Feuermachen wie in der Steinzeit - Ein Experte und Praktiker gibt Auskunft

Franz Bürk*)

(© Foto: Bürk)


Was wir zum Feuermachen benötigen
Vorneweg: Wir brauchen zum Feuerschlagen keine Kraft, nur etwas Geschicklichkeit und Übung. Vor allem zwei Dinge braucht man dazu und davon hatte man in der Steinzeit jede Menge: Zeit und Geduld!
Geduld bedeutet Beharrlichkeit und Ausdauer, man darf sich von Fehlschlägen nicht entmutigen lassen - immer wieder neu beginnen, wiederholen, bis es klappt. So ist es auch beim Feuerschlagen. Übung macht den Meister!
Von allen Methoden, auf "primitive" Art Feuer zu erzeugen, ist das Feuerschlagen die effektivste, was aber nicht bedeutet, dass es eine Garantie für ständigen Erfolg gibt. Ob der Zunder den heißen Funken annimmt und ob nach dem Übertragen der Glut in das Brennmaterial dann über kurz oder lang Flammen lodern, hängt von einigen Faktoren ab:

Allein mit zwei Quarzsteinen, wie zum Beispiel mit den weißen Milchquarzkieseln aus den Flussablagerungen, kann man nur kalte Funken schlagen. Es riecht zwar verbrannt, aber ein echtes Feuer kann man damit nicht erzeugen ("Tribolumineszenz").
Zum Feuerschlagen brauchen wir zwei Steinarten, und zwar die richtigen: Einmal den Schlagstein aus Feuerstein oder Silex, auch Flint genannt. Das ist eine Quarz-Art, aus welchem damals auch Werkzeuge gefertigt wurden. Seine chemische Formel ist SiO2.
Als zweiten, als den Amboss-Stein nehmen wir ein eisen- und schwefelhaltiges Mineral, Markasit oder Pyrit - letzterer ist aber nur in seiner feinkristallinen Form (die wie Markasit aussieht, nicht aber wie dieser zur Verwitterung neigt) zum Feuermachen geeignet. Beide haben die gleiche chemische Zusammensetzung: FeS2. Sie geben beim Schlagen heiße, zündfähige Funken ab.

Jetzt brauchen wir noch etwas leicht Entzündbares, den Zunder und zwar den vom echten Zunderpilz, der Buchenporling; lateinisch "fomes fomentarius". Dieser Baumpilz hat die Form einer Konsole; deshalb gehört er auch zur Gruppe der Konsolenpilze. Er wächst an alten abgestorbenen Buchen, an Pappeln, selten auch an Erlen und in Nordeuropa an Birken. Aus diesem Pilz wird der Zunder durch Aufschneiden, Klopfen und Zupfen gewonnen. Das ist eine zeitaufwendige Arbeit, die viel Übung, Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert.


Die Praxis
Breite auf dem Boden - wenn dieser nicht ganz trocken ist, auf einem Stück Leder oder Pappe, ein altes Kuchenblech tut's auch - ein Gemisch aus Heu, Stroh, Moos, zusammen mit Rohrkolbensamen oder Distelsamen, Birkenbast aus. Die Größe dieser Fläche sollte ca. 25-30 cm Durchmesser haben. Darauf lege nun in die Mitte Zunder entweder in Fetzen- oder Flockenform, so dass eine Fläche von ca. 5 cm Durchmesser bedeckt ist.
Nimm jetzt den Markasitstein als Ambossstein in die linke Hand (wenn du Rechtshänder bist) und den Feuerstein als Schlagstein in die rechte Hand.
Schlage nun kurz und kräftig mit einer stumpfen Kante des Feuersteins am Markasitstein herunter, ganz knapp nur, so dass dieser kaum berührt wird. Es ist besser, wenn einige Schläge ins Leere gehen, als dass sie den Markasit voll treffen und nichts abschlagen, sondern eher den Ambossstein zerstören. Wenn jetzt ein rot glühender Kristallsplitter auf den Zunder fällt, beginnt dieser zu glimmen. Es kann sein, dass du beim ersten Schlag glücklicherweise schon zwei oder mehr Glutnester auf dem Zunder hast, es kann aber auch passieren, dass Du über hundert Mal schlagen musst, bis der Zunder glimmt. (Beim Ausbleiben des Erfolgs darfst du auf keinen Fall anfangen, die Steine aufeinander zu schlagen - dann erreichst du nämlich gar nichts, außer dass du die Steine zerstörst.)
Nimm jetzt das Heugemisch mit dem glimmenden Zunder hoch, forme daraus eine lockere Kugel mit dem glimmenden Zunder in der Mitte, diese halte hoch in den Wind, damit er dir hilft, aus der Glut im Inneren eine Flamme zu erzeugen. Oder blase in die Kugel rein, nicht stoßweise, sondern konstant, anhaltend. Wenn der aus der Heukugel aufsteigende Rauch dichter wird und sich grau verfärbt, kommt auch gleich eine Stichflamme. Vorher kannst du da drinnen schon ein leises Knistern hören.
Diese "Feuerstartkugel" kann man auch mit kreisendem Arm zum Entflammen bringen. Man kann sie in ein Netz aus geflochtenen Pflanzenfasern geben und dieses dann herumschwenken, bis das Gemenge sich entzündet.
Mit dem brennenden Heubüschel kann jetzt bereitgelegtes Reisig, fein gespaltenes Holz oder die Grillkohle entzündet werden.
Der glühende Zunder kann auch in ein Röhrchen aus frischer, feiner Birkenrinde oder Birkenbast gewickelt werden. Dann muss man in das Röhrchen hinein blasen, bis es qualmt und ... siehe oben. Denn Birkenrinde ist durchtränkt mit ätherischen Ölen und brennt auch in baumfrischem Zustand. Aus ihr wurde in der Steinzeit bereits vor 40.000 Jahren der erste Klebstoff hergestellt, Birkenpech: Doch das ist eine andere Geschichte. (Mit Birkenpech klebte man zum Beispiel Feuersteinklingen in geschlitztes Holz und baute so die ersten Küchenmesser oder gar Sicheln.)

ACHTUNG!
Nicht nur wegen der Rauchentwicklung sollte das Feuermachen besser nur im Freien vorgenommen werden. Vor allem sollte darauf geachtet werden, dass (wie in Schulen, Ferienheimen oder Museen) keine Rauchmelder in der Nähe sind, die Feueralarm auslösen könnten!
Es können beim Funkenschlagen auch kleine Steinsplitter und Markasitstaub wegspritzen und nicht nur den Fußboden verunreinigen. Der schwarze Markasitstaub ist manchmal kaum noch zu entfernen - auch nicht aus den Fingernägeln....
Vorsicht auch vor Augenverletzungen. Es empfiehlt sich, unbedingt eine Schutzbrille zu tragen oder beim Funkenschlagen zumindest die Augenlider leicht zu schließen.

Viel Spaß nun beim Feuer machen ohne Streichholz, ohne Feuerzeug, wie in der Steinzeit!



*) Franz Bürk ist leider verstorben und kann deshalb seine Kunst nicht mehr vorführen. Seine Webseite ist nicht mehr anklickbar.


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek