Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie


Tipp des Monats September 2023 (Tipp-Nr. 315)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Wie giftig ist Tabak-Asche?

Rüdiger Blume

Die folgende Anfrage erreichte mich vor einigen Tagen:

Ich habe auf Ihrer Home-Page auf der Seite fragen/kf-ka-83.htm die Aussage „Die reine Zigarettenasche ist durchgeglüht und ungefährlich“ gelesen. Sie sehen nur den gebrauchten Zigarettenfilter (die Kippe) als gefährlich. Bei anderen zahlreichen Seiten liest man aber, dass Zigarettenasche stark mit Schwermetallen und anderen gefährlichen Substanzen belastet ist- Was stimmt aber nun tatsächlich? Ist Zigarettenasche wirklich unbedenklich und kann vielleicht sogar als Dünger verwendet werden?

Statt von Zigaretten-Asche sollten wir erst einmal von Tabak-Asche sprechen. Und das ist eine Art Pflanzen-Asche. Die enthält natürlich viele Mineralstoffe, die aus dem Boden, auf dem die Pflanzen wachsen, stammen.

Tabak-Asche enthält deshalb wie auch die Asche vieler anderer Pflanzen Spuren von Schwermetallen. Manche Pflanzen reichern Schwermetalle sogar an – wie zum Beispiel die Gras- oder Strandnelke (Armeria maritina). Deren Schwermetall-Anteil beträgt an Zink 0,7 % und Blei 0,15 % der Trockenmasse. Die Pflanze gehört übrigens zu den Bleiwurzgewächsen (Plumbaginaceae). [1]

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Bild 1: Grasnelke in unserem Garten
(Foto: Blume)

Grasnelken raucht man üblicherweise nicht...

Tabak enthält relativ viel Cadmium. Dessen Verbindungen werden beim Glühen zu Cadmium-Oxid CdO umgesetzt. Dieses Oxid ist hitzeflüchtig, ist also im Zigarettenrauch enthalten und landet eher in der Lunge als in der durchgeglühten Asche. In der Lunge ist CdO einer der Auslöser von Lungenkrebs.

Die Aussage „ungefährlich“ bezieht sich nun nicht darauf, dass man die Pflanzen-Asche schnupfen oder auf Brot streuen könnte. Dazu ist sie schon zu alkalisch – vor allem wegen des Gehalts an Oxiden von Alkalimetallen (hauptsächlich von Kalium).

(1) K2O + H2O -> 2 K+ + 2 OH-

Als Laugenbildner wirken sie ätzend auf Schleimhäute und schmecken dazu noch seifig. Hier fällt einem ein, dass es früher Aschesammler gab, die von Haus zu Haus zogen und Pflanzen-Asche einsammelten. Daraus stellten Seifensieder Schmierseife her. Dazu haben wir einen Tipp des Monats.

Die Frage nach der Zigaretten-Asche als Dünger soll in diesem Zusammenhang wie folgt beantwortet werden: Wegen der stark alkalischen Eigenschaft beeinflusst die Gabe von Asche als Dünger den Boden-pH-Wert negativ, führt sogar zur Bodenzersetzung und zur Zerstörung von Wurzelgewebe. Das erkennt man beim Blumentopf daran, dass überschüssiges Gießwasser braun in den Untersetzer herausläuft.

Warum riecht Zigaretten-Asche häufig so nach „Zigarette“? Das liegt daran, dass man sie in Aschenbechern abstreift, in denen man auch die Zigaretten zum Löschen ausdrückt und dabei Teerbestandteile vor allem aus den Filtern verteilt. Diese Schmauchspuren können von der Asche adsorbiert werden und sorgen für den entsprechenden Duft. Saubere Zigaretten-Asche ist dagegen geruchlos – wie auch wirklich reine Pflanzen-Asche.

Nun kommen wir zum möglichen Grund für die Frage nach der Giftigkeit von Zigaretten-Asche. Es gibt ein Party-Experiment. Man versucht, einen Zuckerwürfel anzuzünden. Das funktioniert aber nicht so ohne weiteres: Denn der Zucker schmilzt nur und zersetzt sich dabei, wobei vor allem Wasser abdampft, was den Sauerstoff fernhält und die Verbrennung stört.

Wenn man den Zuckerwürfel jedoch zunächst mit Zigaretten-Asche einreibt, fängt der Würfel beim Kontakt mit einer Flamme nach anfänglicher punktueller Schmelze an zu brennen. Das liegt daran, dass die in der Asche enthaltenen Alkali-Oxide allein nur durch ihre Gegenwart die beiden Reaktionspartner zur Reaktion bringen, indem sie sie „anregen“.

Bei der Oxidation werden Elektronen übertragen. Das wird durch das Kaliumoxid gefördert. Es reagiert zunächst mit dem Luftsauerstoff, überträgt Elektronen auf ihn und reicht ihn so vorbereitet („aktiviert“) an ein Zuckermolekül weiter, an das er sich bindet. Das Kaliumoxid wird offensichtlich bei der Reaktion nicht verbraucht, obwohl es an der Reaktion direkt beteiligt ist. Es kann aber auch seinen Sauerstoff an den Zucker abgeben und sich in den nächsten Schritten aus der Luft neuen holen. Man nennt einen solchen die Reaktion fördernden Stoff Katalysator.

Ein Katalysator ist ein Stoff, der eine mögliche Reaktion hervorruft, ihre Geschwindigkeit verändert oder sie in eine bestimmte Richtung lenken kann, der jedoch in der Gleichung des resultierenden Umsatzes nicht auftritt.

Der Party-Gag ist deshalb ein klassischer Versuch zur Einführung in die Thematik der Katalyse. Hierzu haben wir eine große Webseitengruppe mit vielen Info-Texten und Experimentier-Vorschlägen.

Zurück zur anfangs gestellten Frage: Wer über keine wirklich saubere Zigaretten-Asche verfügt oder weil man nicht raucht, kann stattdessen auch Pflanzen-Asche verwenden. Empfehlenswert ist Holzkohlen-Asche, denn in der sind wenigstens keine organischen Schadstoffe mehr enthalten.

Und außerdem empfehle ich zumindest im Chemieunterricht den Gebrauch von Labor-Handschuhen.

Last but not least: Problematisch sollen auch die Substanzen sein, die beim Abbrennen des Zuckerwürfels durch Karamellisierung entstehen. Aber das ist eine andere vieldiskutierte Geschichte: Wie gesundheitsschädlich sind Karamellbonbons („Kamelle“) oder Karamell-Puddings?


Literatur:
[1] M. Spohn, D. Aichele, M. Golte-Bechtle, R. Spohn: Was blüht denn da? Frankh-Kosmos-Verlag, Stuttgart 2008


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Letzte Überarbeitung: 13. September 2023, Fritz Franzke