Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie


Tipp des Monats Dezember 2022 (Tipp-Nr. 306)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


CO – Der leise Mörder im Haus

Rüdiger Blume

Es ist kalt – also Zeit über das Heizen zu sprechen. So kommt der durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Mangel an Erdgas ungelegen. Außerdem sind die Preise für Heizöl und elektrischen Strom stark angestiegen. In diesen Zeiten setzt man wieder auf den guten, heimeligen Zimmer-Ofen.

Bild 1: Kamin-Ofen
(Foto: Blume)

Wo unter Einsatz von Verbrennungsprozessen geheizt wird, entstehen Abgase. Man sagt: Die von Braunkohlebriketts stinken, die von Holz duften. Man setzt deswegen zunehmend auf das Verbrennen von Holz. Aber Vorsicht: Es gibt ein Abgas, das man nicht riechen kann und das dazu noch stark giftig ist: Kohlenstoffmonoxid (auch Kohlenmonoxid oder chemisch-kurz CO).

Wenn man Glück hat, kündigt es sich beim Menschen durch Unwohlsein und Kopfschmerzen an. Schließlich tötet es. Denn CO ist ein Blut-Gift. Es bindet sich unter Komplexbildung an den Blutfarbstoff Hämoglobin (Hb). Hb ist eigentlich der Transporteur für den lebenswichtigen Sauerstoff O2. Der wird unter Komplexbildung vom Eisen-Ion im Hb gebunden, wobei ein Wassermolekül verdrängt wird.

Nun bindet sich auch CO an die gleiche Stelle – und zwar 325-mal stärker als Sauerstoff. Es stellt sich wieder ein chemisches Gleichgewicht ein, das aber weit auf der Seite des CO-Komplexes liegt.

Man rettet durch CO vergiftete Menschen, indem man sie längere Zeit unter ein Sauerstoffzelt legt. Das bewirkt eine Verschiebung des chemischen Gleichgewichts, wie Gleichung (2) zeigt.


Quellen für CO im Haus

1. Zunächst fällt einem das Stadtgas ein. Das bestand früher aus Wasserstoff und CO und ist auch unter der Bezeichnung Wasser- oder Synthesegas bekannt. Die 1:1-Mischung stellte man in den städtischen Gaswerken her, indem man bei Temperaturen um 800-1000 °C Wasserdampf über glühenden Koks leitete, also über entgaste Kohle.

Heute verwendet man als Stadtgas eigentlich nur noch Erdgas, also eine Mischung gasförmiger Kohlenwasserstoffe als Heizgas.

2. Dann kommt der Kohlegrill als besonders populäre CO-Quelle ins Spiel. Man glaubt nicht, welcher Unsinn damit getrieben wird. Da wird mit dem Holzkohlengrill geheizt. Wenn schon nicht im Wohnzimmer gegrillt wird, wird zur Nutzung der Restwärme der glühende Grill nach dem Speisezubereiten ins Haus geholt. Oder der Grill steht auf dem Balkon neben dem geöffneten Zimmerfenster; sein duftender Dampf kann samt CO ins Haus ziehen. Eine Auswahl weiterer CO-Unfälle findet man in unserer Sammlung von Unfall-Meldungen.

3. Zu nennen sind auch Mängel in der Abzugstechnik. Ein Grund hierfür ist die Tendenz, selbstgebaute Feuerungsanlagen zum Heizen zu nutzen. Man kauft sich einen Kaminofen und schließt ihn an den Kamin an – ohne nachzudenken, dass es dafür genaue Vorschriften gibt, die auf physikalischen und technischen Gesetzmäßigkeiten beruhen und die man tunlichst beachten sollte. So ist zum Beispiel nicht jeder Schornstein als Abzug geeignet… Für die professionelle Technik ist der Schornsteinfeger zuständig. Der ist bekanntlich als Glücksbringer gefragt, besser wäre aber die Bezeichnung „Unglücksverhinderer“.

4. Heute hat sich eine neue, unerwartete heimische CO-Quelle aufgetan, die Heizung mit Holzpellets. Unter Pellets versteht man kugel- oder stäbchenförmige Presslinge aus Sägemehl oder anderen zerkleinerten Holzabfällen. (Sie sehen ein wenig aus wie Erdnuss-Würmchen…) Hier ist nicht die Verbrennung Ursache für ein CO-Problem, sondern deren Lagerung. Um das zu verstehen, muss man wissen, wie Pellets hergestellt werden. Die zerkleinerte, durchaus leicht feuchte Holzmasse wird unter hohem Druck und erhöhter Temperatur geformt. Dabei und danach kommt es – unter Beteiligung von Wasser und Sauerstoff – spontan zu chemischen Reaktionen, an denen vor allem im Holz enthaltene ungesättigte Fettsäuren beteiligt sind. Es handelt sich um Oxidationsprozesse und Molekülspaltungen, die oft auch radikalisch verlaufen. Man kann durchaus von Autoxidation sprechen. Dabei kommt es zur Peroxidbildung, und zwar nicht in der Doppelbindung, sondern an der CH2-Gruppe neben der Doppelbindung, am besten sogar an der Methylengruppe zwischen zwei Doppelbindungen. Dies ist eine mögliche Startreaktion:

Die Peroxide können zerfallen und aggressive HO-Radikale bilden, die weitere Oxidationen und dazu noch oxidative Spaltungen bewirken, wodurch Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Aldehyde und letztlich auch CO entstehen.

Dass CO aus Carbonsäuren gebildet werden kann, zeigt ein Verfahren zur Herstellung im Labor. Dazu lässt man Ameisensäure oder deren Salze (Formiate) mit konzentrierter Schwefelsäure reagieren.

(Manche sagen deshalb fälschlich, dass CO als Anhydrid der Ameisensäure aufzufassen ist...)

Frisch hergestellte Holzpellets müssen also abgelagert sein, bevor man sie ausliefert. Auch dann dürfen sie nur in trockenen und gut gelüfteten, dazu noch gekühlten Räumen gelagert werden. Besonders wichtig: Ohne CO-Warngerät sollte so ein Raum nicht betreten werden!


Fazit
Grillen und Heizen mit Feuerungsanlagen schaffen nur dann sorgenfreie Gemütlichkeit, wenn man es richtig macht!


Es lohnt sich auf jeden Fall die Anschaffung eines CO-Mess- bzw. CO-Warngeräts!


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Letzte Überarbeitung: 13. Dezember 2022, Fritz Franzke