Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 388
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2096
F: Sie haben mich schon oft beruhigen können, und hoffe wieder auf Ihre Hilfe. Weiß aber nicht, ob Diterpenester überhaupt ihr Gebiet sind. Diesmal geht es um den Christusdorn. Auf Wikipedia habe ich folgenden Eintrag über die Pflanze Christusdorn gefunden, der mir leider noch mehr Angst macht.
"Laut einer Untersuchung des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit soll die im Pflanzensaft von Euphorbia lomi und Euphorbia leuconeura enthaltene Substanz Diterpenester durch die Aktivierung von Krebszellen in Verbindung mit einem anderen krebserregenden Stoff als Tumor-Promotor wirken können. Daher solle man beim Umgang mit diesen Pflanzen darauf achten, dass kein Milchsaft auf die Haut gelange.-"
Nun ist Folgendes passiert: Ich bin in großer Sorge, weil mein Kind gestern mit dem Kopf gegen einen Christusdorn gelaufen ist. Der Arzt hat keine Stacheln gefunden. Ich habe aber dennoch Angst, dass eventuell ein Dorn in seinem Kopf geblieben ist und von dort aus Giftstoffe absondert bzw. weiter in seinen Schädel wandert. Ist das Gift überhaupt in den Stacheln? Sein Haar hat sicherlich mit den toxischen Blättern Berührung gehabt. Ich hoffe sehr, dass Sie kurz Zeit finden, um meine Sorge zu entkräften. Mein Arzt ist leider ratlos.


A: Ich kann Sie wieder einmal beruhigen: Es stimmt zwar, dass der weiße Saft einiger Wolfsmilchgewächse toxische Diterpenester enthält, so auch der Christusdorn. Nach meinen Informationen sind - wenn überhaupt - hauptsächlich nur allergische Reaktionen zu erwarten.

Der Literatur nach wird Krebs vor allem dort beobachtet, wo Euphorbia-Arten zum täglichen Speiseplan gehören oder zum Würzen oder zur Lackherstellung genutzt werden, wo also lang anhaltender Kontakt mit großen Mengen der toxischen Substanzen erfolgt.

Beobachten Sie also die Wunde und achten Sie darauf, ob sie sich entzündet oder sonstige Auffälligkeiten zeigt. Ansonsten gilt: Abhaken und zur Tagesordnung übergehen, vor allem die Kinder nicht beunruhigen. Ich habe jahrelang einen Christusdorn gehabt und nie etwas Entsprechendes erlebt, auch nicht meine zwei Söhne, die robust mit Pflanzen umgingen.


2097
F: Vielen Dank für Ihre tolle und spannend gestaltete Seite!

Den Artikel über das Gift der Eibe fand ich als Gartenfan besonders interessant. Eine Frage habe ich dazu noch:

Wenn Teile der Eibe (Nadeln, Früchte, Holz) im Erdreich sind, 'vergiften' diese das Erdreich für andere Pflanzen, insbesondere Nutzpflanzen?
Können andere Pflanzen das Gift der Eibe aufnehmen und damit selber giftig werden?
Oder zersetzt der Giftstoff sich im Boden so, dass er unschädlich wird?

Hintergrund meiner Frage: In meinem Garten stehen zwei extrem stark nadelnde Eiben, deren Nadeln überall herumliegen. Nun werden die Eiben bald gefällt (mit einem Kleinkind im Haus stellen sie eine zu große Gefahr dar), und ich würde den Garten (sowohl die Stellen, an denen die Eiben nun noch stehen, als auch die 'nur benadelten' Teile des Gartens) gerne künftig mit Nutzpflanzen (Beerensträuchern, essbaren Kräutern etc.) bepflanzen. Aber natürlich möchte ich meine Familie und mich dann nicht mit, sagen wir mal z.B., dem ersten, stolz hergestellten Johannisbeergelee vergiften! :-D

Ich wäre Ihnen für eine Antwort wirklich sehr dankbar. Ganz herzlichen Dank für Ihre Mühe und Ihre tolle Seite!


A: Sie meinen diese Webseite. Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn das Kind nicht gerade an den Zweigen nuckelt, dürfte das Ganze weniger gefährlich sein. Übrigens schmecken Holz und Nadeln dem Vernehmen nach überhaupt nicht gut.
Ich würde deswegen den schönen Baum auch nicht fällen. Die Eibe war früher einmal der Hauptnadelbaum in Mitteleuropa, und die Menschheit hat´s überlebt. Kinder müssen schließlich lernen, dass sie nicht alles probieren dürfen. Es gibt schließlich noch mehr Giftiges in der Natur und in den Gärten - Efeu, gefleckten Schierling, Goldregen, Liguster, Pfaffenhütchen, Kirschlorbeer
Nach einiger Zeit zersetzt sich das Giftgemisch in den abgefallenen Nadeln durch die Tätigkeit von Bodenbakterien und Pilzen.
Wenn Sie die Eibe schneiden, sollten Sie das frische Grün allerdings sorgfältig entsorgen.


2098
F: Mein sehr interessierter und kritischer Chemie-Kurs (Q2, Gymnasium) möchte genau erklärt bekommen, wie der positive induktive Effekt einer Methylgruppe zustande kommt.
Die entsprechenden Internetseiten und meine Fachbücher beschränken sich darauf, festzustellen, dass Methylgruppen einen +I-Effekt ausüben. Wie dieser Effekt genau zustande kommt bei der relativ schwach polaren C-H-Bindung, wird nicht erklärt. Die Tatsache, dass die Geschwindigkeit einer elektrophilen Addition mit Ethen 13 mal langsamer verläuft als mit 2,3-Dimethyl-2-buten, kann doch nicht nur an den vier Methylgruppen liegen, oder?


A: Ein +I-Effekt heißt, dass ein Atom Elektronen zum Nachbaratom schiebt. Ein -I-Effekt bedeutet den Abzug von Elektronen.

Induktive Effekte beruhen auf den unterschiedlichen Werten der Elektronegativität (EN) der Elemente, die an einer chemischen Bindung beteiligt sind. Unter EN versteht man bekanntlich das Bestreben eines Elementes, Elektronen zu sich heranzuziehen. Je größer die EN, desto mehr zieht das Element zu sich Elektronen heran.

Beispiel Methylgruppe: Die EN-Werte sind C = 2,5 und H = 2,2. Der geringe EN-Unterschied reicht völlig aus, um Elektronen von den H-Atomen zum C-Atom zu schieben. Damit wird das C-Atom negativ polarisiert; es hat somit einen +I-Effekt auf das benachbarte C-Atom. Methylgruppen sind gegenüber benachbarten C-Atomen Elektronen-Donatoren.

Zu Ihrem Vergleich der AE von Ethen und 2,3-Dimethyl-buten:
Die EN ist keine absolute Größe, sondern hängt vom Bindungsgrad des Kohlenstoffs ab. Je mehr Atome an ein C-Atom gebunden sind, desto größer ist seine EN. Die sp2-hybridisierten C-Atome besitzen deshalb eine niedrigere EN als ein sp3-hybridisiertes C-Atom. Das beschreibe ich in dieser Webseite.

Die vier Methylgruppen im 2,3-Dimethyl-buten haben somit gegenüber den C-Atomen der zentralen Doppelbindung stärkere +I-Effekte als die 4 H-Atome des „nackten“ Ethens. Deshalb werden beim 2,3-Dimethyl-buten verstärkt Elektronen in die zentrale Doppelbindung geschoben. Damit erfolgt die AE rascher als beim Ethen, da sie ja durch ein Elektrophil (wie z. B. Br+) eingeleitet wird.

Außerdem muss man noch bedenken, dass die vier voluminösen Methylgruppen das Andocken von ebenfalls stark voluminösen Substituenten wie Brom sterisch behindern, was sich negativ auf die Reaktionsgeschwindigkeit auswirkt.


