Alkohol - nicht nur zum Trinken

Experimente:
Versuch: Das feuerfeste Taschentuch


Ethanol sorgt nicht nur für gesellschaftliche Gemütlichkeit, sondern ist auch eine wichtige Industriechemikalie mit vielfältigster Anwendung.

Wegen des großen Bedarfs hat man Ethanol früher auch aus Ethin oder Ethen gewonnen, an die man Wasser addierte. (Da Ethin aus Carbid gewonnen wird, sprach man von "Carbidsprit".) Diese Verfahren spielen heute nur eine geringe Rolle. Modern stellt man Ethanol technisch außerdem noch aus einer Gasmischung von CO und Wasserstoff her (Synthesegas).

Gegenwärtig wird die weitaus größte Menge Ethanol nach dem vielleicht ältesten biotechnologischen Verfahren, der alkoholischen Gärung, hergestellt. (Da bei dieser Gewinnungsart ausschließlich natürliche Ausgangsstoffe eine Rolle spielen, ist Ethanol wohl einer der bedeutendsten nachwachsenden Rohstoffe.)

Von dem so Gewonnenen wird der allergrößte Teil zu Trinkzwecken verbraucht. Um eine Vorstellung von den Größenordnungen zu erhalten, muss man wissen, dass 1992 etwa 120 Mio. Hektoliter Bier in Deutschland gebraut wurden. Bei einem durchschnittlichen Alkoholgehalt von 5 Vol% entspricht das 6 Mio. Hektoliter reinen Alkohols!

Weltweit werden jährlich 5,3 Mio. Tonnen Ethanol für Industriezwecke aus Agrarprodukten gewonnen. (Verglichen mit dem getrunkenen Alkohol ist diese Zahl vernachlässigbar klein.) Zur Gewinnung von Industrie-Alkohol wird ein beträchtlicher Teil aus nicht verkauften Getränken destilliert. So sind Weine Überschussprodukte und werden aus Gründen der Preisstabilität vom Markt genommen.

Zur Gewinnung von Industrie-Alkohol setzt man als vergärungsfähiges Material nicht mehr nur ausschließlich Stärke und Malz ein, sondern auch alle möglichen kohlenhydrathaltigen Abfälle. Solche fallen beispielsweise bei der Rohrzuckergewinnung an. (Aus Zuckerrohrabfällen gewinnt man z. B. Rum.) Eine weitere wichtige Quelle sind die mit organischem Material belasteten Abwässer, die bei der Cellulosegewinnung anfallen. Hier werden vor allem die im Holz als Begleitstoffe der Cellulose enthaltenen so genannten Hemicellulosen mit Hilfe von speziell gezüchteten Mikroorganismen vergoren. Diese mehr oder weniger löslichen Kohlenhydrate wurden früher zusammen mit dem Holzstoff Lignin zur Gewinnung von Energie für die Holzaufschlussverfahren verbrannt. Aber auch Cellulose selbst tritt gegenwärtig ins Zentrum der industriellen Alkoholproduktion.


Ethanol hat eine vielfältige Verwendung gefunden
Man nutzt zunächst seine Eigenschaften als halbpolares Lösemittel bei vielen technischen Verfahren. Es ist das bedeutendste organische Lösemittel überhaupt, mit dem man Fette, Öle und Harze lösen kann. Ethanol spielt deshalb eine wichtige Rolle in der Lackproduktion. So ist es auch im Haushalt als fettlösender und dazu noch biologisch abbaubarer Zusatz in Reinigungsmitteln ("mit Bioalkohol") zu finden.

Aber auch zur Gewinnung von Pflanzen-Extrakten, etwa aus Heilkräutern, setzt man es ein. Deshalb ist Ethanol in vielen Essenzen und Arzneien enthalten. Der daraus resultierende, teilweise sehr hohe Alkoholgehalt macht allerdings viele alternative Mittel bedenklich, die als "natürliche Stärkungsmittel" angepriesen werden. Diese sind oftmals nur versteckte Kräuterliköre. Solche Produkte mit hohem Alkoholgehalt um 15-18 Vol% sind z. B. Biovital®, Doppelherz®, Frauengold® und Galama®. Besonders viel Alkohol enthält mit etwa 80 % Klosterfrau-Melissengeist®. Der wird gern als "Krankenschwesterschnaps" gepriesen... Eine Mischung aus Ethanol und Diethylether wird unter der Bezeichnung "Hoffmannstropfen" angeboten.

