Prof. Blumes Tipp des Monats April 2003 (Tipp-Nr. 70)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Chemie mit Kaisernatron® *)

In vielen Haushalten findet man es: Kaisernatron. Damit lässt sich viel Chemie lehren und lernen, auch in Kindergärten, Grundschulen, Teutolabs und so weiter... Denn Kaisernatron ist völlig ungefährlich. Zum Experimentieren benötigen die Kinder keine Schutzbrille und keine Handschuhe. Denn die trägt man ja auch nicht bei der Küchenarbeit. (Ausnahme ist der Versuch 3; den kann man aber zeigen.)


Woraus Kaisernatron besteht
Um das zu untersuchen, erhitzen wir Kaisernatron wie in den folgenden drei Versuchen beschrieben.

Versuch 1: Flammenfärbung mit Kaisernatron
Dazu halten wir mittels eines Löffels eine Probe des Kaisernatrons in eine mehr oder weniger farblose Gasflamme. Wir beobachten, dass die Flamme sattgelb aufleuchtet.

Beobachtung 1: Anhand der gelben Flammenfärbung erkennen wir das Natrium.
Die gelbe Farbe kennt ihr auch von den Natriumdampflampen. Die stehen an gefährlichen Straßenkreuzungen oder -einmündungen zu deren Beleuchtung.

Versuch 2: Erhitzen von Kaisernatron
Wir füllen ein Reagenzglas zu einem Drittel mit Kaisernatron. Das Glas verschließen wir luftdicht mit einem vorgedehnten Luftballon, den wir am oberen Rand des Gläschens befestigen. Dann erhitzen wir das seitlich eingespannte Reagenzglas.

Bild 1 (Fotos: Daggi)


Beobachtung 2: Beim Erhitzen von Kaisernatron entsteht ein Gas. Außerdem beobachten wir an den kühlen Stellen des Reagenzglases Kondenswasser.

Versuch 3: Untersuchung des Gases
(Ausnahmsweise: Schutzbrille aufsetzen!)
Wir leiten das Gas in frisch zubereitetes Kalkwasser (C).

Beobachtung 3: Es bildet sich ein weißer Niederschlag.
Diese Niederschlagsbildung ist typisch für Kohlenstoffdioxid CO2, ein (in weiten Grenzen) unbedenkliches Gas.

Wir schließen aus unseren Versuchen: Kaisernatron ist ein Natriumcarbonat. Carbonate sind Salze der Kohlensäure. Davon gibt es zwei Arten. Genau genommen ist Kaisernatron Natriumhydrogencarbonat. Es heißt auch Natriumbicarbonat oder kurz Natron. Für Kenner schreiben wir auch seine chemische Formel hin:

NaHCO3

Die Ergebnisse der Versuche 2 und 3 müssen wir noch erklären: Beim Erhitzen zersetzt sich Kaisernatron, wobei sich Natriumcarbonat Na2CO3 bildet.
Für Spezialisten unter Euch schreibe ich die chemische Reaktionsgleichung hin. Das ist aber nur etwas für Fortgeschrittene und für Anfänger keine Voraussetzung zum Verstehen dieses Tipps des Monats!

2 NaHCO3 + Energie ———> Na2CO3 + H2O + CO2

Natriumcarbonat ist übrigens die bekannte Soda.

Kaisernatron ist ein völlig ungefährlicher Stoff, der sogar in der Küche bei der Zubereitung von Speisen eine Rolle spielt. Deshalb nennt man es auch Speisenatron oder (wie wir gesehen haben) nicht ganz richtig Speisesoda. Denn Soda ist ja Natriumcarbonat. Alle Bestandteile von Kaisernatron sind in gelöster Form sogar auch im Blut enthalten!

Verwechseln darf man Natron aber nicht mit Natronlauge oder Natriumhydroxid - das sind schlimm ätzende Alkalien, enthalten zum Beispiel in Produkten wie Rohrfrei.

Der Kaisernatron-Packung liegt ein Ratgeber bei. In dem lesen wir einmal nach, wofür man Kaisernatron gebrauchen kann:


Zum Backen
Wir haben ja gesehen: Wenn man Kaisernatron erhitzt, setzt es CO2 frei. Das haben wir in Versuch 2 anhand eines Luftballons gezeigt. Beim Backen bläht das Gas den Teig auf.

Versuch 4: Erhitzen von Teig mit und ohne Kaisernatron-Zusatz
Wir wiegen gleiche Mengen Mehl ab, z. B. 30 g. Zu einer Mehlprobe geben wir 5 g Kaisernatron. Dann versetzen wir die beiden Mehlportionen mit gerade soviel Wasser, dass sich aus der Mischung ein Teig kneten lässt.
Den geben wir in einen Backofen. Wenn wir den hochheizen, sehen wir schon nach wenigen Minuten, dass sich die beiden Teigarten unterschiedlich verhalten. Der mit dem Kaisernatron bläht sich auf.

Bild 2: Teig nach dem Backen, links ohne und rechts mit Kaisernatron
(Foto: Daggi)


Deshalb ist Kaisernatron auch in Backpulvern enthalten.


Mit Kaisernatron kann man auch eine Kerze löschen

Versuch 5: Löschen einer Kerze mit Hilfe von Kaisernatron
In ein breites Glas setzen wir eine Kerze und streuen darum nicht zu wenig Kaisernatron. Die Kerze entzünden wir. Dann gießen wir vorsichtig Essigsäure oder Zitronensaft auf das Kaisernatron.

Bild 3 (Foto: Daggi)


Nach kurzer Zeit verlischt die Kerze aufgrund des freigesetzten Kohlenstoffdioxids. Das entsteht, wenn man zu Carbonaten eine Säure gibt.

NaHCO3 + Essigsäure ———> Natriumacetat + H2O + CO2

Man kann die Kerzenflamme auch löschen, indem man das bei der Hitze-Zersetzung von Kaisernatron frei werdende CO2 (-> Versuch 2) statt in einen Ballon in das Glas mit der brennenden Kerze leitet. Das entsprechende Feuerlöschermodell beschreiben wir auf einer Extra-Webseite.


Mit Kaisernatron wird Rotkohl zu Blaukraut

Versuch 6: Kaisernatron in Rotkohlsaft
In Wasser geben wir eine Spatelspitze Kaisernatron und lösen es auf. Dann tropfen wir nicht zu viel Rotkohlsaft zu und vermischen gut. Er färbt sich blau.

Wenn wir Kaisernatron in Rotkohlsaft geben, wird der also blau. Das wird dann das bayerische Blaukraut - das mögen die Norddeutschen nicht. Die nehmen lieber Essig oder saure Äpfel wie den frischen Boskop.

Woran liegt es, dass der Rotkohl mit Kaisernatron blau wird?


Lösungen von Kaisernatron reagieren schwach alkalisch

Versuch 7: pH-Wert von Kaisernatron
Mit einem Indikatorpapier bestimmen wir den pH-Wert von einer 10%igen Kaisernatron-Lösung. (Wir können natürlich auch ein pH-Meter nehmen.)

Das Kaisernatron reagiert in Lösung ganz schwach alkalisch; der pH-Wert liegt bei 8. Die Erklärung ist schon schwieriger. Aber vereinfacht können wir sagen: Der Grund liegt in einer (wenn auch bei Zimmertemperatur nur in geringem Umfang ablaufenden) Reaktion des Hydrogencarbonats mit Wasser.

2NaHCO3 + H2O ———> Na2CO3 + H2O + CO2

Das Natriumcarbonat Na2CO3 reagiert mit Wasser stärker alkalisch. Das kann man auch deutlicher machen: Wenn man zu viel Kaisernatron mit Rotkohl sogar kocht, kann sogar die blaue Farbe zerstört werden und ein Blaugrün taucht auf. Das weist auf steigende Alkalinität der Lösung, die durch das Kochen bedingt sein muss.


Beim Kochen werden Lösungen von Kaisernatron alkalischer
In heißem Wasser verliert Kaisernatron die Hälfte seines CO2; es bildet sich Soda mit der Formel Na2CO3.

2 NaHCO3 + Energie ———> Na2CO3 + H2O + CO2

Man kann auch sagen, dass das eigentlich neutral reagierende Kaisernatron Kohlensäure abdampft. Dadurch wird es basisch.

Die entstehende Soda reagiert mit Wasser unter Bildung von Natronlauge. Dadurch wird die Lösung alkalischer.

Na2CO3 + H2O ———> NaHCO3 + NaOH

Versuch 8: Zunahme der Alkalinität beim Kochen
Man gibt nicht zuviel Rotkohlsaft vor dem Kochen zu einer Lösung von Kaisernatron. Die Lösung wird blau. Dann kocht man die Lösung kurz auf. Der Saft färbt sich blaugrün.

Die alkalische Reaktion erklärt die Rolle von Kaisernatron beim Kochen von Hülsenfrüchten und härteren Gemüsearten.


