Honig - Eine süße Alternative?

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Eine Biene auf einer Phacelia-Blüte (Foto: Blume)


Was genau ist überhaupt Honig?
Der Name Honig leitet sich aus dem Indogermanischen ab und bedeutet soviel wie „goldfarbig“. Er ist eine dickflüssige oder auch leicht kristalline, süß schmeckende Flüssigkeit.

Noch immer wird er als die gesündere Alternative für den normalen Haushaltszucker (Saccharose) angesehen. Wenn auf vielen Etiketten von Gläsern mit handelsüblichem Honig der Vermerk „reiner Honig“ geschrieben steht, ist damit jedoch nicht die Zusammensetzung des Honigs gemeint, sondern nur die Tatsache, dass er zu 100 % von Bienen abstammt und keine sonstigen künstlichen Beimischungen enthält. Chemisch betrachtet ist der Honig ein Sammelsurium verschiedenster Substanzen, die stark variieren können.

Vor allem besteht Honig aus in Wasser gelöstem Invertzucker. Das ist nichts anderes als enzymatisch gespaltene Saccharose. Deshalb machen Glucose und Fructose (Verhältnis 1:1) etwa 70 % des Zuckeranteils aus. Weitere Zucker sind ungespaltene Saccharose und Maltose. Hinzu kommen Enzyme (also Proteine), Aminosäuren, organische Säuren, Mineral- und Aromastoffe und vieles mehr. So ist im Honig auch der Neurotransmitter Acetylcholin enthalten.
Es konnten außerdem mehr als 80 Aromastoffe im Honig identifiziert werden. Je nachdem, wo die Bienen ihren Nektar sammeln, variiert deren Zusammensetzung.


Wie kommt die Biene an den Honig?
Wer kennt es nicht, dieses idyllische Bild von einer Biene, die von Blüte zu Blüte fliegt und den Nektar sammelt. Doch was genau ist es, was die Biene da sammelt und wie wird daraus Honig?

Die Biene nimmt durch ihren Saugrüssel Nektar auf. Der Nektar enthält ca. 20 % Zucker, welcher in Form von Saccharose, Glucose und Fructose vorliegt. Dazu kommen noch Pollen, die Proteine, Stärke und viele andere Substanzen enthalten.

Die Sammelbiene (Flugbiene) sammelt den Nektar in der Honigblase. Darin beginnt schon die enzymatische Aktivität zur Veränderung des Nektars in Richtung auf den Honig. Hat die Biene genug gesammelt, fliegt sie zurück zu ihrem Bienenstock und gibt den Nektar an die jüngeren Stockbienen weiter. Die Stockbiene schluckt den Nektar, wodurch er erneut mit Enzymsaft versetzt wird. All diese Biokatalysatoren wandeln den Nektar in Honig um.

Diese Honigmischung ist jedoch noch viel zu flüssig. Zum Eindicken lässt die Biene den Honig immer wieder durch ihren Saugrüssel austreten, so dass ein Tropfen am Ende des Rüssels entsteht, und saugt ihn wieder ein. Durch dieses Verfahren und durch die hohen Temperaturen im Bienenstock verdunstet Wasser; der Honig verdickt sich. Danach wird der verdickte Honig in eine offene Wabenzelle eingefüllt, wo er noch „reifen“ kann (siehe unten). Die Wabenzelle – ein Muster an hexagonaler Symmetrie – besteht aus Bienenwachs. Das ist ein 1:1-Ester aus langkettigen Alkoholen mit langkettigen Fettsäuren. Wir sehen: Bienen sind echte chemische Fabrikationsstätten…

Kurz: Es handelt sich beim Honig um ein immer wieder erbrochenes und teilverdautes Produkt der Bienen.

Bienenwabe (Foto: Bernd Rüter)


Die Honigsorten
Betrachtet man das Sammelverhalten von Bienen im Garten, dann scheinen sie eine Blüte nach der anderen anzufliegen. Hier mal eine Rose, dann ein Hibiskus, dann…
Schon jeder wird sich irgendwann einmal gefragt haben, wieso und warum in einem Glas Apfelblütenhonig sein soll, nur weil das auf dem Etikett steht. Woher also weiß die Biene, was später auf dem Glas steht?
Untersuchungen haben ergeben, dass Bienen einer bestimmten Blütenart treu ergeben sind. Stellt ein Imker seine Stöcke neben eine Apfelplantage, dann werden wirklich nur Apfelblüten besucht. Analog funktioniert es mit einem Rapsfeld. Wie kann man das nachprüfen? Man muss sich dazu nur die Pollenverunreinigungen ansehen.

Und wie ist das mit dem Tannenhonig? Tannen haben doch keine Blüten, die Nektar produzieren! Hier sammeln die Bienen die Ausscheidungen („Honigtau“) der reichlich vorhandenen Tannenläuse ein.


Wie wird aus dem Blütennektar Honig?
Die Biene besitzt in ihrer Honigblase und in ihrem Verdauungstrakt verschiedene Enzyme. Das sind unter anderem Saccharase, Glucoseoxidase, Amylase und Phosphatase. So verschieden wie die Zusammensetzung des Honigs und des Nektars sind auch die Enzyme. Die Wirkungsweise der für die Honigfertigung bedeutendsten Enzyme werden im Folgenden vorgestellt.

A Der Nektar und die Saccharase
Die Saccharase ist eines der bedeutendsten Honigenzyme. Zwei Reaktionen werden durch sie katalysiert.

1. Saccharose wird hydrolytisch in seine Grundbausteine gespalten (Invertase-Reaktion).


Bei dieser Reaktion bilden sich aus dem Disaccharid Saccharose die Monosaccharide Glucose und Fructose.

2. Diese beiden Monosaccharide können dann dank der zweiten bedeutenden Saccharase-Reaktion, der Transglycosidierung, anstelle auf Wasser (wie bei der Hydrolyse) auf weitere Kohlenhydratmoleküle übertragen werden. So entstehen durch Transglucosidierung bzw. -fructosidierung neue Kohlenhydrate.


Es können natürlich auch Glucosylreste auf ein Glucosemolekül übertragen werden, so dass z. B. Maltose entsteht (und so weiter).

Durch die Saccharase ist es also möglich, verschiedene Zuckerarten im Honig zu kombinieren. Das Ganze hat natürlich auch einen praktischen Wert. Eine konzentrierte Lösung aus verschiedenen Zuckern kristallisiert nämlich sehr viel langsamer aus als die Lösung mit nur einem Zucker. Erlose hat darüber hinaus auch schon in sehr kleinen Mengen eine hemmende Wirkung auf die Kristallisation.

B Glucoseoxidase und die Konservierung des Honigs
Das zweite wichtige Enzym ist die Glucoseoxidase. Sie katalysiert die Oxidation von b-Glucose. Bei dieser Reaktion entstehen Gluconsäure und Wasserstoffperoxid, beides Verbindungen, die konservierende Eigenschaften besitzen.

Die Gluconsäure senkt den pH-Wert. Dadurch erhält der Honig einen Schutz vor allem gegen Pilze. Aber auch die Bienenmilben (vor allem die Varroa-Milbe) werden durch saures Milieu vertrieben. (Dazu verwendet der Imker sogar Ameisensäure.)
Wasserstoffperoxid hingegen zeichnet besonders die bakterienhemmende Wirkung aus.

Die Bienen-Glucoseoxidase ist ein Hämprotein, welches vom Coenzym FAD/FADH2 abhängig ist. Das Reaktionsschema sieht wie folgt aus:


Allerdings wird durch die Glucoseoxidase nur die b-Glucose umgesetzt. Diese bildet sich durch Mutarotation aus der normalerweise vorliegenden a-Glucose. Da das recht langsam vonstatten geht, ist auch die Konzentration an Gluconsäure und an H2O2 immer zu gering, um auch den Bienen selbst zu schaden.

(Die Bienen-Glucoseoxidase zeigt aus diesem Grunde einen etwas anderen Mechanismus als das in der Blutzuckeranalytik gebräuchliche Enzym.)

C Chemische Reaktionen lassen den Honig reifen
Es gibt natürlich auch chemische Reaktionen, die während der Honigreifung eine besondere Rolle spielen. Da sind beispielsweise die Aminosäuren, die durch den Speichel und Magensaft der Bienen in den Honig gelangen. Sie reagieren mit reduzierenden Zuckern und bei niedrigem pH-Wert nach der Maillard-Reaktion. Es entstehen gelblich-braune Verbindungen, die mitverantwortlich für die Farbe des Honigs sind. Aber auch viele der Aromastoffe des Honigs werden hierbei gebildet.


Wir sehen, dass das Produkt „Honig“ so vielfältig ist, dass man es kaum nachahmen kann. Und dennoch kann man Kunsthonig kaufen. Den besprechen wir auf einer besonderen Webseite.


