Von Katzengold und Feuermachen
oder: Was Pyrit und Feuerstein verbindet

Experimente
Versuch: Funken aus Stein geschlagen


Immer wieder fallen Menschen auf den Goldglanz des Pyrits herein und sammeln das "Gold" ein. Das ist z. B. noch um 1970 beim Bau der Bodenseewasserleitung durch die Schwäbische Alb passiert: Hier legten die Arbeiter, als sie auf goldglänzende Pyrit-Fossilien stießen, im "Goldrausch" die Arbeit nieder und sammelten die Steine ein, die sie dann allerdings enttäuscht wegwarfen - worüber wiederum die Geologen traurig waren. Denn die Arbeiter stellten wie auch die Leute früher fest, dass sie mit diesem "Gold" nichts anfangen können. Und manchmal, wenn sie Markasit erwischt hatten, zerfiel ihnen das "Goldstück" dazu noch rasch. Man nennt Schwefelkies deshalb spottend "Katzengold". Im Englischen spricht man treffend von "fool's gold" - Narrengold. (In Pyrit ist tatsächlich Gold enthalten, aber in so geringer Konzentration, dass es nur unter besonderen technischen Bedingungen abgetrennt werden kann.)

Dennoch gab es eine Zeit, in der Pyrit und Markasit wichtige Handelsgüter und durchaus mit Gold vergleichbar waren. Wofür man ihn brauchte, entnimmt man dem Namen Pyrit, was übersetzt "Feuerstein" bedeutet (gr. pyr, Feuer). Mit der deutschen Bezeichnung Feuerstein meinen wir aber den braunen oder schwarzen Stein aus feinsten Quarzkristallen, der undurchsichtigem Glas ähnelt. Man findet ihn in Norddeutschland häufig auf Feldern mit eiszeitlichem Geschiebe. Er heißt in Nordeuropa Flint. Auch der war und ist immer noch ein wichtiges Handelsgut - sogar in der Gegenwart!

Wie wir gesehen haben, kommen beide Gesteine (Schwefeleisen FeS2 und Flint SiO2) zusammen in den Felsen der Kreideformation vor. Irgendwann wird wohl jemand beide Steine aufgesammelt und gegeneinander geschlagen haben. Und da gab es Funken!
Das war wohl (wie auch das nachbarschaftliche Auftreten dieser beiden Mineralien) eher ein glücklicher Zufall.
Wir wagen deshalb nicht, dem Entdecker/Erfinder zu unterstellen, dass er das Ganze bewusst gemacht hat. Jedoch würde das Aha-Erlebnis von damals heute mit einem Nobel-Preis belohnt werden. Dabei setzen wir allerdings voraus, dass der Entdecker die richtigen Connections gehabt und dazu noch seine Beobachtungen im richtigen, international wohl-referierten wissenschaftlichen Journal publiziert hätte.

Mit Feuersteinen kann man tatsächlich Feuer machen (siehe Experimente, V 7 F). Dabei gibt es aber einiges zu beachten:
Schlägt man zwei Flintsteine im Dunkeln gegeneinander, sieht man funkenartiges Licht. Mit diesem kann man aber kein Feuer entzünden, denn es handelt sich hier um eine Lichterscheinung, die man Tribolumineszenz nennt und die auf die Deformierung des Kristallgitters des Steins zurückzuführen ist.

Schlägt man aber mit dem Feuerstein gegen Pyrit, so fliegen echte Zündfunken. Die entstehen, weil sich beim Schlagen kinetische in thermische Energie umwandelt, die die Verbrennung des Pyrits/Markasits aktiviert.

FeS2 + 5/2 O2 ———> FeO + 2 SO2 + Energie

Die Funken ließ man früher auf einen trockenen Zunderschwamm (fomes fomentarius; zur Zubereitung des Schwamms siehe auch weiter unten) fallen, der anfing zu glimmen. Man musste etwas pusten und konnte damit harzige Fichtenspäne oder trockenes Gras anzünden. Die alten "Flintfeuerzeuge" (Pinksteine) kann man auf den Feldern in Nordeuropa finden und leicht erkennen. Das sind stabförmige Feuersteine, die nicht scharf, sondern an den Enden durch das Schlagen rundlich geformt sind (siehe Bild 1). Sie zeigen noch heute an den Spitzen Brandspuren.

Bild 1: Das Bild zeigt ein echtes, altes Feuersteinwerkzeug (Pinkstein) zum Funkenschlagen (Jungsteinzeit, Dänemark),
eine Markasitgeode aus den Kreidefelsen von Møn (dem dänischen Rügen) und einen Zunderschwamm aus der Eifel.
Der Flintpinkstein ist ergonomisch geformt. Er besitzt übrigens zwei Enden mit deutlichen Gebrauchsspuren
(Sammlung Blume; Foto: G. Welzel)


Zum Feuermachen wie in der Steinzeit gibt ein Experte und Praktiker Auskunft.

