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Tipp des Monats Mai 2023 (Tipp-Nr. 311)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Zellophanfolien – Die vergessene Alternative zum Garen in der Küche

Jens Schorn

Bild 1: Kartoffeln und Äpfel in Zellophanfolie
(Foto: Schorn)

Wer diese Seite mit den vielfältigen Tipps regelmäßig verfolgt, der wird sich über die beiden Abbildungen wundern. Sie sehen denen vom Tipp aus dem Februar 2023 sehr ähnlich.


Warum schon wieder ein Tipp zu Folien im Haushalt?
Im Tipp Nr.308 vom Februar wurden unterschiedliche Kunststofffolien und Aluminiumfolie verglichen, ob sie zum Niedertemperaturgaren geeignet sind. In Haushalten in denen neben den bekannten Folien zum Garen und Kochen auch Marmelade und Kompott aus Früchten eingekocht wird, kam die folgende Frage auf.


Was ist Zellophanfolie und kann diese Folie Kunststofffolien im Haushalt ersetzen?
Bei Zellophanfolie, Zellglas oder Glaspapier handelt es sich um eine der ältesten Folienverpackungen für Lebensmittel. Sie wurde vor über 100 Jahren erfunden und wie der Name schon verrät, ist der Ausgangsstoff zur Herstellung die Zellulose pflanzlichen Ursprungs.

Abbildung 1: Molekülausschnitt von Zellulose [1]

Das Zellophan wird durch eine chemische Reaktion aus dem Zellulosehydrat in reiner Form gewonnen und anschließend auf Walzen getrocknet.

Bild 2: Käufliche Zellophanfolie mit Zubehör.
(Foto: Schorn)

Der chemische Bau des Zellophans ist identisch mit der nativen Faserzellulose oder der Viskose die man z.B. in der Textilindustrie häufig verwendet. Unterschiede zwischen der naturbelassenen Zellulose, Zellophan und Viskose liegen in der Ordnung der sogenannten Elementarzellen zueinander. Der Ordnungszustand ist bei Zellophan und Viskose niedriger als bei der naturbelassenen Zellulose. Das bedeutet, dass die Zwischenräume zwischen den Molekülketten der Zellophanfolie größer sind als von der naturbelassenen Zellulose.

Diese Unterschiede im Ordnungszustand führen auch zu den herausragenden Eigenschaften von Zellophanfolie gegenüber Folien aus Kunststoffen wie der im Tipp Nr.308 vom Februar beschriebenen Frischhaltefolie aus Polyethylen. Während Frischhaltefolien aus Kunststoffen Porendurchmesser ab einer Größe von 10nm besitzen (je nach Foliensorte), erhält man bei der Zellophanherstellung Folien mit Porendurchmesser von kleiner als 5nm.

Abbildung 2: Angaben zu Membranmaterialien die bei diversen Filtrationsverfahren verwendet werden. [2]

Damit sind Zellophanfolien u.a. für die Umkehrosmose geeignet, wie sie bei Dialysegeräten zum Einsatz kommen. In der Lebensmittel- und Tabakindustrie wird das Mikroklima geschätzt, das sich in der Verpackung von u.a. Süßwaren und Zigaretten ergibt.


Kann Zellophanfolie die Kunststoff- oder sogar Aluminiumfolien in der Küche ersetzen?
Hierzu können zwei einfache Untersuchungen gemacht werden.

A) Untersuchung der Eignung von Zellophanfolie zum Garen von Äpfeln und Kartoffeln


Experiment 1: Untersuchung der Eignung von Zellophanfolie zum Garen von Äpfeln und Kartoffeln.

Material: Zellophanfolie z.B. der Firma DETI [5]. Umluftbackofen mit Temperaturregulation (10°C Einteilung) Backblech. Mikrowelle. Ungefähr gleichgroße Kartoffel- und Apfelstücke.

Durchführung:

  1. Gleichgroße Apfelstücke und Kartoffeln werden mit Wasser angefeuchtet und in zurechtgeschnittene Folienstücke eingewickelt und mit beiliegenden Einweggummis verschlossen (Siehe Bild 1 und 2). Anschließend wird das verpackte Gargut auf einem Backbleck bzw. auf einem Teller in den Backofen bzw. die Mikrowelle gelegt.
  2. Das Gargut wird im Backofen
    - bei 100°C (45min),
    - bei 150°C (weitere 30min)
    gegart
  3. Das Gargut wird in der Mikrowelle bei 180 Watt 10 Minuten gegart. Das Verhalten der Folien und des Garguts wird beobachtet.