Ist Honig wirklich soviel gesünder als Zucker?
Honig ist dem Menschen schon sehr lange als Süßungsmittel bekannt. Früher galt er als Süßungsmittel der armen Leute, das die sogar im Wald sammelten, als es noch wilde Bienen gab. Dabei mussten sie oft genug mit den ebenfalls nach Süßem fahndenden Braunbären rangeln. (Das ist – was viele gar nicht wissen - der eigentliche Grund dafür, weshalb auch heute noch in Bayern jeder freilebende Bär abgeschossen wird.)

Heutzutage gilt Honig als gesunde Alternative zum gerne verteufelten „Kristallzucker“.

Vorteilhaft am Honig ist wohl aber nur, dass der Invertzucker schneller resorbierbar ist als Saccharose.

Es ist zu vernehmen, dass es wieder mit Honig gefüllte Bioschnuller gibt. Der Zahnarzt freut sich schon… Denn auch oder gerade Honig löst zum Beispiel Karies aus. Hierbei wirkt er sogar noch schlimmer als normaler Zucker, da die klebrige Konsistenz des Honigs dafür sorgt, dass er noch stärker und deshalb länger an den Zähnen haftet.

Für den Menschen wichtige Substanzen wie Aminosäuren, Mineralstoffe und Vitamine sind nur in sehr geringen Mengen vorhanden.

Die vielgerühmten Enzyme des Honigs haben kaum eine Chance, die verdauende Wirkung von Darm- und Magensaft zu überstehen.

Und ob sich das Acetylcholin positiv auf den Kreislauf auswirkt, sei dahingestellt. Dazu müsste es erst einmal die Synapsen des Parasympathicus-Systems erreichen…

Es gibt die Möglichkeit, dass die Bienen mit dem Nektar Schadstoffe einsammeln, die ihnen vielleicht gar nicht schaden – aber uns.

In Honigarten aus dem mediterranen Ausland oder aus Neuseeland können sogar naturtoxische Inhaltsstoffe vorkommen. Einige dieser Substanzen stammen aus Rhododendron- und Azaleengewächsen und werden von den arglosen Bienen mit eingesammelt. Die toxischen Stoffe wirken auf Säugetiere vor allem blutdrucksenkend und sollen sogar zu einer Niederlage des römischen Feldherrn Pompejus 67 v. Chr. beigetragen haben: Seine Soldaten waren nach dem Genuss ihres Frühstückshonigs („Pontischer Honig“) nicht mehr kampffähig, sondern krochen eher am Boden herum als zu marschieren. (Da erinnert man sich irgendwie an die Marschverpflegung der Bundeswehr…)

Leider können auch anthropogene Schadstoffe wie Pestizide nicht ausgeschlossen werden, obwohl der (zumindest der von Großunternehmen vertriebene) Honig regelmäßigen chemischen Kontrollen unterliegen sollte.

Alle diese Punkte sprechen nicht gerade für den Honig.


Gelée Royale
Aber da ist ja noch der sagenhafte Gelée Royale, der Stoff, der aus Bienen Königinnen macht! Es handelt sich um trans-10-Hydroxy-D-2-decensäure.

Inhaltsstoff von Gelée Royale


Gelée Royale macht wohl eher die Hersteller einschlägiger, natürlich sehr kostspieliger Kosmetikprodukte reich als die erwartungsvolle Anwenderin schön… In diesem Zusammenhang sollte man die Geschichte von Roald Dahl lesen.


Egal, was drin ist: Schmecken tut er jedenfalls, der Honig! Wenn er bloß nicht so schrecklich tropfen würde…

(Foto: Yvonne)


Was ist zu tun, wenn flüssiger Honig auskristallisiert?
Erwärmen Sie ihn nicht direkt auf der Herdplatte oder über der Gasflamme, da er sich dabei leicht zersetzt. Am besten ist es, wenn Sie das Honigglas so lange in einem Wasserbad erhitzen, bis Sie keine Kristalle mehr sehen. Das dauert aber etwas! Danach ist er wieder wie frisch.

Dahinter steckt Folgendes: Honig ist eine übersättigte Lösung von Zuckern. Wenn er länger steht, bricht dieses metastabile System zusammen; es kommt zur Kristallisation. Durch das vorsichtige Erhitzen stellen Sie die übersättigte Lösung wieder her.


Literatur:
Roald Dahl: Gelée Royale, in: Küsschen, Küsschen! Rowohlt Taschenbuch Verlag. Reinbek bei Hamburg, 2006.


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Letzte Überarbeitung: 26. Mai 2014, Dagmar Wiechoczek