Ist mein Brunnenwasser genießbar? Uwe Lüttgens
Ich erinnere mich noch an das erste Frühjahr im eigenen Garten: Meine Frau und ich wollten uns einen leckeren Kaffee brauen und den Tag genießen. Die Sonne schien und die Freude auf das koffeinhaltige Getränk war groß. Da die Vorbesitzer des Gartens häufig am Wochenende dort verweilten, gingen wir davon aus, dass sie das Brunnenwasser auch zur Getränkeaufbereitung und nicht nur zur Bewässerung nutzten. Wahrscheinlich eine Fehlannahme! Denn ein kritischer Blick auf das Wasser, das aus dem alten Brunnen stammte, ließ uns von unserem Vorhaben schnell abrücken. Bild 1: Abgefülltes Brunnenwasser
Bild 2: Erste Analyse des Brunnenwassers
Mit dem „Wasserlabor“ lassen sich rasch auch von Laien erste Untersuchungen zu pH-Wert, der Gesamthärte des Wassers und zu den Konzentrationen der für die Wasserqualität relevanten Ammonium-, Nitrat- und Nitrit-Ionen durchführen. Allerdings findet sich im Begleitheft zu dem „Wasserlabor“ ein wichtiger einschränkender Hinweis: „Die hier verwendeten sogenannten „halbquantitativen“ Schnelltests sind zwar sehr genau […], sie können und sollten jedoch keine vom Fachmann angewandten Labormethoden ersetzen.“ Also fragten wir die Fachleute: Die Ergebnisse wurden anschließend mit der Analyse eines beauftragten Umweltlabors [2] verglichen, um zu sehen, wie sauber wir gearbeitet hatten und wie gut die Schnelltests funktionieren. Und hier das Ergebnis:
1Gemessen mit dem Leitfähigkeitsmessgerät DIST 3 von HANNA Unsere Ergebnisse brauchen sich, wie ich finde, nicht gegenüber der professionellen Analyse verstecken. Übrigens: Für eine solche Analyse der „anorganischen Parameter“, bei der weiterhin der Fluorid-, Sulfat-, Kalium-, Calcium- und Magnesiumwert und einige weitere Summenparameter wie z.B. Oxidierbarkeit, Säurekapazität oder auch der Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff bestimmt werden, sollte ein Betrag von um die 100 Euro veranschlagt werden. Alle diese genannten Werte zeigten bei meinem Brunnenwasser keine weiteren Auffälligkeiten.
Bild 3: Der Hahn am Brunnen
Nun sollten meine Leistungskurs-Schülerinnen und -Schüler natürlich auch die Eisenkonzentration bestimmen. In einem ersten Vorversuch mit einer angesäuerten Probe zeigte sich nach Zugabe von Ammoniumthiocyanat eine blass rötliche Einfärbung. (Vergleiche Tipp-Nr. 161) Nachdem die Wasserprobe eingedampft wurde, zeigte sich im Konzentrat die entlarvende rötliche Färbung deutlich. Tatsächlich: Wir konnten Eisen-Ionen nachweisen, wie der Vergleich mit einer 0,001 molaren Eisen(III)-chlorid-Lösung zeigt. Bild 4: Qualitativer Eisennachweis im Brunnenwasser (v.l.n.r. Brunnenwasser, eingedampftes Brunnenwasser, Vergleichsprobe)
Daher ließ ich im Umweltlabor gleich noch die Konzentrationen für Eisen und Mangan mit bestimmen. Und tatsächlich: Die Werte lagen jeweils mit über einer Größenordnung deutlich über den erlaubten Grenzwerten, wie wir aus der Tabelle entnehmen können.
Zur quantitativen Bestimmung eignet sich die Manganometrie. Diese Redox-Titration wurde hier bereits beschrieben: Oxalsäure und Manganometrie Versuch: Gehaltsbestimmung einer Oxalsäurelösung unbekannter Konzentration durch manganometrische Titration
Klick mich an! Bild 5: Titration
Man sollte die manganometrische Eisenbestimmung möglichst im sauren Medium durchführen, da sie hier problemlos abläuft. Anhand der Reaktionsgleichung
erkennen wir, dass in dieser Redox-Reaktion Eisen(II)-Ionen zu Eisen(III)-Ionen oxidiert werden, während Permanganat-Ionen – Mangan hat hier die Oxidationsstufe +VII - zu Mangan(II)-Ionen reduziert werden. Für unsere Eisenbestimmung haben wir eine einfache Titrationsapparatur mit medizintechnischem Material genutzt [5]. Benötigt werden eine medizinische Spritze, eine Messpipette und eine passende Verbindung dazwischen. Klick mich an! Bild 6: Durchführung der Titration
Dazu haben wir als Probenlösung eine 0,001 molare Eisensulfat-Lösung angesetzt und bei der manganometrischen Eisenbestimmung mit der Low-Cost-Apparatur anschließend in dieser Probe 0,00104 mol Eisen(II)-Ionen nachgewiesen:
Ein hervorragender Wert! Und das mit einer Low-Cost-Apparatur. Wir können also relativ sicher sein, dass diese Analysemethode gut funktioniert. Allerdings liegen die dann mit dem Brunnenwasser erzielten Messwerte mit dieser einfachen Methode für Eisen mit 10 mg/l und mehr auffällig über dem professionell bestimmten Messwert.
Es gibt ein weiteres Problem: Was ist mit den Eisen(III)-Ionen Fe3+, die sich bereits im Wasser befinden und daher mit dieser Methode so nicht miterfasst werden können? Ganz einfach: Die „reduziert man mit einem geringen Überschuss von SnCl2“ [3]:
Aber was heißt „geringer Überschuss“ an Zinn(II)chlorid? Wir haben es mit einer Spatelspitze auf 100 ml Probenlösung versucht. Die nach Zugabe von Zinnchlorid milchig trübe Probe wird durch Zugabe von Schwefelsäure und Schütteln wieder klar. Allerdings trübt sich die klare Lösung während der Titration erneut etwas ein, so dass der Endpunkt schwerer zu erkennen ist und sicherlich ein Mehrverbrauch an Maßlösung angenommen werden kann. Ein weiteres Problem können im Wasser vorhandene Chlorid-Ionen sein: Sie werden ebenfalls durch Permanganat-Ionen oxidiert und verfälschen so das Ergebnis weiter:
Diese unerwünschte Nebenreaktion erhöht insbesondere dann den Verbrauch der Maßlösung, wenn das Wasser hohe Konzentrationen an Eisenchlorid enthält. Für meine Wasserprobe wurde ein Chlorid-Gehalt von immerhin 66 mg/l gemessen. Ebenfalls problematisch können die vorhandenen Mangan-Ionen sein, die in meinem Brunnenwasser enthalten sind. Durch Komproportionierung bilden sich Mn3+-Ionen:
Da von Mn2+-Ionen in der Probenlösung auszugehen ist, verfälscht sich das Messergebnis weiter.
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