Prof. Blumes Tipp des Monats Mai 2006 (Tipp-Nr. 107)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Verdorbenes Frittenfett - Ursache für Friteusenbrände

Die Saison der Jahrmärkte und des heimischen Grillens naht. Es gibt wieder in heißem Fett Gegartes wie Fritten, Schnitzel oder Donuts zu essen. Aber wenn man so zuschaut, wie die da in den Pommes-Buden brutzeln, denkt man schon darüber nach, ob das wirklich frisches Fett ist, was da vor sich hinköchelt. Und wie sieht das erst bei manchen Leuten zu Hause aus? Wie kann man feststellen, ob das Fett frisch ist? Hat das auch etwas mit der Selbstentzündung von Fetten zu tun, über die in den Medien immer wieder berichtet wird?

Friteusenbrand
750 000 € Schaden ist die Folge eines Ölbrands, der in der Küche einer Dachgeschosswohnung begann. Das ganze Mehrfamilienhaus ist nicht mehr bewohnbar. (Minden)

Dazu müssen wir erst einmal erfahren, was beim Garen von Speisen mit erhitztem Speisefett chemisch ablaufen kann.

1 Mit den Speisen kommt Wasser ins Öl. Das hydrolysiert in der 300 °C-Siedehitze von Fetten die Esterbindungen zwischen Glycerin und Fettsäuren. Fettsäuren werden frei und verleihen dem Fett einen ranzigen Geschmack.

R-O-CO-R' + H2O ———> R-OH + HOOC-R'

2  Der Sauerstoff reagiert mit ungesättigten Fettsäureresten in den Fetten. Dabei kommt es zur Peroxidbildung, und zwar nicht in der Doppelbindung, sondern an der CH2-Gruppe neben der Doppelbindung, am besten sogar an der Methylengruppe zwischen zwei Doppelbindungen (-> Webseite zu den Antioxidantien).

Die Peroxide können sich so stark anreichern, dass es zur Selbstentzündung von Friteusen und sogar zur Explosion kommen kann.
Beim Löschen werden viele Fehler gemacht. Dies ist die Ursache für viele Wohnungsbrände. In einem Experiment beschreiben wir alles zum Thema Friteusenbrand.

3 Es kann weiterhin zu oxidativen Crackprozessen kommen, wobei schlecht schmeckende Aldehyde entstehen.

R-CH=CH-R' + O2 ———> R-CHO + OHC-R'

4

Der für hocherhitzte Fette typische, stechende Geruch beruht auf dem ungesättigten Aldehyd Acrolein. Er entsteht aus dem Fettbaustein Glycerin:

 

Acrolein kann man auch im Labor herstellen (-> Versuch).

5 Das Cracken kann noch weitergehen: Dann werden unter anderem Wasserstoff-Radikale H· abgespalten; es bilden sich ungesättigte Kohlenwasserstoffe und Ruß, die nicht nur scharf ("verbrannt") riechen und schmecken, sondern das Fett erst gelblich, dann zunehmend dunkel färben. Die H-Radikale sind neben den Peroxiden eine weitere Ursache für die Selbstentzündung von Fetten. Das können wir sehr gut an überhitztem Kerzenwachs zeigen.
6 Beim Erhitzen der Speisereste entstehen geschmacksverändernde Substanzen, von denen einige hochtoxisch und sogar cancerogen sein können.

Um Fettverderbnis zu erkennen, muss man also nur nach freien Fettsäuren, nach Peroxiden und nach Aldehyden suchen. Auch ist eine stechende Geruchsnote wichtig. Entlarvend für die Qualität von Friteusenfett sind übrigens auch Speisereste.

Das alles untersuchen die chemischen Untersuchungsämter, die Frittenbuden "überfallen", um dort Proben zu ziehen.


Experimente zur Altfettuntersuchung
Je häufiger das Fett gebraucht wurde, desto eher sind die Nachweise positiv. Alle Versuche sollte man zum Vergleich auch mit frischem Fett durchführen.

Hinweis: Die Fettproben müssen vor den Experimenten abgekühlt sein.

