Vorbild Natur

Experimente:
Versuch: Darstellung von Schellackfirnis
Versuch: Bestimmung der Molmasse
Versuch: Der Tyndalleffekt


Ein natürlicher Stoff, der Eigenschaften aufweist, die man auch von einigen Kunststoffen kennt, ist der Schellack. Er schmilzt zwischen 65-85 °C und wird dabei plastisch, löst sich nicht in Wasser, aber in organischen Lösungsmitteln, und ist auch in festem Zustand von elastischer Konsistenz.

Außerdem weist er eine gute Oberflächenhaftung und einen schönen Glanz auf. Daher wurde er schon früh als Firnis benutzt, um Möbeln einen schützenden und schönen Überzug zu geben. Das Wort Lack kommt von genau diesem Schellack, denn Lac ist der indische Name für den Stoff, aus dem der Schellack gewonnen wird. Dabei handelt es sich um das Sekret der indischen Schildlaus.

Aufgrund seiner Eigenschaften konnte Schellack auf sehr vielen Gebieten Verwendung finden. So verwendete man Schellack wegen seiner guten Verformbarkeit auch für Knöpfe oder als Pressmasse für Schallplatten, den Schellackplatten. Außerdem wurde er in einer Zeit, als es noch keine Kunststoffe gab, in der Elektroindustrie als Isolator eingesetzt.

Andererseits muss, um ein Kilogramm Schellack zu gewinnen, von 300.000 Schildläusen das Sekret eines halben Jahres gesammelt werden.

Schellack
(Foto: Dietmar)


Es stellt sich also die Frage, was diesem Stoff die begehrenswerten Materialeigenschaften verleiht, die ihn zu einem solchen Allroundtalent machen? Nur wenn man diese Frage beantworten kann, besteht die Möglichkeit nach einem Stoff zu suchen, der ähnliche oder vielleicht bessere Eigenschaften aufweist, und den man unabhängig von der Natur herstellen kann. Bei Schellack lässt sich ein Teil dieser Frage mit Hilfe der Kryoskopie, also durch die Bestimmung der Molmasse, beantworten. Dabei kann man feststellen, dass er die relativ hohe durchschnittliche Molmasse um 1000 g/mol hat. Das ist eine Eigenschaft, die auch moderne technische Kunststoffe besitzen. Da diese jedoch noch höhere Molmassen aufweisen (ca. 8.000-6.000.000 g/mol), ist die Molmassenbestimmung schwieriger als beim Schellack.

Anhand der Struktur der Kunststoffe lassen sich deren Eigenschaften erklären. So kann man gezielt nach anderen Stoffen mit vergleichbaren Eigenschaften suchen.

Wenn hier von großen Molekülen die Sprache ist, so heißt das nicht, dass diese mit dem bloßen Auge sichtbar wären. Sie sind aber immerhin so groß, dass sie, wenn sie in einem durchsichtigen Lösungsmittel aufgelöst sind, Licht, welches durch die Lösung hindurchscheint, reflektieren und somit der Strahlengang sichtbar wird. Man spricht hier vom Tyndalleffekt, der von allen großen Molekülen hervorgerufen wird.

Ein Mann, der sich auf die Suche nach einer Erklärung der Eigenschaften von für derartig großen Molekülen begab, war H. Staudinger. Er kam zu dem Schluss, dass diese großen Moleküle, für die er 1922 den Begriff Makromoleküle prägte, aus vielen kleinen, unter sich identischen, Bausteinen zusammengesetzt sind. Mit dieser Meinung stieß er zu seiner Zeit auf heftigen Widerspruch bei den Chemikern, denn diese hatten die Auffassung, dass ein Stoff nur eine maximale Molmasse von 300 g/mol haben könne. Da Staudinger seine Theorien anfangs nicht beweisen konnte, wurde er lange Zeit von seinen Kollegen nicht ernst genommen.

Erst als 1935 mit Hilfe der Röntgenspektroskopie von Molekülverbänden seine Theorien bestätigten, wurden seine Theorien anerkannt, und er bekam 1953 den Nobelpreis für Chemie. Durch seine Arbeiten wurde es den Chemikern möglich, Kunststoffe mit genau vorherbestimmbaren Eigenschaften herzustellen.


Die Natur experimentiert schon lange mit Makromolekülen
Makromoleküle sind keine Erfindung der Menschheit. Ohne sie wären Lebewesen gar nicht denkbar. Mit Hilfe von Makromolekülen werden ihre komplexen Strukturen aufgebaut und aufrechterhalten (z. B. Cellulose oder Kollagen), Informationen gespeichert (DNA) oder katalytische Zentren fixiert und so in ihrer Wirkung optimiert (Enzyme). Sie dienen oftmals auch als Speicherstoffe (Stärke).

- Proteine sind Polyamide.

- Polysaccharide sind Polyether.

- Nucleinsäuren sind Polyester.

- Kautschuk ist ein Polykohlenwasserstoff.

Die Natur „experimentiert“ sogar auch mit Verbundstoffen. Biologische Beispiele sind Holz (bestehend aus Lignin und Cellulose) und Knochen sowie Muschelschalen (bestehend aus Proteinen und anorganischen Verbindungen wie Phosphaten oder Carbonaten).


Weitere Texte zum Thema „Kunststoffe“


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 01. April 2012, Dagmar Wiechoczek