Mit Beginn der Eisenzeit gelang es, Pyrit durch spezielles, funkenentwickelndes Eisen (Feuerstahl) zu ersetzen. Aber das konnte sich nicht jeder leisten. Deshalb wurde noch bis um 1900 Feuer mit Feuerstein und Pyrit gemacht. Dann wurde der Baumschwamm, der den feinen Zunder lieferte, immer seltener. Aber man kannte seit 1833 ja allgemein die Schwefelhölzchen, die sich dann überall durchsetzten.

Bemerkenswert waren früher die Radschlossfeuerzeuge, die ebenfalls auf der Verwendung von Pyrit beruhen.

Man kann mit dem Zündfunken auch Schießpulver anzünden. Das machte man seit 1515 mit dem Steinschloss eines Gewehrs ("Flinte"). Das Schloss enthielt einen Flintstein, der durch einen Federmechanismus an ein Stück Pyrit schlug. Um eine Armee auszurüsten, brauchte man also viel Feuerstein und Pyrit. Das Steinschlossgewehr nutzte man übrigens bis ins 19. Jahrhundert, dann allerdings mit Feuerstahl statt Pyrit. Schlachtfelder aus vergangenen Zeiten sind bekannt dafür, dass man dort noch die Flintsteine finden kann.

Der Feuerstein war folglich so wertvoll, dass man mit ihm bis in die Neuzeit Handel trieb.

Und was den Zunderschwamm angeht: Der galt früher als fast ausgestorben, ist aber durch den Wechsel der Techniken des Feuermachens (-> Streichhölzer mit phosphorhaltiger Reibfläche, Flüssiggas- oder Benzin-Feuerzeuge mit Cereisen-Zündsteinen oder piezoelektrischer Zündung) wieder allgemein weit verbreitet.

Bild 2: Zunderschwämme an abgestorbener Buche
(Teutoburger Wald bei Oerlinghausen; Foto: Blume)


Der Orden vom Goldenen Vlies und Arcimboldos „Feuer“
Die berühmteste Auszeichnung der Habsburger Monarchie war der Orden vom Goldenen Vlies, der letztlich auf eine alte Legende der Griechen zurückgeht (Reise der Argonauten). Dieses Vlies war zunächst einmal ein nicht entfettetes Schaffell. Das wurde schon immer und auch später noch genutzt, um den Goldstaub aus dem Wasser (das so genannte Seifengold) abzutrennen. Dazu leitete man die goldhaltigen Schlämme und Gewässer darüber. Die feinen Goldflitter blieben im Wollfett hängen (modern: Adhäsion). Diese Verwendung war wohl ein Hintergrund für die griechische Sage von den Argonauten um den Helden Iason. Der musste allerdings zuvor Feuer speiende Stiere besiegen und einen schlaflosen Drachen endgültig von dessen Schlaflosigkeit befreien, bevor er das Goldene Vlies samt des daran hängenden Goldes an sich raffen konnte.

Gold war und ist immer noch mehr als nur Materielles: Es ist Symbol für Sonne und Feuer, aber auch für Macht. Hierzu gibt es das berühmte Bild „Feuer“ von Guiseppe Arcimboldo.

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G. Arcimboldo: Feuer, 1566; Öl auf Holz, 66,5 x 51 cm
(Mit freundlicher Genehmigung durch das Kunsthistorische Museum zu Wien ©)

Man erkennt auf dem ersten Blick ein Gesicht. Es stellt den Kaiser Maximilian II. dar. Der trägt den oben erwähnten Orden vom Goldenen Vlies.

Wenn man jedoch genauer hinsieht, wird deutlich, dass es sich beim Bild letztlich um eine Allegorie auf das „Element Feuer“ handelt. Eine Allegorie (lat.-griech. „das Anderssagen“) ist ein rational fassbares Bild eines ansonsten abstrakten Begriffs. Im Allgemeinen wird der Begriff dabei noch bildlich personifiziert. Diese Darstellungsart ist typisch für die Zeit der Renaissance mit ihrer Kunstform des Manierismus. Darunter versteht man Darstellungen, die aufgrund der gewollt gezierten, kapriziösen und spannungsgeladenen allegorischen Bilder nur von eingeweihten Kennern aristokratischer Kreise mit entsprechenden Manieren verstanden werden sollten. Man kann auch an „Anamorphosen“ denken.

Im Folgenden beschreiben wir einige Einzelheiten des Bildes von Guiseppe Arcimboldo.

  • Eine Öllampe modelliert Kinn und Unterkiefer des Kaisers. Die Flamme des Öllämpchens formt die für die Habsburger typische vorstehende Unterlippe

  • Den Schnurrbart des Kaisers bilden Schwefelhölzchen.

  • In einem Wachsstock (oder einem Bündel Zündschnur?) erkennt man die faltige Denkerstirn.

  • Ein Kerzenbündel stellt den Hals dar.

  • Die Wangen sind aus Talg modelliert. Manche sagen, das wären Feuersteine.

  • Werg (als Brennhilfe gedacht, aber auch zum Verdämmen von Kanonen vor dem Schuss) ziert das Gesicht als etwas struppiges Haar.

  • In einem abgebrannten Kerzenstummel erkennt man das linke Auge.

  • Zum Feuermachen dienen zwei Geräte aus Feuerstahl (aus denen Nase und Ohr geformt sind).

  • Die zum Feuermachen ebenfalls wichtigen Flintsteine entdecken wir als Verzierung in der Kette des Ordens.

  • Flammen eines brennenden Holzstoßes umgeben den Kopf wie eine Krone. Vielleicht war Maximilian II rothaarig, so dass die Flammen eher seinen Haarschopf darstellen? Jugendbilder lassen darauf schließen.

  • Diese „Krone“ wird durch eine große Kerze entzündet, die vom Kaiser wie ein Zepter gehalten wird.

  • Kanonen mit Ladestock sowie Pistolen runden den Themenbereich ab. Sie erinnern an die militärischen Siege der Habsburger Kaiser – zum Beispiel in den gerade stattfindenden Kriegen, die mit den Türken um Ungarn geführt wurden. Dazu passend erkennt man links unter dem Goldenen Vlies den Doppeladler des Heiligen Römischen Reiches, dessen Kaiser die Habsburger zur Zeit Arcimboldos waren.


In unserem Zusammenhang ist noch Folgendes interessant: Auch die reale Kette des Ordens vom Goldenen Vlies zieren nicht etwa Brillianten oder andere wertvolle Klunker, sondern große geschliffene Feuersteine! Man nennt sie bekanntlich auch Flint oder Flintsteine. Sie wurden in den Steinschloss-Gewehren verwendet. Daher stammt das etwas herablassend gemeinte Wort „Flinte“ für ein altertümliches Gewehr.


Wie Zunderschwamm zubereitet wird
Der Vater von Wilhelm Busch nutzte noch um 1850 Feuerstein und Zunder, wie der Maler es in seinen Erinnerungen ("Was mich betrifft") schreibt:
"Mein Vater ... rauchte beständig Pfeifen, aber, als Feind aller Neuerungen, niemals Zigarren, nahm daher auch niemals Reibhölzer, sondern blieb bei Zunder, Stahl und Stein."
Vom Zunderschwamm (einem früher weitverbreiteten Baumpilz auf Birken und Buchen) wurden die obere Rinde sowie das darunter liegende röhrige Sporengewebe entfernt. Der Schwamm wurde mehrmals gekocht, geknetet und dann getrocknet. Schon jetzt konnte man ihn als Zunder, also als leicht entzündliches Material, einsetzen. So haben ihn wohl auch die Steinzeitmenschen benutzt.
Später lernte man, ihn mit einer konzentrierten Salpeterlösung zu tränken und zu trocknen. Dieser Zunder ließ sich durch Funken, etwa aus Feuerstein und Markasit oder Stahl, entzünden. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein gab es eine große Zunderindustrie, deren Zentrum in Deutschland die Stadt Ulm war; die Folge davon war leider auch, dass der Schwamm bald nahezu ausgestorben war.

Besuchen Sie auch unsere Webseite "Ergänzung zum Zunderschwamm".


Probleme beim steinzeitlichen Feuerschlagen?
Bei Steinzeit-Projekttagen soll Feuer mit Feuersteinen erzeugt werden. Das gelingt nicht immer: Der Pyrit (und vor allem der Markasit) zerbröselt - auch beim Feuerstein spritzen beim Schlagen Teile weg. Das liegt nicht an ungeeigneten Steinen!
Man muss wissen: Die Kunst des steinzeitlichen Feuermachens beruht nicht nur auf dem einfachen Aneinanderschlagen der Steine Flint und Markasit/Pyrit. Die sind tatsächlich viel zu brüchig. Man benötigt nach allen Regeln der Steinzeitkunst bearbeitete Materialien.
So muss der Flint durch vorsichtiges Schlagen ("Knapping") abgerundet werden, damit seine frischen, scharfen Kanten beim Schlagen nicht absplittern. (Das gilt ganz allgemein für Feuersteinwerkzeuge.) Oftmals wird er auch in eine Fassung (zum Beispiel in ein Stück Hartholz oder in ein Hirschgeweihstück) gesteckt. Wie Sie anhand der Abbildung des Steinfeuerzeugs sehen können, wird der Flint auch manchmal nur so zugeschlagen, dass er griffiger wird.
Gleiches gilt auch für die besonders empfindlichen Markasitstücke. Die sind zu kleinen runden Stückchen geformt worden und immer eingepackt - entweder in die Höhlung eines Stück Hirschgeweihs oder in Holz und dazu noch mit Birkenpech eingeklebt.
Außerdem: Nur mit derartig bearbeiteten Werkstücken kann man dem Funkenflug eine Richtung geben.
Ich empfehle allen, die das Feuermachen ernsthaft betreiben wollen, den Kontakt mit einem Museum, das experimentelle Archäologie betreibt. Ein Beispiel ist das sehenswerte Germanengehöft in der Stadt Oerlinghausen.

Literatur:
André Pieyre de Mandiargues: Das Wunder Arcimboldo; DuMont Buchverlag, Köln 1978.
W. Kriegskorte: Guiseppe Arcimboldo; Benedikt Taschen Verlag, Köln 1988.


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek