Was hat Ammoniak mit Amerikanern zu tun?

Experimente:
Versuch: Ammoniak aus Hirschhornsalz


Wir meinen hier nicht die Leute aus Amerika, sondern das Gebäck namens "Amerikaner". Das sind die runden Kuchen, die man beim Bäcker kaufen kann.

(Foto: Blume)

So ein Amerikaner hat eine besondere Konsistenz - die verdankt er einem speziellen Backpulver: Ammoniumhydrogencarbonat. Wenn man das erhitzt, spaltet es oberhalb von etwa 60 °C Ammoniak, Wasser und dazu noch Kohlenstoffdioxid ab.

NH4HCO3 ———> NH3 + H2O + CO2

All das macht den Teig locker und sorgt dafür noch für eine besondere Geschmacksnote. Die ist glücklicherweise nicht Ammoniak - aber bei stärkerer Backhitze bilden sich besondere Aromen.
Man nannte die Kuchenstücke deshalb zunächst Ammoniakaner - das war aber recht anrüchig - dachte man bei Ammoniak doch eher an ätzenden Salmiakgeist oder an ein schlechtgelüftetes Männerklo... Irgendwie hat sich dann der Begriff "Amerikaner" eingeschlichen. Vielleicht hat ja auch irgendjemand das Wort "Ammoniakaner" einfach nicht mehr aussprechen wollen oder gar schreiben können.

Ammoniumhydrogencarbonat nennt man auch Hirschhornsalz. Woher stammt der Name? Hirschgeweihe bestehen vor allem aus Proteinen. Man hat früher Hirschgehörn erhitzt und die zurückbleibende Asche ausgelaugt. Auf diese Weise extrahierte man ein Salz - eben das Hirschhornsalz, das in seiner Zusammensetzung an die wichtigsten Elemente der Proteine erinnert: C, H, O und vor allem N. (So ähnlich machte man es auch zur Gewinnung von Pottasche.)
Übrigens soll das Hirschhornsalz auch Ammoniumcarbamat enthalten. Das bildet beim Erhitzen ebenfalls CO2 und Ammoniak.

[NH4]+[NH2COO]- ———> 2 NH3 + CO2

(Zur Chemie der Carbamate, der Salze des Kohlensäureamids, klicke hier.)

PS: Das normale Backpulver enthält übrigens vor allem Natriumhydrogencarbonat. Das hat der Dr. Oetker erfunden. Man müsste deshalb bei den damit hergestellten Backwerken logischerweise von "Dr. Oetkeranern" sprechen...


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Letzte Überarbeitung: 22. Juli 2010, Dagmar Wiechoczek