Beobachtungen:

  • Backofen 100°C (45min)

    Bild 3: Gargut nach 45min bei 100°C im Backofen.
    (Foto: Schorn)

  • Backofen 150°C (weitere 30min)

    Bild 4: Gargut nach weiteren 30min im Backofen bei 150°C. Links verpackt und rechts ausgewickelt und aufgeschnitten.
    (Fotos: Schorn)

  • Mikrowelle 180°C (10min)

    Bild 5: Gargut nach 10min in der Mikrowelle bei 180Watt. Links verpackt und rechts ausgewickelt und aufgeschnitten.
    (Fotos: Schorn)

Ergebnis: Zellophanfolie führt sowohl im Backofen bei 150°C, wie auch in der Mikrowelle zu schnellen Garergebnisse. Das Gargut ist in der Mikrowelle sogar schon nach 10min und bei niedriger Energieeinstellung (180Watt) gut durchgegart und duftet sehr aromatisch.
In beiden Fällen bleibt die Folie, wenn sie an dem Gargut haftet elastisch und lässt sich leicht vom Gargut entfernen. An den Stellen, an denen die Folie nicht in Kontakt zu wasserhaltigen Stellen kommt, ist die Folie sehr spröde und leicht zerbrechlich.

B) Überprüfung der Durchlässigkeit von Zellophanfolie für unterschiedliche Stoffe.


Experiment 2: Untersuchung der Durchlässigkeit von Zellophanfolie für unterschiedliche Stoffe.

Material: Käufliche Zellophanfolie in quadratischen Stücken mit 4x4cm Kantenlänge, 6 Rollrandgläser, 6 Schießgummis, 6 Wassergläser, destilliertes Wasser, Kaliumpermanganat (KMnO4), Stärke (Kartoffelstärke), Lugolsche Lösung (Iod-Kaliumiodidlösung), Lebensmittelfarbe Riboflavin(z.B. in Eierfärbesets enthalten), blaue Tinte (aus dem Schreibwarenbedarf), Glukose, Ascorbinsäure, Glucoseteststäbchen 25-500mg/L, Ascorbinsäureteststäbchen 50-2000mg/L, kleiner Gasbrenner (zum Erhitzen der Stärkelösung).

Durchführung:

  1. 50mL einer 1%ige Lösung für KMnO4, Glucose, Ascorbinsäure, Tinte und Riboflavin herstellen.
  2. 50mL einer 1%igen Stärkelösung herstellen. Diese kurz mit dem Gasbrenner erwärmen. Anschließend zwei bis drei Tropfen Lugolsche Lösung hinzugeben.
  3. In jeweils ein Rollrandglas 20ml der 1%igen Lösungen geben und mit einem Zellophanfolienstück mittels Schießgummi gut am Rollrand verschließen. Die Folienstücke vorher etwas mit Wasser anfeuchten, damit sie elastischer werden und gut am Glasrand abschließen. Die Gummis mehrmals um den Rollrand wickeln, damit die Gläser gut verschlossen sind.
  4. 6 Bechergläser jeweils mit 50mL Wasser füllen und die Rollrandgläser mit den Folienverschlüssen nach unten, kopfüber in die Bechergläser stellen.
  5. In Zeitabständen von 15min bei den farbigen Lösungen (KMnO4, Stärkelösung, Tinte, Riboflavin) an der Unterseite der Rollrandgläser beobachten bzw. bei Glucose und Ascorbinsäure in dem Wasser des Becherglases mittels Teststreifen die jeweilige Konzentration bestimmen.

Bild 6: Start der Lösungen von links nach rechts (KMnO4, Stärke mit Iod-Kaliumiodidlösung, blaue Tinte, Riboflavin, Glukoselösung, Ascorbinsäurelösung).
(Fotos: Schorn)

Beobachtungen:

Bild 7: Links Kaliumpermanganat nach 15 min. Rechts Riboflavin nach 45min
(Fotos: Schorn)

Bei Stärke mit Iod-Kaliumiodidlösung und blauer Tinte ergibt sich auch nach 45min keine Färbung unterhalb der Zellophanfolie im Becherglas.

Bild 8: Eindeutige Verfärbungen links durch Kaliumpermanganat und ganz rechts durch Riboflavin.
(Foto: Schorn)

Bei den Messungen der Konzentrationen mit den Teststäbchen für die Rollrandgläser mit Glukose- bzw. Ascorbinsäurelösungen ergibt sich bei der Glukose nach 30min eine Konzentration von 25mg/L. Bei dem Ansatz mit Ascorbinsäure zeigt das Teststäbchen auch nach 45min keine Konzentration in dem Umgebungswasser an.

Ergebnis: Aufgrund der Beobachtungen kann man die Durchlässigkeit der Zellophanfolie für die verwendeten Stoffe wie folgt einordnen. Sortiert nach abnehmender Durchlässigkeit:
Permanganat-Ionen > Glukose > Riboflavin > Tinte = Stärke = Ascorbinsäure


Warum gelangen die verwendeten Stoffe unterschiedlich gut durch die Zellophanfolie hindurch?
Die Zellophanfolie wirkt wie bei der Beschreibung schon angedeutet als Filter für die Teilchen der verwendeten Lösungen. Hierbei ist die Porengröße der Zellophanfolie mit kleiner als 5nm sehr klein, sodass nur entsprechende kleine Teilchen durch die Poren passen.

Teilchensorte (Summenformel) Molekülmasse [g/mol]
Wasser (H2O) 18
Permanganat-Ion (MnO4-) 118,93
Glukose (C6H12O6) 180,16
Riboflavin (C17H20N4O6) 376,37
Tinte / Acid blue (C32H25N3Na2O9S3) 737,74
Stärke / mindestens 500 Glucosebausteine (C6H10O5) 500 * 162,14
Ascorbinsäure (C6H8O6) 176,13

Vergleicht man die Teilchensorten bzw. die Molekülmassen mit der beobachteten Durchlässigkeit, so erkennt man sehr gut den Zusammenhang zwischen der Molekülmasse bzw. Teilchengröße und der Durchlässigkeit der Teilchen durch die Zellophanfolie.

Je größer ein Teilchen ist, desto schlechter passt es durch die Poren der Zellophanfolie.

Eine Ausnahme bildet die Ascorbinsäure, da sie in Wasser als Ascorbat-Ion vorliegt. Das liegt daran, dass da Molekül in Wasser zwei Protonen (H+-Ionen) an die Wassermoleküle abgibt. Man spricht hierbei von Dissoziation.

Abbildung 3: Entstehung des Ascorbat-Anions durch Dissoziation [3]

Als Ergebnis entsteht ein doppelt negativ geladenes Teilchen, das Ascorbat Anion. Dieses geladene Teilchen bindet sehr viele Wassermoleküle über sogenannte Wasserstoffbrücken und ist deshalb als Teilchen insgesamt so groß, dass es nicht durch die Poren der Zellophanfolie passt.

Zellophanfolien können in der Küche sehr gut die Kunststoffprodukte (Frischhaltefolien aus Polyethylen oder Bratschläuche aus Polyethylenterephthalat) ersetzen. Ihre Durchlässigkeit für kleine Moleküle wie Wasserdampf macht sie zu einem hervorragenden Verpackungsmaterial, bei dem der verpackte Inhalt im Austausch mit der Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft steht.

Weitere Vorteile dieser Foliensorte ist die Entstehung aus nachwachsender Zellulose sowie die Kompostierbarkeit bzw. die Entsorgung der Verpackungsfolie über die Biotonne.

Alleine das käufliche Angebot größerer Folien als für die Verwendung zum Einkochen von Marmelade ist auf dem deutschen Markt ausbaufähig [4].


Quellen:
[1] https://www.chemieunterricht.de/dc2/kh/kh-cellulose.htm
[2] https://lehrerfortbildung-bw.de/u_matnatech/chemie/gym/bp2004/fb2/modul2/t7/a/
[3] https://www.chemieunterricht.de/dc2/citrone/c_t7.htm
[4] https://www.purenature.at/folien-und-beutel
[5] https://www.deti.de/


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Letzte Überarbeitung: 18. April 2023, Fritz Franzke