Warum Autos und Brücken rosten: Korrosion

Experimente:
Versuch: Modellversuche zur katalysierten Säurekorrosion
Versuch: Pyrophores Eisen
Versuch: Vom Lokalelement zum Voltaelement
Versuch: Eisen(II)-hydroxid wird durch Luft leicht oxidiert
Versuch: Unter welchen Bedingungen Eisen rostet
Versuch: Eisen rostet in Leitungswasser schneller als in Mineralwasser
Versuch: Was beim Rosten passiert


Grund für die riesige Weltproduktion von Eisen ist nicht die ständige Neukonstruktion von Anlagen, sondern Ersatz für korrodierte Bauteile. Dass das stimmt, weißt du, wenn du bedenkst, wie oft du oder dein Vater ein neues Auto kaufen musst, weil die Roststellen nicht mehr zu übersehen sind und der TÜV-Prüfer eine bedenkliche Miene zeigt...
Wie unedel Eisen ist, zeigt die leichte Entzündbarkeit von feinstverteiltem Eisen, dem so genannten "Pyrophoren Eisen" (-> Versuch). In der Trockenheit ist Eisen jedoch völlig stabil. Auch konzentrierte Schwefelsäure oder Salpetersäure machen dem Eisen nichts aus. Denn es liegt passiviert vor, also mit einer dünnen, wenn auch wenig stabilen Oxidschicht vor weiterem Angriff geschützt. Aber Spuren von Wasser (auch nur als Luftfeuchtigkeit) lassen Eisen rasch rosten (-> Versuch).

Korrosion ist die chemische Reaktion eines Metalls mit Chemikalien aus seiner Umgebung in Gegenwart von Wasser
Corrodere ist lat. anfressen. Der Grund für die Korrosion liegt in der Instabilität von den als Werkstoffen benutzten Metallen gegenüber Sauerstoff, Wasser und Elektrolyten. Das ist eine Mischung, die zunehmend im sauren Regen zu finden ist.

Korrosion ist ein Redoxphänomen
Redoxreaktionen beruhen auf Elektronenübertragung. Das Metall wird dabei in seine Ionen überführt. Je nach Akzeptor der Elektronen können wir zwei Grundtypen der Korrosion unterscheiden:
- Akzeptor Wasserstoff-Ionen: Säurekorrosion
- Akzeptor Sauerstoff/Wasser: Sauerstoffkorrosion

(Diese beiden Typen laufen aber stets parallel ab.)

Korrosionsprozesse sind eng mit elektrochemischen Prozessen verbunden
Das wird dadurch deutlich, dass die Korrosion durch die Bildung von Lokalelementen beschleunigt wird. Hierunter versteht man den Kurzschluss von Metallen unterschiedlicher Elektronegativität in Gegenwart von Wasser und Lösungen bestimmter Ionen. Die Metalle sind z. B. Eisen und Kupfer. An den Berührungspunkten korrodiert Eisen ganz besonders rasch. Lokalelemente bilden sich aber auch bei der Berührung von stark unterschiedlichen Eisenlegierungen, wie sie z. B. in Knautschzonen beim Auto vorkommen.


Förderlich für Korrosion von Eisen sind neben Wasser Kontakte mit

Bild 1: Streusalz fördert die Korrosion des Gullydeckels
(Foto: Blume)


Säurekorrosion
Hierunter versteht man zunächst die Auflösung eines Metalls durch eine Säure (-> Versuch).

Fe + 2 HCl ———> FeCl2 + H2

Dies ist ein Redoxprozess zwischen Eisen und Wasserstoff-Ionen:

Oxidation: Fe ———> Fe2+ + 2 e-
Reduktion: 2 H+ + 2 e- ———> H2

Dieser Prozess ist aber gehemmt. Grund ist, dass sich das Eisenstück rasch mit positiv geladenen Ionen überzieht, die weitere Wasserstoff-Ionen nicht an die Metalloberfläche gelangen lassen. Wir sehen deshalb in unserem Versuch, dass auch eine 0,5 M Schwefelsäure kaum reagiert.
Gibt man aber Kupfer-Ionen hinzu, beginnt die Bildung von Wasserstoff augenblicklich. Das riecht förmlich nach Katalyse. Was ist los?
Kupfer schlägt sich in der bekannten Zementierungsreaktion auf Eisen nieder und bildet Lokalelemente:

Cu2+ + Fe ———> Cu + Fe2+

Betrachten wir nun die Korrosion eines Systems aus Eisen, Kupfer und Wasser (-> Versuch). Kupfer katalysiert die Korrosion, weil es als stärker elektronegatives Element Elektronen aus Eisen anzieht. An der an Elektronen reichen Cu-Oberfläche werden Wasserstoff-Ionen unter Bildung von Wasserstoff entladen:

2 H+ + 2 e- ———> H2

Damit entfällt die hemmende Wirkung der Bildung von Eisen(II)-Ionen auf die Entladung von Wasserstoff-Ionen. Die positiven Überschussladungen am Eisen werden nun problemlos als Fe2+-Ionen abgegeben; das Eisen korrodiert ungestört.

