Polyamide - Vom Peptid über Nylon zu den Aramiden

Experiment
Versuch: Luftverbrennung in einer Kerzenflamme


Polyamide gibt es schon so lange wie es Leben gibt: Das sind nämlich die Peptide und die Proteine. Ihr Bauprinzip wurde von der Technik nachgeahmt.


Natürliche Polyamide
Natürliche Polyamide sind die Peptide und Proteine. In Faserform kennen wir sie als Haare, Wolle und Seide. Aber auch die Kollagenbänder sind hier zu nennen. In der Regel sind synthetische Polyamide wesentlich reißfester als natürliche Polyamide. Eine Ausnahme bilden die Spinnengewebe, deren Festigkeit alles Technische zu übertreffen scheint. Deshalb bemüht man sich intensiv, diese in der Retorte herzustellen.


Synthetische Polyamide
Synthetische Polyamide waren eigentlich die ersten wirklich brauchbaren synthetischen Fasern. Sie wurden im Jahr 1937 erstmals synthetisiert und gehören noch heute zu den mengenmäßig bedeutendsten Kunstfasern.

Polyamide sind Thermoplaste, das heißt, sie sind in erwärmten Zustand weich und verformbar, ohne dass sie sich dabei zersetzen.

Synthetische Polyamide haben eine hohe Festigkeit und Elastizität und eine große chemische Beständigkeit. Außerdem besitzen sie einen hohen Verschleißwiderstand und gute Gleiteigenschaften. Dies macht sie für die medizinische Implantattechnologie interessant. Durch Faserverbunde mit Glas- oder Kohlefasern lassen sich die mechanischen Eigenschaften gut an die jeweiligen Ansprüche anpassen.

Zudem haben Polyamidfasern viele Eigenschaften, die sie gut für die Herstellung von Kleidungsstücken verwendbar machen: Sie sind anders als Seide oder Wolle mottensicher, fäulnis- und laugenfest, außerdem knitterfrei und reißfest. Ihre bessere Einfärbbarkeit beruht allerdings darauf, dass ihnen schon bei der Polykondensation Farbstoffe zugesetzt werden können.
Wichtige Vertreter der Polyamide sind Nylon und Perlon, Kevlar und Nomex.


Unterscheidung der verschiedenen Polyamide
Ausgehend von ihren Monomeren werden zwei Arten von Polyamiden unterschieden. Dabei bedient man sich der Abkürzung A für die Aminokomponente/gruppe und S für die Säurekomponente/gruppe.

AS-Typ
Die Monomeren besitzen als funktionelle Gruppen sowohl eine Amino- als auch eine Carboxylgruppe.

Allgemeine Formel eines Monomers des AS-Typs

Ein typischer Vertreter ist das Perlon. Aber auch die natürlichen Peptide und Proteine gehören zu diesem Typ.

AA-SS-Typ
Dieses Polyamid wird aus zwei unterschiedlichen Monomeren gebildet. Das eine Monomere ist ein Molekül mit zwei Aminogruppen, ein Diamin (Symbol: AA).

Allgemeine Formel eines Diamins

Das andere Monomere ist letztlich eine Dicarbonsäure (Symbol: SS).

Allgemeine Formel einer Dicarbonsäure

Zu diesem Typ gehören Nylon, aber auch die Aramide wie Kevlar.


Aramide
So werden Polyamide genannt, die ausschließlich aromatische Reste enthalten (aromatische Amide) und deshalb besondere Eigenschaften aufweisen. Das bekannteste Beispiel ist wohl Kevlar, das aus dem Diamin p-Phenylendiamin und der Dicarbonsäure Terephthalsäure (bzw. aus derem Säurechlorid) hergestellt wird.

Aramide besitzen eine hohe thermische und chemische Beständigkeit, mechanische Festigkeit und Elastizität. Sie eignen sich daher zur Herstellung von Lagern, Dichtungen und Zahnrädern. Außerdem finden sie Verwendung in schusssicherer Kleidung und als Helmmaterial.


Wasseraufnahme
Eine Besonderheit der Polyamide im Vergleich zu vielen anderen Kunststoffen besteht darin, dass sie ca. 3,5-4,5 Vol% Wasser einlagern können. Das Wasser wird nicht chemisch gebunden, sondern wird beim Waschen usw. aufgenommen und zwischen den Molekülketten eingelagert. Dies ist mit einer spürbaren Volumenvergrößerung (Quellung) verbunden. Dadurch ergeben sich deutliche Veränderungen der mechanischen Eigenschaften: So sind Polyamide im absolut trockenen Zustand nach der Verarbeitung relativ schlagempfindlich. Die für Polyamide typische hohe Schlagzähigkeit wird erst nach Wasseraufnahme entwickelt.
Dieser Effekt ist auch dafür verantwortlich, dass Nylonstrümpfe zumeist im fabrikneuen Zustand am leichtesten Laufmaschen bekommen. Wenn sie jedoch die erste Wäsche überstanden haben, sollen sie angeblich viel haltbarer sein.


Chemische Eigenschaften
Wie alle Polykondensate lassen sich auch die Polyamide hydrolysieren - allerdings geht das nur sehr schwer, weil Amide sehr hydrolysestabil sind.
Beim Verbrennen entstehen große Mengen an Stickoxiden. Diese lassen sich leicht mit Saltzmans Reagenz nachweisen. Man geht bei der Analyse vor wie bei der Untersuchung einer Kerzenflamme (-> Versuch).


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Letzte Überarbeitung: 21. Dezember 2011, Dagmar Wiechoczek