Verkieselung von Fossilien

Hier geht es nicht darum, dass Kieselsäure in Form von Feuerstein Hohlräume von Fossilien wie den Seeigeln oder Austern ausfüllt.

Hier geht es um viel Kompliziertes: Wenn Reste von Kieselalgen oder von Kieselschwämmen verwittern, bildet sich Kieselsäure (H4SiO4) mit ihren Salzen. Diese imprägnieren die Fossilien, diffundieren also in und sogar durch ihre Schalen und verdrängen dabei nach und nach entsprechend der Regeln des chemischen Gleichgewichts die ursprünglich vorhandenen Mineralien, vor allem Aragonit bzw. Calcit. Formal kann man das so beschreiben:

Zunächst bilden sich Silicate.

Überschüssiges Wasser zersetzt in einer simultan ablaufenden Gleichgewichtsreaktion die Silicate und überführt sie letztlich in Quarz (SiO2). Diese Reaktion nennen die Spezialisten „Hydrolyse“.

Der Quarz fällt an der Stelle aus, an der sich vorher der Calcit befand. Auf diese Weise ersetzt („substituiert“) der Quarz die Mineralien des Fossils und bildet dessen Form perfekt nach.

Dieser Mechanismus spielt vor allem bei Fossilien aus der Kreidezeit eine Rolle.

Aber auch im Jura oder im Tertiär findet man Ähnliches. Hier allerdings stammen Kieselsäure und Silicate aus der Verwitterung der im Mergel enthaltenen Tonmineralien.

Ein bekanntes Beispiel ist der Korallenschutt von Nattheim. Die äußerst stabilen, verkieselten Korallen bleiben auch bei der vollständigen Verwitterung der Steine im lockeren Mergelboden zurück. Man braucht bloß in der Gegend zu graben, um auf die herausgewitterten Korallen zu stoßen. Deshalb trifft man in den Wäldern um Nattheim auf viele Grabungslöcher, die an Granattrichter aus Kriegszeiten erinnern – wie etwa um Verdun
Das folgende Bild zeigt eine Nattheim-Stufe mit Fossilienschutt. Bemerkenswert ist neben kompletten Korallen auch die verkieselte Seeigelschale.

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Bild 1: Verkieselte Korallen und Seeigel (Malm; Nattheim). Durchmesser der Stufe 4 cm
(Foto: Blume)


Gleiches gilt für die Verwitterung von Mineralien wie Glaukonit, wobei sich oftmals parallel zur Verkieselung der Fossilien noch Bohnerz bildet. Ein Beispiel sind die verkieselten Brachiopoden (Terebrateln), die man auf der Schwäbischen Alb oder auch in Südfrankreich finden kann.

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Bild 2: In Verkieselung begriffener Brachiopode (Terebratula) aus dem Malm (Schwäbische Alb). Länge 2 cm
(Foto: Blume)


Das Bemerkenswerte ist, dass im Verlauf der Verkieslung ringförmige Strukturen entstehen. Die erinnern an periodische Strukturierung wie bei den Liesegangschen Ringen. Solche Strukturen erkennt man auch auf der Austernschale im folgenden Bild.

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Bild 3: Verkieselte Auster (Tertiär, Narbonne/Frankreich. Länge 3 cm)
(Foto: Blume)


Bei diesem Bild wird deutlich, dass es sich bei der Verkieselung um die periodische Bildung von dreidimensionalen kugeligen Strukturen handelt.


Wie sich Korallenkelche mit der Zeit verändern
Das folgende Bild zeigt die Kelche von ein und derselben Korallenart, Parasmilia, in verschiedener Erhaltung. Man findet diese Einzelkelch-Koralle auf der dänischen Insel Møn. Sie stammt aus der obersten Formation der Oberkreide, dem nach der niederländischen Stadt benannten „Maastricht“.

Bild 4: Verschiedene Erhaltungszustände von Korallen (Parasmilia: Oberkreide). Länge 3 cm
(Foto: Blume)


Die Koralle (1) zeigt den in der Kreide eingelagerten Originalkelch. Er besteht wie die meisten Korallenskelette aus Dolomit, einem Mischcarbonat mit der Formel CaCO3 · MgCO3. Es zersetzt sich verglichen mit Kalkstein weniger gut in Salzsäure, zeigt die Zersetzung aber deutlich, wenn man die Salzsäure erwärmt.

Da in der Kreide viele silicatische Anteile vorhanden sind, kann Kieselsäure den Originalkelch imprägnieren und dabei den Dolomit verdrängen. Das ist der Fall bei dem Kelch (2). Der ist in Säure völlig unlöslich und besteht aus Feuerstein.

Jedoch kann aber auch die Schale erhalten bleiben, und nur der Innenraum füllt sich mit der Vorstufe von Feuerstein, einer Art Kieselgel. Wenn dann die Koralle vom Meer hin und hergerollt wird, wird die äußere Schale abgeschliffen, und man findet dann die hübschen Innenkerne (3) – ebenfalls aus Feuerstein.


Die Kreide-Belemniten
Normale Jura-Belemniten lassen sich vollständig in Salzsäure zersetzen. Bei den honiggelben Belemniten aus den Kreidefelsen dagegen stellt man fest, dass ein glasiger Rest zurückbleibt. Hier hat eine Umkristallisation durch eindringende Kieselsäure stattgefunden.

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Bild 5: Mit Salzsäure angeätzter Kreide-Belemnit. Länge 8 cm
(Foto: Blume)


Verkieselte Hölzer
Besonders attraktiv sind verkieselte Holzfossilien. Die berühmten Vorkommen in Arizona/Nordamerika (Petrified Forrest) sind entstanden, weil Lava-Asche große Wälder zugedeckt hat. Aber auch eine Abdeckung mit Sand kann vorausgegangen sein.

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Bild 6: Links: Dieses Holzstück liegt im Senne-Sand und ist bereit zur Verkieselung.
Rechts: Verkieseltes Holzstück aus dem Sandstein des Keupers (Süddeutschland)
(Fotos: Blume)


Der Sand bzw. der Lava-Tuff zersetzten sich und gaben dabei Silicate frei, die das Holz imprägnierten. Zunächst entstanden auf dem Holz grobe Bergkristalle, wie auf dem folgenden Bild zu sehen ist.

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Bild 7: In Verkieselung begriffenes Stück Mooreiche aus einer Sandgrube
(Länge 17 cm; Tertiär)
(Foto: Blume)

Die organische Materie wurde nach und nach durch Kieselsäure ersetzt. Dabei wurden selbst die feinsten Strukturen nachgebildet. Man erkennt auch noch die Jahresringe und Astlöcher. Hinzu kommen die erstaunlich variablen Färbungen der silicatischen Gesteine durch Fremd-Ionen wie die von Eisen. Das macht diese Hölzer so attraktiv für Sammler und auch für Leute, die sonst mit dem Sammeln kaum etwas am Hut haben. Entsprechende Stücke sieht man deshalb auf jeder Steinbörse.

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Bild 8: Verkieseltes Holz. Durchmesser 6 cm
(Foto: Blume)


Das folgende Bild zeigt ein Stück verkieseltes Holz, bei dem man sogar die feinen Holzfasern ablösen kann. Man erkennt sogar die Bohrlöcher von Insekten mit deren bröselig-versteinertem Kot.

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Bild 9: Verkieseltes Holz aus Australien. Länge 11 cm
(Foto: Blume)


Verkieseltes Holz gibt es übrigens auch in Deutschland, z. B. in den Sandsteinen aus Keuper- oder Permformationen. Da reicht es oftmals aus, in entsprechenden Gegenden mit offenen Augen über abgeerntete Felder zu gehen und nach herausgewitterten Lesesteinen Ausschau zu halten.


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Letzte Überarbeitung: 18. Februar 2013, Dagmar Wiechoczek