2099
F: Ich bin Studentin der Chemie und soll Ende der Woche einen Vortrag über Indikatoren halten. Meine Frage: Für einen Versuch soll ich m-Nitrophenol nutzen. Ich weiß aber gar nicht so genau, wozu das gut ist...ist es ein Indikator? Ich finde bisher auf ihrer Seite nur o- und p-Nitrophenol, die scheinbar Indikatoren sind. Das m-Nitrophenol ist ja unglaublich teuer, gibt es dafür denn noch einen Ersatz? Mein Assistent will mir max. 500mg m-Nitrophenol geben, daher die Frage, ob es einen Ersatz gibt.

Vielen Dank für Ihre Hilfe! Ihre Seite ist ein wahrer Schatz!


A: Es handelt sich bei m-Nitrophenol um einen Säure/Base-Indikator mit dem Umschlagsbereich 7,0 - 8,4. Man beobachtet nur einen Farbumschlag von Farblos (Sauer-Neutral) nach Gelb (Alkalisch). Mit 500 mg können Sie eine Menge Lösung herstellen. Achtung: m-NP ist wie auch die anderen Nitrophenole gesundheitsschädlich, vor allem ein starkes Allergen.

Für den Fall, dass eine wässrige Lösung gewünscht wird: Da m-NP schlecht löslich ist in Wasser, müssen Sie erst die 500 mg in 10-20 ml Methanol oder Ethanol vorlösen und dann mit nicht zu wenig Wasser auf die gewünschte Menge verdünnen.


2100
F: Für die Hydrolyse von Saccharose braucht man nur katalytische (kleine) Mengen Säure. Nun gibt es auch Reaktionen für die man molare Mengen an Katalysator einsetzen muss.
Welcher Art muss eine Reaktion bzw. deren Mechanismus im Allgemeinen sein, sodass eine katalytische (kleine) Menge bzw. eine molare Menge an Katalysator erforderlich ist (Bspl.: saure Esterhydrolyse katalytische Menge Säure, alkalische (Verseifung) molare Menge Base)?


A: Die Definition von Katalysatoren lautet bekanntlich:

Ein Katalysator ist ein Stoff, der eine mögliche Reaktion hervorruft, ihre Geschwindigkeit verändert oder sie in eine bestimmte Richtung lenken kann, der jedoch in der Gleichung des resultierenden Umsatzes nicht auftritt.

Dass bei der sauren Hydrolyse molare Säuremengen eingesetzt werden müssen, ist mir neu. Sie meinen wahrscheinlich, dass bei der sauren Hydrolyse von Fetten Carbonsäuren R-COOH entstehen, deren Protonen von der katalysierenden Säure zur Verfügung gestellt werden. Das H in R-COOH stammt jedoch aus dem Wasser als eigentlichem Reaktionspartner:

R-COO-R´ + H2O ———> R-COOH + R´-OH

Die Säureprotonen sind Katalysator. Sie polarisieren die von vornherein schon (wenn auch nur schwach) polarisierte CO-Gruppe und machen das C-Atom bereit für den nukleophilen Angriff des polaren Wassermoleküls. Das Proton wird zurückgewonnen.

Hier beschreiben wir den Mechanismus.

Anders ist es bei dem von Ihnen gewählten Beispiel „Alkalische Verseifung“. Beim Hydroxid-Ion handelt es sich nicht um einen Katalysator, sondern um einen echten Reaktionspartner.

R-COO-R´ + OH- ———> R-COO- + R´-OH

Die Hydroxid-Ionen sind so stark polar, dass sie anstelle der Wassermoleküle das C-Atom der CO-Gruppe angreifen. Eine Reaktionsvermittlung durch einen Katalysator ist hierbei nicht vonnöten. Es werden soviel Hydroxid-Ionen verbraucht, wie Säure-Anionen entstehen.

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Letzte Überarbeitung: 16. November 2014, Dagmar Wiechoczek