Kunststoffe

I. Eigenschaften und Verwendung von Kunststoffen
II. Die Herstellung von Kunststoffen
III. Recycling von Kunststoffen


I. Eigenschaften und Verwendung von Kunststoffen
Von morgens bis abends bedienen wir uns einer Vielzahl von Gebrauchsgütern, die aus Kunststoffen bestehen (s.u. Tabelle 1), so dass uns ein Leben ohne Kunststoffe kaum noch vorstellbar scheint. Andererseits wissen wir trotz des vielseitigen Einsatzes von Kunststoffen und ihrer unterschiedlichen Erscheinungsformen sehr wenig über die Chemie der verschiedenen Kunststoffe.
Das Gebiet der Kunststoffe, die früher auch als Plaste bezeichnet wurden, ist in wissenschaftlicher und technischer Hinsicht besonders in den letzten 4 Jahrzehnten enorm angewachsen und befindet sich noch immer in stetiger Aufwärtsentwicklung. Inzwischen gibt es zahlreiche Kunststoffe mit speziellen, zweckbestimmten Eigenschaften.
Zwei grundlegende Materialeigenschaften von Kunststoffen sind uns aus dem alltäglichen Gebrauch und alltäglichen Erfahrungen bekannt. So wissen wir, dass z. B. eine Plastiktüte unter dem Einfluss starker Hitze (z. B. einer heißen Herdplatte) zu schmelzen beginnt, während ein Kochlöffel dieses unbeschadet überstehen würde. Weiterhin kennen wir aus dem Alltag Kunststoffe, die unter dem Einfluss mechanisch einwirkender Kräfte ihre Form behalten, während sich andere, wie z. B. Gummis, dehnen lassen und später ihre ursprüngliche Form wieder einnehmen. Sie zeigen ein elastisches Verhalten.
Diese zwei Materialeigenschaften, das Verhalten gegenüber Erwärmung und die Elastizität, werden auch zur Einteilung der Kunststoffe herangezogen. Thermisch verformbare Kunststoffe heißen Thermoplaste, hitzebeständige Kunststoffe werden als Duroplaste und elastische Kunststoffe als Elastomere bezeichnet.

Versuch:
Unterscheiden von Thermoplasten, Duroplasten und Elastomeren

Diese verschiedenen Eigenschaften der Kunststoffe basieren auf ihrem unterschiedlichen molekularen Aufbau. Kunststoffe bestehen aus sehr großen Molekülketten (Makromolekülen), die unterschiedlich angeordnet und vernetzt sein können.

Thermoplaste
In Thermoplasten liegen die Makromoleküle hauptsächlich nebeneinander vor. Wird ein solcher Kunststoff erwärmt, können die Moleküle aneinander entlanggleiten und der Gegenstand verformt sich. Beim Abkühlen erhärtet der Kunststoff zu einer neuen Form.

Duroplaste
Die Duroplaste sind aus Makromolekülen aufgebaut, die engmaschig miteinander vernetzt sind. Dabei entstehen zwischen den Molekülen feste Bindungen, so dass die Moleküle beim Erhitzen nicht aneinander vorbeigleiten können.

Elastomere
Die Makromoleküle der Elastomere bilden dichte "Knäule". Beim Dehnen eines Gegenstandes aus Elastomeren werden die "Knäule" auseinandergezogen. Lässt man den Gegenstand wieder los, "verknäulen" sich die Moleküle erneut.

Struktur der Makromoleküle verschiedener Kunststoffsorten
(Quelle: Cornelsen)


In der folgenden Tabelle sind einige Kunststoffe hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Verwendung zusammengestellt:

  Kunststoff Verwendung
Thermoplaste PE
Polyethen
Plastikbeutel, Eimer, Frischhalte-Folie, Bierkästen, Schläuche, Flaschen von Reinigungsmitteln
PP
Polypropen
Einwegbecher, Joghurt-Becher, Batteriekästen, Schuhabsätze
PS
Polystyrol
Einwegbecher, Joghurt-Becher, Kugelschreiber, Dia-Rahmen, Tonbandkassetten, Beschichtung von Blumendraht, Styropor ®
PVC
Polyvinylchlorid
Fußbodenbeläge, Kabelummantelungen, Abflussrohre, Schallplatten, Duschvorhänge, Lüsterklemmen, Schläuche
PA
Polyamid
Dübel, Angelschnur, Brillengestelle, Nylon, Perlon
PMMA
Polymethylmethacrylat
Autorücklichter, Lineale, bruchfeste Verglasungen, Plexiglas
Duroplaste MF
Melami-Formaldehyd-Harz
(Phenoplaste)
Kochlöffel, Oberfläche von Küchenmöbeln, elektr. Isoliermaterial, Bakelit ®
UF
Aminoplaste
Steckdosen, elektr. Isoliermaterial, Eierbecher, Tabletts, Lichtschalter, Becher
Elastomere PUR
Polyurethan
Matratzen, Fugendichtung, Wärmedämmung, Schaumstoffe, Moltopren ®
Vulkanisierter Kautschuk
(Gummi)
Gummistiefel, Autoreifen, Latexhandschuhe, Gummibänder, Schnuller, Präservative

Tabelle 1: Eigenschaften und Verwendung verschiedener Kunststoffe


Versuche:
Erkennen von Kunststoffen aufgrund ihres Schwelverhaltens

Einige Kunststoffe besitzen auch die Eigenschaft, sich gut in organischen Lösungsmitteln bzw. Lösungsmittelgemischen zu lösen. Solche Kunststoffe werden in Lacken verwendet.

Versuch:
Ein Lack aus Kunststoffabfall


II. Die Herstellung von Kunststoffen
Wie der Name schon sagt, werden Kunststoffe auf künstlichem Wege (synthetisch) hergestellt. Ihre Herstellung erfolgt immer durch Verknüpfung vieler kleiner Moleküle (Monomere) zu den großen Makromolekülen (Polymere) der Kunststoffe. Dies lässt sich vereinfacht mit dem Bau eines Turms aus vielen kleinen LEGO® -Steinen vergleichen, der später eine neue und größere Gestalt besitzt, als die einzelnen Teilchen zuvor.
Die zur Herstellung von Kunststoffen verwendeten Monomere sind zum Teil Produkte der Erdölaufbereitung bzw. aus diesen synthetisiert. Inzwischen wurde aber auch schon eine Reihe von Kunststoffen entwickelt, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden können.
Trotz des ähnlichen Prinzips der Herstellung polymerer Verbindungen, sind die Reaktionen, die zur Verknüpfung der Monomere führen, verschieden. Je nachdem, welche chemischen Eigenschaften die Monomere besitzen, lassen sie sich durch Polymerisation, Polykondensation oder Polyaddition miteinander verknüpfen.

Polymerisation
Bei der Polymerisation vereinigen sich kleine Moleküle (Monomere), die Doppelbindungen aufweisen. Zunächst wird den Monomeren ein Aktivator zugesetzt, der Radikale bildet. Dies sind reaktionsfreudige Teilchen mit je einem ungepaarten Elektron. Ein solches Radikal lagert sich an ein Monomer an und erzeugt dabei ein neues, größeres Radikal, welches sich an ein weiteres Momomer unter erneuter Radikalbildung anlagert. So entstehen immer größere Radikale, bis keine Monomere mehr vorhanden sind oder zwei Radikale aufeinandertreffen.

Versuch:
Herstellen von Polystyrol

In der folgenden Tabelle sind die Makromolekülausschnitte einiger Polymerisationsprodukte und deren Monomere dargestellt:

Kunststoff

Formelausschnitt

Name des Monomeren

Formel des Monomeren

PE

Polyethen

Ethen

PP

Polypropen

Propen

PS

Polystyrol

Styrol

PVC

Polyvinylchlorid

Vinylchlorid

Tabelle 2: Polymerisationsprodukte aus unterschiedlichen Monomeren. (Quelle: nach [17])

Polykondensation
Im Allgemeinen verbinden sich bei Kondensationsreaktionen zwei Moleküle unter Abspaltung eines kleineren Moleküls, wie z. B. bei der Bildung von Estern. Polykondensationsreaktionen setzen im Molekül der Monomere mindestens zwei funktionelle Gruppen voraus, die zwischen den einzelnen Molekülen miteinander reagieren und so die Monomere zu Polymeren verknüpfen. Reagieren Carboxylgruppen (COOH-Gruppen) mit Hydroxylgruppen (OH-Gruppen) entstehen Ester; die so genannten Polyester.
Außer den Polyestern gibt es aber auch Polykondensate, die aufgrund der Reaktion anderer funktioneller Gruppen synthetisiert werden und aus unterschiedlichen Monomeren aufgebaut sind. Beispiele hierfür sind Bakelit® (Phenol-Formaldehyd-Harz), Nylon und Perlon.

Versuche:
Herstellen eines Polyesters aus Citronensäure
Herstellen eines Polyesters aus Citronensäure und Rizinusöl

Polyaddition
Bei der Polyaddition reagieren unterschiedliche Monomere in einer Additionsreaktion miteinander, ohne dass ein Nebenprodukt entsteht. Beispiele für Kunststoffe, die durch Polyaddition hergestellt werden, sind Polyurethane und auch Polyester, wobei letztere aus Anhydriden und Oxiden bzw. Alkoholen hergestellt werden, so dass kein Wasser als Nebenprodukt entsteht.

Versuch:
Herstellen von Polyurethan

Vulkanisation
Gummi wird aus Latex durch Vulkanisation (erhitzen mit Schwefel oder Schwefelverbindungen) hergestellt. Es ist ein vielverwendetes Elastomer und kann je nach Herstellungsverfahren bestimmte Eigenschaften zeigen.

Versuche:
Herstellen von Gummi
Herstellen von Gummi für Autoreifen (Modellversuch)


III. Recycling von Kunststoffen
Aufgrund der vielfältigen Verwendung von Kunststoffen und deren häufigem Einsatz als Einweg-Produkte, werden inzwischen nicht nur im Hinblick auf wachsende Müllberge, sondern auch hinsichtlich der verschwendeten Erdölrohstoffe verschiedene Recycling-Verfahren angewendet.

Versuche:
Recycling von Kunststoffen durch Umschmelzen
Recycling von Polystyrol
Recycling von Plexiglas


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Literatur


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Letzte Überarbeitung: 29. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek