, dass es auch als feste Substanz verdampft („verdunstet“), ohne einen Flüssigkeitszustand zu durchlaufen.
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Beim Gefriertrocknen ahmt man dieses Geschehen nach: Zunächst wird das feuchte Stück in einem geschlossenen Raum eingefroren.
Das sich bildende Eis sublimiert, verdampft also. Dann braucht man nur noch zu warten, bis sich der Wasserdampf auf den kalten
Gefäßwänden als Eis niederschlägt. Nun muss man aber verhindern, dass sich ein Gleichgewichtszustand einstellt, bei dem sich
Eisverdampfen (Sublimation) und erneute Eisbildung (Resublimation) auf der Hefe die Waage
halten.
Die Wasserdampfbildung erfordert viel Energie. Denn die Sublimationsenergie setzt sich zusammen aus Schmelzenergie und
Verdampfungsenergie. Damit sollte man die Sublimation durch Temperatursteigerung fördern können, was aber kontraproduktiv wäre,
denn die Voraussetzung des Verfahrens ist einmal festes Eis (also eine Temperatur unter Null °C) und dann noch eine sehr tiefe
Gefrier-Temperatur, bei der sich keine scharfkantigen Eiskristalle bilden können (siehe unten). Deshalb verschiebt man das
Gleichgewicht, indem man den Wasserdampf ständig abpumpt.
Außerdem hängen die Sublimation und damit die Wasserdampfbildung noch vom umgebenden Luftdruck ab. Je niedriger der Druck ist,
desto leichter sublimiert das Eis. Vakuumpumpen ziehen also nicht nur den Wasserdampf ab, sondern fördern darüber
hinaus noch die Sublimation.
Folglich wird aus der Hefe zur Gleichgewichtseinstellung ständig Wasserdampf nachgebildet. Das geht solange, bis das vorher
feuchte Hefestück gänzlich getrocknet ist.
Die Bedeutung des Worts „Lyophilisation“
Die Bedeutung ist nicht so ohne weiteres zu ergründen. Es gibt zwar in der Chemie den Begriff lyophil. Der stammt
vom griechischen lyein - lösen und philos - liebend, bedeutet also „leicht löslich“. Oder er beschreibt ein gutes
Verhältnis zwischen einem zu lösenden Stoff und seinem Lösemittel.
Bei der Gefriertrocknung hat der Bedeutungsumfang des Begriffs lyophil zugenommen. Hier geht es um schonendes Abziehen
des Lösemittels, auf das das schonende Wiederauflösen durch Zusatz des Lösemittels folgt.
Kann man das Verfahren zur Gefriertrocknung ohne großen Aufwand praktisch zeigen?
Das geht, wenn es auch etwas dauert. Jeder hat es wohl schon einmal bemerkt, dass frisches Brot im Gefrierschrank rasch eintrocknet.
Gleichzeitig schlägt sich Eis an den kalten Wänden der Verpackung nieder.
Modellversuch zum Gefriertrocknen
Man kann das Gefriertrocknen demonstrieren, indem man frisches, also feuchtes Brot in einen Gefrierbeutel aus
Klarsichtfolie luftdicht, aber locker einpackt und in einem Gefrierschrank bei möglichst tiefer Temperatur lagert.
Schon innerhalb weniger Stunden bildet sich in der Tüte Eis, das sich in Kristallen an der Klarsichtfolie niederschlägt.
Den Trocknungsvorgang kann man beschleunigen, indem man das Eis immer wieder entfernt. Dazu muss man die Tüte kurz öffnen,
das Eis rasch ausschütten, die Tüte wieder fest verschließen und zurück ins Gefrierfach legen.
Bald wird das Brot ganz trocken sein. Am Besten erkennt man das, wenn man geschnittenes Brot nimmt: Dann biegen sich die
Brotscheiben, wie man es von „Trocken Brot“ her kennt.
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Gleiches beobachtet man auch an eingefrorenem Kuchen oder Pizza.
Bild 3: Brot und Minipizza im Gefrierschrank
(Fotos: Blume)
Wenn man das Brot nur einfrieren will, um es zu konservieren, muss man darauf achten, dass das Eis in der Tüte bleibt und das
Auftauen bei geschlossener Tüte erfolgt. Dann wird der Wasserdampf wieder ins Brot eindringen und es wieder mehr oder weniger
in seinen ursprünglichen Zustand versetzen. Hierbei saugt das getrocknete Gut das Wasser, das beim Schmelzen des Eises entsteht,
förmlich wieder auf, so dass die Verpackung bald wieder ganz trocken erscheint. (Das gilt natürlich vor allem auch für gefrorenen
Kuchen oder Tiefkühlpizza.)
Nicht alles Wasser wird abgezogen
Beim Lyophilisieren der Hefe ist bemerkenswert, dass nicht alles Wasser abgezogen werden kann, sondern einige besonders fest
gebundene Wassermoleküle in den Proteinen verbleiben. Dadurch werden nicht nur die komplexen Proteinstrukturen aufrechterhalten.
Es verbleiben auch die als Cosubstrat wirkenden Wassermoleküle in den aktiven Zentren von Hydrolyse-Enzymen. Das betrifft vor allem
bei der Glykolyse mitwirkende Enzyme wie Amylase und Maltase, aber auch die Rübenzucker spaltende Saccharase.
Voraussetzung zum Einfrieren großer Proteinmoleküle und besonders von Zellstrukturen ist die anfängliche rasche Eisbildung, also
das Schockgefrieren. Das erreicht man, indem man die zu trocknende Probe in Trockeneis (Temperatur -78,5 °C) oder
besser noch in flüssigen Stickstoff (Temperatur -195,8 °C) gibt. Dabei wird nicht das voluminöse, scharfkantige und deshalb zellzerstörende
normale Kristall-Eis gebildet, sondern ohne Volumenzunahme amorphes Glas-Eis, das empfindliche Strukturen schont.
Wenn man die Hefe im aktiven Zustand, also mit dem gesamten für die Glykolyse notwendigen Enzympool, strukturschonend schockgefriert
und dann gefriertrocknet, ist sie nach Kontakt mit Wasser aus dem feuchten Teig sofort arbeitsbereit - im wahrsten Sinne des Begriffs
„Lyophilisation“: Überführen in den ursprünglichen Zustand durch schonendes Wiederauflösen.
Wichtig: Lyophilisierte Hefe ist oxidationsempfindlich und dazu noch hygroskopisch. Deshalb wird sie unter
Schutzgas (z. B. unter Stickstoff) aufbewahrt. Ist die Verpackung einmal geöffnet, so ist die Hefe rasch zu verbrauchen.
Man kann mit Trockenhefe nicht nur backen, sondern ohne große Vorbereitung auch die alkoholische Gärung
in einer Schulstunde demonstrieren.
Lyophilisierte Hefe erfreut sich deshalb nicht ohne Grund großer Beliebtheit im naturwissenschaftlichen Unterricht.
Last but not least
Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das pelzartige Kamm-Eis, das man im Winter im
Wald an von Pilzen befallenen Holzstücken entdeckt. Hier trocknet das feuchte Holz, indem es das Wasser in kristalliner Form
ausfriert.
Rüdiger Blume
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