Kaisernatron hilft beim Kochen von Hülsenfrüchten und Gemüse
Die stärkere Alkalinität hilft, Cellulose zum Quellen zu bringen. (Genauso wirkt auch die alkalische Lösung beim Papierrecycling.) Bei Hülsenfrüchten und bei härterem Gemüse werden damit die Schalen sowie die Pflanzenzellen besser aufschließbar.


Geruchsminderung mit Lösungen von Kaisernatron
Die Alkalinität erklärt auch, warum Kaisernatron Gerüche bindet.

Versuch 9: Weißkohl kochen
Man kocht zwei Kohlproben in Wasser. Zu einer gibt man vor dem Kochen einen Teelöffel Kaisernatron auf einen Liter Wasser. Der typische Kohlgeruch ist viel geringer als beim Kohlkochen ohne Zusatz von Kaisernatron.

Erklärung: Mit Hilfe der Alkalinität von kalten oder heißen Kaisernatron-Lösungen gelingt dem Sauerstoff aus der Luft besonders gut, viele Geruchsstoffe zu zerstören. Das betrifft besonders die schwefelhaltigen Substanzen aus dem Kohl. Die genauen chemischen Hintergründe hierzu finden Sie einer besonderen Webseite.

In der Anleitung zur Nutzung von Kaisernatron wird darauf hingewiesen, Kaisernatron nicht beim Kochen von Rotkohl zu verwenden. Der wäre dann zwar geruchsfrei, aber - wie wir gesehen haben - leider blaugrün geworden.


Kaisernatron hilft gegen Fußschweißgeruch
Aber auch festes Kaisernatron hilft beim "Desodorieren".
Das wollen wir ohne Versuch belassen... Betroffene können´s ja versuchen: Sie sollten täglich vorm Anziehen der Schuhe einen Teelöffel Kaisernatron in die Schuhe füllen und gut verteilen.
Der Grund ist zunächst, dass feste Carbonate hervorragende Adsorbentien sind. Das kennen wir schon von der Chemie mit der Kreide.

Die Erklärung: Schweißgeruch beruht auf freien Fettsäuren, die durch Bakterien und Pilze aus Fetten freigesetzt werden. Berüchtigt ist die Buttersäure... Nur diese so genannten Fettsäuren riechen streng, nicht jedoch ihre Salze, weil die nicht verdunsten und deshalb nicht in unsere Nase gelangen. Die Salze erzeugt man aus den Fettsäuren durch die Wirkung von Kaisernatron.

Fettsäure + NaHCO3 ———> Fettsäuresalz + Wasser + CO2

Die "Vernichtung" der Schweißsäuren erinnert uns an eine andere Verwendung von Kaisernatron.


Kaisernatron nimmt man auch gegen Säure im Magen
Im Magen ist Salzsäure enthalten. Manche Leute bilden zu viel davon und fühlen sich deswegen unwohl. Gegen die überschüssige Säure wird Kaisernatron empfohlen.

Versuch 10: Abpuffern von Salzsäure und anderen Säuren
Zu verdünnter Salzsäure geben wir Rotkohlsaft. Die Lösung ist tiefrot. Dann geben wir portionsweise festes Kaisernatron zu und lösen es jedesmal in der Salzsäure, bis sich die Farbe nicht mehr ändert. Achtung: Zu Beginn schäumt die Mischung stark auf! Das funktioniert auch mit anderen Säuren.

Bild 4: Salzsäure mit Rotkohlsaft vor und nach Zugabe von überschüssigem Kaisernatron
(Foto: Daggi)


Die Farbe des Rotkohlsafts geht immer mehr in Richtung von Rot über Lila nach Blau. Die Säure wird abgepuffert. Dabei wird CO2 frei. Wenn die Lösung blau ist, hört die Gasfreisetzung auf. Dann ist die Säure "vernichtet", also neutralisiert worden.
Das Abpuffern der Säure geschieht auch im Magen. Wegen des freiwerdenden Gases rülpsen wir manchmal...
Auf die gleiche Art wirken manche Heilwasser oder bicarbonathaltige Mineralwässer. Auch im Blut läuft das ab. In diesem Fall atmen wir das CO2 aus.


Das Freisetzen von CO2 durch Säuren kann man zur Herstellung von Sprudelgetränken nutzen

Versuch 11: Citronensprudel selbstgemacht
In Zitronensaft gibt man Kaisernatron. Es sprudelt; der Zitronensaft schmeckt auch nicht mehr so sauer.

Anders als mit Zucker (-> Versuch) ist hier die Säure tatsächlich wenigstens zum Teil "vernichtet", also abgepuffert worden.

Wenn du feste Säuren wie die Citronensäure oder die Ascorbinsäure (bekannt unter der Bezeichnung Vitamin C) mit Kaisernatron mischst, kannst du Brausepulver herstellen.

Versuch 12: Herstellen von Brausepulver
Mische 5 g Kaisernatron und 5 g Citronensäure-Monohydrat. Statt der Citronensäure kannst du auch Ascorbinsäure nehmen. Löse eine Probe davon in Wasser. Die Mischung schäumt beim Lösen stark auf. Probiere das Getränk.

Den Säuregeschmack kannst du durch Zugabe von Kaisernatron steuern. Je mehr du davon zugibst, desto weniger sauer schmeckt die "Limo".
In gepresster Form kannst du die Pulver als Tabletten (zum Beispiel "Cebion") oder als Limonadenwürfel kaufen.


Kaisernatron verringert die Wasserhärte
In Leitungswasser sind gelöste Calcium- und Magnesium-Salze enthalten, die beim Erhitzen des Wassers ausfallen und dann im Kochtopf oder am Tauchsieder starke Ablagerungen bilden. Außerdem stören sie den Waschvorgang. Wir sprechen von Wasserhärte. Ein Zusatz von überschüssigem Kaisernatron soll die Härte deutlich verringern.

Versuch 13: Leitungswasser enthärten
Zuvor bestimmen wir die Härte unseres Leitungswassers, zum Beispiel durch komplexometrische Titration. Anschließend werden in weiteren 100 ml Leitungswasser etwa 5 g Kaisernatron gelöst. Wir titrieren erneut.

Ergebnis: Die Wasserhärte hat sich um die Hälfte verringert. Kaisernatron bindet also tatsächlich die härtebildenden gelösten Calcium- und Magnesium-Salze, indem sie mit diesen einen schwerlöslichen Niederschlag bildet. Das geschieht aber nicht an den Heizstäben, sondern überall in der Lösung; deshalb bleiben diese sauber.

Ca2+ + 2 HCO3- ———> CaCO3 + H2O + CO2

Je mehr Kaisernatron man zugibt, desto effektiver ist die Enthärtung. (Für Kenner: Das Enthärten hat etwas mit dem Le Chatelier-Prinzip zur Verschiebung von Lösungsgleichgewichten sowie mit dem Löslichkeitsprodukt zu tun. Auf der Bindung von Calcium-Ionen beruht ja letztlich auch der Nachweis von Kohlenstoffdioxid mit Kalkwasser!)
Den Effekt der Wasserenthärtung beobachtet man übrigens auch bei Zusatz von Soda. Das ist nicht verwunderlich, da Kaisernatron und Soda miteinander "verwandt" sind. Die Soda setzt man deshalb Waschmitteln zu.


Geheimschrift mit Kaisernatron
Die Schülerin Charlotte v. Schönfeld wies mich vor kurzem auf eine völlig andere Verwendung von Kaisernatron hin:

Versuch 14: Geheimschrift mit Kaisernatron
Ich habe NaHCO3 "Kaiser" Natron (gegen und für alles und jeden, ein Wundermittel, wenn man der Verpackungsaufschrift Glauben schenken darf:-) ) in Wasser gelöst und damit auf zwei Filterpapiere geschrieben. Nun sollte ich einmal das Papier erhitzen (die Schrift kam zum Vorschein, wohl auch wegen des enthaltenen Kohlenstoffs?).
Beim anderen Versuch sollte ich das beschriebene Papier mit roten Malventee bestreichen. Die zuvor beschriebenen Stellen werden spontan und ohne Erhitzen blau-grün.

Die Versuche haben wir nachgemacht. Sie funktionieren tatsächlich, wie die folgenden Bilder dokumentieren. Statt Malventee nehmen wir natürlich unseren Rotkohlsaft.

Bild 5: Kaisernatronlösung auf Filterpapier.
Links Zeichnung mit ausgezogenen Tropfen, trocken auf einer Herdplatte erhitzt.
Rechts der Buchstabe K mit Rotkohlsaft besprüht
(Fotos: Daggi)


Die Erklärung der Versuchsergebnisse:
1. Beim ersten Versuch ist es nicht etwa der Kohlenstoff im Natron NaHCO3, der das Blatt schwärzt! Denn das C-Atom ist in diesem Stoff viel zu fest gebunden. Eine andere Erklärung ist richtig: Natron wandelt sich (wie wir es in Versuch 8 gesehen haben) beim Erhitzen in Soda um, die mit Wasser stark alkalisch wirkt. Aber woher kommt bei trocknem Papier überhaupt das Wasser? Papier besteht bekanntlich aus Cellulose. Auch knochentrockene Cellulose enthält noch erstaunlich viel locker gebundenes Wasser. Und außerdem entsteht ja beim Erhitzen von Natron neben dem Gas CO2 auch die gleiche Menge an Wasser (-> Versuch 2 oben). Die resultierende alkalische Mischung aus Soda und Wasser greift an den Kontaktstellen die Cellulose an. Die verkohlt deshalb beim Erhitzen leichter...
2. Das schwach alkalische Natron (pH-Wert 8) färbt an den beschriebenen Stellen den aufgetragenen Rotkohlsaft-Indikator grünlich bis gelb.


Woher stammt der Name des Kaisernatrons?
Das Wort Natron stammt aus dem Altägyptischen neter. Denn in Ägypten gab es große Natronseen, das sind eingetrocknete Salzseen. Das Wort Natron hat übrigens den gleichen Ursprung wie Nitrat. Der Grund: Wie wir schon auf unserer Hieroglyphen-Webseite berichten, ist die altägyptische Schrift weitgehend eine Konsonantenschrift. Das ägyptische Wort für Natron wird ntr geschrieben; und dafür gibt es verschiedene Aussprachemöglichkeiten.

Bild 6: Ntr in Hieroglyphenschrift

Wie daraus Natron und Nitrat wurden, erklärt der bekannte Chemiehistoriker Heiner Schönemann auf einer besonderen Webseite. Da aus Natron schließlich auch noch Natrium wurde, könnte man Natriumnitrat eigentlich auch als neter-neter bezeichnen...
Natron nutzen die Ägypter zum Einbalsamieren ihrer Toten. Interessant ist noch, dass die Ägypter (wie wir in Versuch 2) aus Natron offenbar Soda herstellten. Denn sie wussten viele Eigenschaften der Soda zu nutzen, so zum Beispiel beim Wäschewaschen die Alkalinität ihrer Lösungen und die Fähigkeit zur Verringerung der Wasserhärte. Soda ist aber auch wichtiger Bestandteil der Ausgangsmischungen für Glasschmelzen. Deshalb überrascht es nicht, dass die Ägypter als Erfinder der Technik zur Glasherstellung gelten.

Nun zur Herkunft der Bezeichnung "Kaiser" im Namen des Kaisernatrons: Die lässt sich leider nicht klären. Die Vermutung, das hätte etwas mit der Kaiserquelle in Bad Ems zu tun, hat sich nicht bestätigt. Dort pflegte ja der preußische König und spätere Kaiser Wilhelm I zu kuren. Berühmt/berüchtigt ist seine Emser Depesche, die den deutsch-französischen Krieg 1870-1871 auslöste. Es gibt übrigens auch Kaiserborax. In diesem Zusammenhang ist weiter interessant, dass die Emser Pastillen aus Natron und Haushaltszucker bestehen. Mit denen kann man auch schöne Versuche wie z. B. die Pharaoschlange machen.

Mittlerweile habe ich Folgendes erfahren: Es gab einen Berliner Apotheker namens August Wilhelm Bullrich (1802-1859). Der litt unter starkem Sodbrennen, welches er erfolgreich mit Natron bekämpfte. Er hat dann dieses Natron unter dem Namen Bullrichs Salz ® vermarktet, unter dem es auch heute noch bekannt ist. Es ist nun aufgrund seiner (oder seiner Erben) oft beschriebenen, regen geschäftlichen Tätigkeit anzunehmen, dass er als stramm preußischer Berliner auch für den werbeträchtigen Namen Kaisernatron verantwortlich ist.


Wie wird eigentlich Kaisernatron hergestellt?
Man leitet CO2 in Sodalösung ein:

Na2CO3 + H2O + CO2 ———> 2 NaHCO3

Durch Abkühlen lässt sich das Bicarbonat abtrennen, denn es ist etwas weniger löslich als Soda.



Anmerkung:
Kaisernatron wird hergestellt und vertrieben von der Firma

Holste, 33514 Bielefeld, Postfach 101493

www.holste.de und E-Mail: info.holste@holste.de. Auf der Internetseite gibt es auch viele Anwendungsbeispiele für Kaisernatron und andere "softchemische" Produkte der Firma. Schaut mal rein!

*) Das ®-Symbol gilt für alle Erwähnungen des geschützten Namens Kaisernatron.

Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 04. Juni 2012, Dagmar Wiechoczek