Freie Säuren erkennt man anhand der Zugabe von Indikatoren und am Verbrauch von Natronlauge.

Versuch 1: Nachweis von freien Fettsäuren in Altfetten
Wir schütteln etwas Fett mit einer neutralen Lösung von Bromkresolgrün aus. Die zunächst grüne Lösung färbt sich gelb, wenn freie Fettsäuren vorhanden sind.

Dann stellen wir uns eine ethanolische Natronlaugelösung (F) her, indem wir 0,4 g Natriumhydroxid (C) in 100 ml Ethanol (F) lösen.

Wir lösen in einem Erlenmeyerkolben (50-100 ml) etwa 5 g Fett in 25 ml Heptan (F). Dazu geben wir als Indikator eine alkoholische Lösung von Phenolphthalein. Wir können auch andere Indikatoren wie Bromkresolgrün nehmen. Nun tropfen wir solange ethanolische Natronlauge zu, bis sich der Indikator umfärbt und Laugenüberschuss anzeigt.

Der bekannte Nachweis von Peroxiden mit Titanylsulfat unter Bildung orangegelber Verbindungen funktioniert bei der Fettprobe nicht so gut, vor allem auch deswegen, weil viele Fettproben von vornherein schon gelblich gefärbt sind. Deshalb nutzen wir die Oxidation von Iodid zu Iod aus.

2 R-OOH + 2 I- ———> 2 R-OH + I2 + 2 OH-


Versuch 2: Nachweis von Peroxiden in Altfetten
Zunächst stellen wir die Reagenzlösung her. Dazu geben wir zu 15 ml Kaliumiodidlösung (w = 1 %) 15 Tropfen Stärkelösung (w = 1 %), die durch kurzzeitiges Aufkochen von löslicher Stärke hergestellt wurde.
In einem Reagenzglas oder Erlenmeyerkolben (25 ml) erhitzen wir etwa 5 g Fett mit 15 ml Reagenzlösung bis zum einmaligen Aufkochen. Nach dem Abkühlen beobachten wir bei Anwesenheit von Peroxiden die Blaufärbung der unteren wässrigen Phase aufgrund der Bildung des Iod-Stärke-Komplexes. Etwas stehenlassen, da sich die Farbe noch vertieft.

Aldehyde weist man mit dem Schiff-Reagenz nach. Man muss daran denken, dass es neben den kurzkettigen, leichtflüchtigen Aldehyden in verdorbenem Fett auch langkettige, nichtflüchtige Aldehyde gibt. Deshalb wird wie folgt vorgegangen.


Versuch 3: Nachweis von Aldehyden in Altfetten
In ein Reagenzglas geben wir zu 5 ml Wasser etwa 1 g einer Altfettprobe. Dann verschließen wir das Reagenzglas locker mit einem Wattebausch und tropfen darauf etwas Schiff-Reagenz. Wir kochen diesen Ansatz kurz auf.
Ergebnis:
Der Wattebausch färbt sich pinkfarben.

Nach dem Abkühlen geben wir das gleiche Volumen an Schiff-Reagenz (Xn) zu. Die Lösung färbt sich je nach Aldehydgehalt rosa bis rot.


PS: Hier geht es nicht darum, Frittenbuden vorzuführen. Die sind besser als ihr Ruf. Um deren Fettqualität ist es im Allgemeinen gut bestellt. Vor allem sollt ihr das Fett in eurer eigenen Friteuse prüfen. Denn das wird ja auch mehrmals von vielen Leuten genutzt, ohne dass jemand genau weiß, wann es zum letzten Male gewechselt worden ist!


Rüdiger Blume


Weitere Tipps des Monats


Quelle:
R. Blume, W. Kunze, R. Meloefski, H. Obst, E. Rossa, H. Schönemann: Chemie für Gymnasien, Ausgabe D, Auswahlthemen Organische Chemie 1:
Fette, Seifen und Waschmittel/Kunststoffe; Cornelsen-Verlag, Berlin 1994 (inklusive Lehrerhandbuch).


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 14. August 2008, Dagmar Wiechoczek