Dazu bedarf es aber keiner starken Säure. Es reicht das Wasser aus. Denn das umgebende Wasser liegt teilweise dissoziiert vor und enthält deswegen Wasserstoff-Ionen:

Die Wasserstoff-Ionen reagieren wie oben beschrieben auf der Metalloberfläche. Auch hier wirkt Kupfer als Katalysator. Wegen der geringen Konzentration an Wasserstoff-Ionen läuft die Korrosion allerdings relativ langsam ab, aber ist auf die Dauer genauso effektiv...
Kräftig unterstützt wird die Zersetzung des Eisens durch Bildung von Eisenhydroxiden mit den aus der Wasserdissoziation stammenden OH--Ionen.

Fe2+ + 2 OH- ———> Fe(OH)2

Das folgende Bild zeigt die katalytische Wirkung von Kupfer.

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Bild 2: Katalytische Wirkung von Kupfer auf die Korrosion von Eisen.
Die Metallstücke lagen jeweils 12 Stunden in Leitungswasser
(Foto: Daggi)


In diesem Zusammenhang ist es erstaunlich, dass man Werkstücke wie die im folgenden Bild gezeigten Abfluss-Stöpsel herstellt und verkauft: Bei denen ist ein verchromte oder verzinkte Eisenschraube mit einer Mutter aus Messing(!) versehen. Das sieht nach absichtlicher Korrosionsförderung aus…

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Bild 3: Kontakt-Korrosion an Abfluss-Stöpseln.
Links: Neues Werkstück. Rechts: Korrosion nach einem Jahr Gebrauch.
(Foto: Blume)


Der Effekt der katalysierten Säurekorrosion ist übrigens die Grundlage der Technologie galvanischer Elemente
: Trennt man die Kurzschlussstelle und verbindet man sie leitend über einen Verbraucher, kann man den fließenden Strom zur Arbeitsleistung heranziehen. In diesem Fall erhält man ein Voltaelement (-> Versuch).
Stromdichte und Materieabbau hängen zusammen: 1 mA/cm2 entspricht einer jährlichen Korrosionsrate von 11 mm Eisen.


Sauerstoffkorrosion
Die Elektronen des Eisens können auch auf Sauerstoff und Wasser übertragen werden.

Oxidation: Fe ———> Fe2+ + 2 e-
Reduktion: ½ O2 + H2O + 2 e- ———> 2 OH-

Dabei werden auch die Korrosionsprozesse fördernden OH--Ionen gebildet. In der Folge oxidiert der Sauerstoff Fe(II)-hydroxid weiter zu FeOOH (-> Versuch), dem gefürchteten Rost.


Rosten ist ein exothermer Vorgang
Weil die Korrosion im Allgemeinen so langsam abläuft, wird einem Beobachter gar nicht klar, in welchem Umfang Energien freigesetzt werden. Dabei handelt es sich hier um die Oxidation eines unedlen Metalls - zum Beispiel Eisen. Wie gut das brennt, zeigt ja das "Pyrophore Eisen" (-> Versuch). Auf der bei der katalysierten Säurekorrosion entwickelten Energie beruhen ja auch entsprechende galvanische Zellen wie zum Beispiel das Voltaelement, in dem chemische Energie in elektrische Energie umgewandelt wird.
In welchem Umfang beim Rosten auch Wärme frei wird, zeigten die Wärmekissen der Bundeswehr. Deren Funktion beruht letztlich auf rasch ablaufender Sauerstoffkorrosion mit deutlicher Rostbildung.


Rost ist voluminös
Der Rost hat den großen Nachteil, dass er ein viel größeres Volumen als das Eisen einnimmt und dazu noch blättrige Schichten bildet. Liegt ein Eisenstück dazu noch im Boden, so bindet der Rost zusätzlich Bodenmineralien, so dass auch vormals schlanke Eisenteile zu dicken Brocken anwachsen können - wie der Nagel auf den nächsten beiden Bildern.

Bild 4: Korrodierter Eisennagel - mit und ohne Rostschicht
(Fotos: Daggi)


Korrosionsfördernde Rolle von Neutralsalzen
Die Bildung von Ionen des Wassers und das Eisens wird durch chemisch inerte Ionen, die Neutralsalze wie das Natriumchlorid aufbauen, gefördert. Deshalb läuft das Rosten in Gegenwart von Salzen ganz besonders schnell ab (-> Versuch).
Das ist ganz besonders unter dem Aspekt des Streuens von Salz gegen Eisglätte beachtenswert.
Hiervon werden nicht nur die Autokarosserien betroffen, sondern zunehmend auch die Stahleinlagen im Beton von Brücken (Moniereisen).


Neutralsalze wirken auf zweierlei Art und Weise:
1. Sie sind Korrosions-Katalysatoren
Versuch verdeutlicht dies. Dort wird die Korrosion von Aluminium mit Kupferchlorid beschrieben. Wenn man statt des Chlorids das Sulfat nimmt, passiert nichts. Es ist bekannt, dass Chlorid-Ionen die Korrosion aktiv unterstützen, indem sie helfen, das Aluminium-Gitter aufzubrechen. Sulfat-Ionen passen einfach nicht aufgrund der Größe und sind deshalb zumindest in diesem Fall ineffektiv.

2. Sie erhöhen die aktive Konzentration der Korrosionsstoffe, hier vor allem H+, OH- und O2 sowie CO2 und andere Säurebildner (SO2, NOx).
Dies ist für Laien schwerer zu verstehen. Damit Ionen ihre korrosive Wirkung ausüben können, müssen sie unbeeinflusst, also möglichst frei vorliegen. Dies hängt u. a. von der Dielektrizitätskonstante des Wassers, von dessen Viskosität usw. ab. Diese Werte kann man durch Neutral-Ionenzusatz so verändern, dass sich scheinbar die Konzentration der korrosiv wirkenden Stoffe erhöht. Man spricht hier anstatt von Konzentration von "Aktivität". Hierzu ein konkretes Beispiel:
Eine Salzsäure mit c = 0,1 mol/l sollte den pH-Wert 1 haben. Man misst mit einem pH-Meter aber 1,5; das heißt, dass die Konzentration 10-1,5, also nur etwa 0,032 mol/l zu sein scheint. Von der Glaselektrode des pH-Meters werden tatsächlich nur die "aktiven" Protonen registriert. Gibt man nun Natriumchlorid zu, sinkt der pH-Wert. D. h., die Konzentration der "aktiven" Protonen nimmt zu, die Korrosionswirkung ist stärker.
Aber auch korrosiv wirkende Gase wie CO2 oder SO2 werden in ihrer Löslichkeit durch Neutralsalze beeinflusst. Das erkennt man, wenn man z. B. Salzwasser zu Sprudel oder zu Sekt gibt. Aber keine Salzkristalle zugeben; die wirken aufgrund ihrer Oberflächeneffekte.


Carbonathaltiges Wasser bremst die Korrosion von Eisen
Eisen rostet in Leitungswasser deutlich schneller als in neutralem bis schwach alkalischem Mineralwasser (-> Versuch). In Mineralwasser sind nämlich große Mengen an Hydrogencarbonat-Ionen enthalten, die mit den bei der Korrosion primär gebildeten Eisen(II)-Ionen unter Bildung eines schwerlöslichen Niederschlags weiter reagieren.

Fe2+ + 2 HCO3- ———> FeCO3 + H2O + CO2

(Dieses Eisen(II)-carbonat gibt es übrigens auch als natürliches Mineral: Eisenspat oder Siderit).
Der Niederschlag entsteht an der Eisenoberfläche, schließt sie ab und verhindert den weiteren Zutritt von Wasser, Sauerstoff oder Säureprotonen. Letztere dürfen nur in geringer Konzentration vorliegen, denn Eisencarbonat ist nur in einem engen pH-Bereich um 7 stabil (-> Graphik 2 in Webseite). Man nennt diesen Selbstschutz von Eisen "Passivierung". Bei längerer Einwirkung der korrosionsfördernden Umgebung oxidiert das Eisen(II)-carbonat allerdings unter Bildung von kompliziert aufgebauten Eisen(III)-hydroxidcarbonaten. Dann beginnt auch hier das Rosten - allerdings geht das wesentlich langsamer als in carbonatfreiem Wasser.


Wie pH-Wert und Redoxlage das Korrosionsgeschehen beeinflussen
Diese Zusammenhänge beschreiben wir auf einer besonderen Webseite.

Korrosion und Umwelt
Korrosionsschäden treffen nicht nur das Werkstück, sondern auch die Umgebung. Beispielsweise werden Schwermetalle wie Zink, Cadmium und Chrom, die als Oberflächenschutz dienen sollten, mobilisiert. Aber auch Eisen(II)-Salzlösungen, die die Sauerstoffbilanz von Gewässern stören und diese versauern, gelangen in die Umwelt.


Korrosionsschutz
Wegen der volkswirtschaftlichen Schäden hat man eine Vielzahl von Maßnahmen zum Korrosionsschutz entwickelt. Diese sind kurzgefasst:
- Korrosion kann man präventiv durch angepasste Materialauswahl verhindern.
- Korrosion betrifft in erster Linie die Metalloberflächen. Deshalb schützt man sie durch allerlei Überzüge.
- Der Korrosion als Redoxphänomen kann man auch begegnen, indem man die Abgabe von Eisen-Ionen oder von Elektronen verhindert.


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Letzte Überarbeitung: 09. Februar 2016, Fritz Meiners