Saccharose – Das bekannteste Disaccharid
Experimente:
Versuch: Gewinnen von Zucker aus Zuckerrüben
Versuch: Fehling-Reaktion mit Mono- und Disacchariden
Versuch: Hydrolyse von Saccharose
Versuch: Zuckerglas
Versuch: Polyurethan auf der Basis von Kohlenhydraten
Spricht man von „Zucker“, so meint man in den allermeisten Fällen Saccharose, Haushaltszucker. Es gibt ihn in vielen Arten und Formen: Als braunen oder als weißen Kandiszucker, gepresst als Zuckerwürfel oder Zuckerhut oder auch feinkristallin als Puderzucker. Andere Namen sind je nach Herstellung Rübenzucker, Rohrzucker.
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Bild 1: Zuckerrohr - so weit das Auge reicht!
Große Felder auf Mauritius
(Foto: Daggi)
Schon allein aufgrund ihrer nicht zu aufdringlichen Süße und ihrer relativ einfachen Herstellbarkeit
ist die Saccharose konkurrenzlos, so dass sie das im Haushalt gebräuchlichste Disaccharid geworden ist. Im
Haushalt dient sie vorwiegend als Süßungsmittel. Hinzu kommt (aufgrund
ihres osmotischen Effekts) die Nutzung zum Konservieren von Lebensmitteln: Sie entzieht Mikroorganismen das
Zellwasser, so dass die inaktiviert werden. Das hält z. B. Marmeladen und Früchte frisch. Durch
Erhitzen stellt man aus Saccharose Zuckercouleur und Karamell her.
Saccharose ist in fast allen Früchten und auch sonst in allen Pflanzensäften enthalten (Biosynthese). Allerdings ist ihre Konzentration in keiner Pflanze so hoch wie im Zuckerrohr oder in der Zuckerrübe. Diese stellen die Hauptlieferanten der Saccharose dar. Aber auch Palmen und Süßkartoffeln enthalten sehr viel davon.
Jeder kennt die Kristalle des Kandiszuckers
Die „Kluntjes“ haben schon viele Kinder zum Spielen und vielleicht auch zum Nachdenken angeregt.
Die Kristalle, übrigens ein Beispiel für Molekülkristalle,
gehören der monoklinen Kristallklasse an, also der gleichen
wie der der Gipskristalle. Die Kristalle erinnern ein wenig an kleine Särge.
Bild 2: Vielfalt von Kandiszucker-Kristallen
(Foto: Daggi)
Ihre Vielfalt ist bemerkenswert. Unabhängig von der Größe der Flächen sind jedoch alle Winkel
identisch. An ihnen kann man im Unterricht deshalb sehr schön das Gesetz
von Steno von der Winkelkonstanz herleiten.
Chemischer Aufbau von Saccharose
Saccharose ist ein Disaccharid. Es besteht aus den Grundeinheiten a-D-Glucose
und ß-D-Fructose. Bei dieser Art von Verknüpfung handelt es sich um ein Vollacetal.
Seine Bildung erfolgt hierbei über eine (a-1 -> ß-2)-glykosidische
Bindung. Weil beide Monosaccharide über ihre „aktiven“ C-Atome miteinander verbunden sind, wirkt
Saccharose nicht reduzierend.
Es handelt sich hier also um eine glykosidische Bindung, die die reduzierenden funktionellen Gruppen maskiert. Saccharose reagiert deshalb nicht mit Fehling-Lösungen.
Zu Verständnisschwierigkeiten bei der Konstruktion der Strukturformel der Saccharose lies auch Wie graphisch aus Glucose und Fructose Saccharose wird: Anmerkungen zu den gedrehten Strukturformeln.
Zuckerspaltung
Durch die hydrolytische Spaltung dieses Disaccharids erhält man Glucose und Fructose; gerade
letztere wird besonders aus Saccharose hergestellt. Das funktioniert in vitro (lat.
„im Glas“) nur unter Säurekatalyse; man muss dazu die Saccharose mit einer verdünnten
Säure erhitzen. Der Zucker wird aber auch im Darm (in vivo; lat. für „im Lebenden“)
durch das Enzym „Invertase“ sehr leicht zerlegt. Man spricht von Rohrzucker-Inversion; die
Produktmischung heißt Invertzucker.
Interessant ist hierbei, dass Saccharose die ungewöhnliche ß-D-Fructofuranose enthält, nach der Spaltung allerdings ß-D-Fructopyranose als normale Fructoseform entsteht.
Warum wird die resultierende Zuckermischung Invertzucker genannt? Die Inversion („Umkehrung“) betrifft den Drehwinkel des polarisierten Lichtvektors. Saccharose weist eine spezifische Drehung [a]D = + 66,5° auf. Die durch Hydrolyse gebildete D-Glucose hat eine Drehung von [a]D = + 52,7°, die D-Fructose [a]D = - 92,4°. Daraus folgt für die spezifische Drehung der resultierenden Produktmischung:
[a]D = + 52,7° + (- 92,4°) = - 19,8°
Wegen der Linksdrehung des polarisierten Lichts wird die Fructose auch als Lävulose bezeichnet (lat. laevus, links).
Saccharose ist ein nachwachsender Rohstoff
Saccharose wird auch als nachwachsender Rohstoff
(„Non Food Material“) industriell genutzt. So ist sie Ausgangsstoff für diverse Kunststoffe. Sie
dient allerdings auch zur Herstellung von verschiedenen organischen Verbindungen wie Sorbit oder
Zuckersäuren. In Form von Palmitinsäureestern wird sie sogar als nicht-ionisches, hautschonendes und
biologisch leicht abbaubares Tensid (z. B. im PRIL® enthalten) genutzt.
Durch Vergärung von Saccharose stellt man „Bioethanol“ her, der weniger zum Trinken dient als zur Produktion von „Biosprit“. Riesige Monokulturen von Zuckerrohr in Brasilien, für die man sogar Regenwälder gerodet hat, künden von diesem uns als umweltgerecht angepriesenen Irrsinn.
Saccharose kann auch unerwartete Bedürfnisse befriedigen. So kann man es zum Recyceln von Bleiakku-Schrott benutzen. Sie ist nämlich in alkalischem Milieu in der Lage, schwerlösliche Bleiverbindungen unter Komplexbildung löslich zu machen.
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