Wie viele andere Parfüms ist auch Kölnisch Wasser eine Lösung von etherischen Ölen in Ethanol. Die kühlende Wirkung ist auf die rasche Verdunstung des Ethanols zurückzuführen; die dazu notwendige Verdampfungswärme wird der Haut entzogen und verursacht ein angenehm kühles Gefühl.

Hoch konzentriert ist Ethanol auch für Mikroorganismen toxisch, weshalb die desinfizierende Wirkung des Ethanols medizinisch wichtig ist.


Alkohole als technisch genutzte Energiequelle
Ethanol ist das Produkt des abgebrochenen Abbaus von Glucose. Er verbrennt deshalb unter großer Hitzeentwicklung (Verbrennungswärme: 29 kJ/g). Deshalb setzt man Alkohol in der Form von Brennspiritus ein (lat. spiritus; Geist). Damit dieser nicht zu Trinkzwecken missbraucht wird, macht man ihn durch Zusatz von unangenehm riechenden Chemikalien ungenießbar (vergällt).

Zur Demonstration der Verbrennung von Ethanol gibt es einen netten Versuch, das "Feuerfeste Taschentuch" (-> Versuch). Man tränkt ein Taschentuch mit einer Ethanol-Wassermischung und zündet es an. Hier brennt der Alkohol, aber nicht das Taschentuch. Aufgrund der großen Oberfläche verdunstet Alkohol sehr schnell und brennt. Dafür ist auch sein niedriger Flammpunkt von 12 °C verantwortlich. Das Wasser hält das Tuch feucht, so dass es nicht brennen kann.


Wegen des hohen Energiegehalts wird Ethanol sogar als alternativer Treibstoff, der nicht auf petrochemischen Quellen beruht, getestet. Autos mit purem "Biosprit" oder mit einer Mischung aus neun Teilen Benzin und einem Teil Alkohol (Gasohol; bei uns nennt man das Gemisch E10) als Treibstoff fahren besonders in Brasilien, wo man riesige Areale mit Zuckerrohr ausschließlich zur Gewinnung von Biosprit bepflanzt hat. Zur Flächengewinnung hat man sogar Regenwälder vernichtet. Aber es zeigte sich rasch, dass die Zerstörung ganzer Landschaften durch diese Monokultur ein zu hoher Preis für „ökologischen“ Sprit war. Vor allem ist die Belastung von Luft, Boden und Grundwasser durch die Düngemittel und Pestizide, deren Einsatz durch die Zuckerrohr-Monokultur notwendig wurde, unerträglich. Hinzu kommt, dass man zur Biospritgewinnung zunehmend auch auf Nahrungsmittel (wie z. B. Mais) zurückgreift, was deren Preise so hochgetrieben hat, dass sich arme Leute selbst Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten können.

In der Zeit der Entwicklung neuer Energiesysteme, wie der Brennstoffzelle, spielt Ethanol neben Methanol eine zunehmend wichtige Rolle bei der Brennstoffzellentechnologie.


Ethanol in chemischen Verfahren
Ethanol dient bei chemischen Verfahren nicht nur als Lösemittel, sondern ist ein wichtiger Synthesebaustein und direkt an Reaktionen zur Gewinnung chemischer Produkte beteiligt. Die Gewinnung von Essigsäure ist hier zu nennen. Aus Essigsäure und Ethanol gewinnt man das wichtige unpolare Lösemittel Essigsäureethylester. Ethanol ist weiter Ausgangsstoff für Grundchemikalien in der Kautschuk-Industrie (-> Butadien bei der Buna-Industrie). Eine andere Synthese führt auch zum Ether (genau zum Diethylether).


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Letzte Überarbeitung: 01. April 2012, Dagmar Wiechoczek