Ranziges Fett - Fettverderb

Experimente:
Versuch: Nachweis von Buttersäure in Butter
Versuch: Nachweis von C-C-Doppelbindungen in Fetten mit Bromwasser
Versuch: Nachweis von freien Fettsäuren im Altfett


Wenn Lebensmittel alt werden oder verderben, fangen sie an zu schimmeln (Brot), werden sauer (Milch) oder sie werden wie Fette und Öle ranzig. Für die Entstehung von ranzigem Fett sind Licht, Sauerstoff, Feuchtigkeit sowie Mikroorganismen und Enzyme verantwortlich. Unter dem Einfluss dieser Faktoren werden die Fette zersetzt und es entstehen Abbauprodukte, die nicht nur schlecht riechen und schmecken, sondern die auch zum Teil gesundheitsschädlich sind. Dir ist sicher der Geruch von der mehr als übel riechenden Buttersäure bekannt, die z. B. beim Verderb von Butter entsteht.

Ranzige Butter
(Foto: Dani)


Fette haben zwei Schwachstellen in ihrem Molekül, die besonders leicht von Sauerstoff, Wasser oder Enzymen angegriffen werden können: Die Esterbindungen und die Doppelbindungen. Man unterscheidet deshalb auch zwei Wege des Fettverderbs, die hydrolytische Spaltung und die Autoxidation.

Hydrolytische Spaltung
Wird die Bindung zwischen Glycerin und den Fettsäuren unter Anlagerung von Wasser gespalten, so spricht man von einer hydrolytischen Spaltung oder Lipolyse:

Die auf diesem Wege entstehenden Produkte sind in der Regel physiologisch unbedenklich, jedoch werden solche Fette als verdorben empfunden, da meist nieder- bis mittelkettige Fettsäuren entstehen, die einen unangenehmen Geruch und Geschmack aufweisen. Bereits 1 µg Caprylsäure und 10 µg Caprinsäure pro Gramm Fett reichen aus, um ein Fett ungenießbar zu machen (übrigens: 1 µg = 0,000001 g!). Längerkettige Fettsäuren sind dagegen sensorisch kaum feststellbar.
Eine hydrolytische Spaltung kann auch von Enzymen bewirkt werden, die aus pflanzlichem und tierischem Fettgewebe oder aus Mikroorganismen stammen. Man bezeichnet diese Enzyme als Lipasen.

Nicht immer ist eine Lipolyse mit einem Fettverderb gleichzusetzen. Es gibt nämlich auch Lebensmittel, wo eine hydrolytische Spaltung mehr als erwünscht, also eigentlich unverzichtbar ist. Zu diesen Lebensmitteln gehört unter anderem der Käse, bei dessen Reifungsprozess die Entstehung von freien Fettsäuren Voraussetzung für eine gute Aromabildung ist.

Autoxidation
Bei der Autoxidation, einer mehrstufigen und recht komplizierten Radikal-Reaktion, greift der Luftsauerstoff die ungesättigten Fettsäuren an ihrer empfindlichsten Stelle an, den Doppelbindungen. Je mehr Doppelbindungen vorhanden sind, desto höher ist die Oxidationsgeschwindigkeit und daraus resultierend auch der Fettverderb. Charakteristisch für diese Art von Reaktion ist, dass sie nur langsam in Gang kommt und die ersten Oxidationsprodukte erst nach einer bestimmten Lagerzeit - der Induktionsperiode - nachgewiesen werden können. Im weiteren Verlauf steigt die Reaktionsgeschwindigkeit jedoch exponentiell an.

Elementarschritte der Autoxidation:
1. Startreaktion:
Zunächst bilden sich in der Initiationsreaktion Peroxyradikale (ROO·), Alkoxyradikale (RO·) oder Alkylradikale (R·).

2. Kettenwachstum:
Im 2. Schritt reagieren die in der Startreaktion entstandenen Radikale mit weiterem Sauerstoff oder Fettsäuremolekülen zu Hydroperoxiden (ROOH), die sehr instabil sind und deswegen sofort weiter reagieren.

3. Kettenverzweigung:
Die Hydroperoxide zerfallen wieder in Peroxyradikale (ROO·), Alkoxyradikale (RO·) oder Alkylradikale (R·).

4. Kettenabbruch:
Die Radikale reagieren miteinander zu stabilen Produkten wie z. B. Ketone, Alkohole, Epoxide und Aldehyde. Letztere sind maßgeblich für den ranzigen Geschmack und Geruch verantwortlich.

Die Autoxidation kann soviel Radikale und Peroxide produzieren, dass Friteusen förmlich explodieren können - ein Auslöser für Friteusenbrände, die dann durch falsches Löschen (nämlich mit Wasser) noch verstärkt werden.

Fette und fetthaltige Lebensmittel enthalten immer Spuren von Schwermetallen. Sie können auf vielfältige Art und Weise dort hinein gelangen, z. B. durch schwermetallhaltige Enzyme, den Apparaturen bei der Fettgewinnung oder dem Verpackungsmaterial. Schwermetalle wie Eisen, Kupfer und Cobalt können die Autoxidation starten, indem sie bereits vorhandene Hydroperoxide unter Bildung von Radikalen zersetzen.

Men+ + ROOH ———> Me(n+1)+ + RO· + OH-
Me(n+1)+ + ROOH ———> RO2· + H+ + Men+

(Me = Schwermetall)

Weiterhin ist die Autoxidation der Fette vom Wassergehalt abhängig; je trockener ein Lebensmittel desto stärker die Gefahr des Verderbs.

Auch Enzyme können Sauerstoff auf Fette übertragen. Es handelt sich dabei um Lipoxygenasen, die im Pflanzenreich weit verbreitet vorkommen. Sie sind auf die essentiellen Fettsäuren Linol-, Linolen- und Arachidonsäure spezialisiert.

Zur Verhinderung des Fettverderbs gibt es viele Möglichkeiten. Wichtig ist schon mal die richtige Verwendung eines Öls oder Fettes in der Küche, z. B. sollte man kein Öl, welches viele ungesättigte Fettsäuren enthält, für das Frittieren von Pommes nehmen. Aber auch die Lagerung spielt eine wichtige Rolle. Um das Fett vor Wärme und Licht zu schützen, sollte es kühl und dunkel gelagert werden.
In der Lebensmittelindustrie können je nach Gesetzeslage (Zusatzstoff-Zulassungs-Verordnung) den Fetten oder fetthaltigen Lebensmitteln diverse Zusätze zugegeben werden. Dazu gehören Substanzen, die die Fettsäure-Radikale binden, sowie die Ascorbinsäure, die Sauerstoff oder auch Radikale von vornherein "entschärfen" kann, oder die Citronensäure, die mit den katalytisch wirkenden Schwermetall-Ionen Komplexe bildet. All diese Stoffe fasst man unter dem Begriff Antioxidantien zusammen.

Zum Fettverderb haben wir einen Tipp des Monats.


Weitere Texte zum Thema „Milch“


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 03. Mai 2010, Dagmar Wiechoczek