Wie gewonnen so geronnen: Sauermilch und deren Produkte

Experimente:
Versuch: Von der Milch zur Molke
Versuch: Mein Joghurt lebt! Joghurt ganz einfach selbst gemacht
Versuch: Das Prinzip der Quark-Herstellung
Versuch: So wird's Käse!


(Foto: Dani)

Saure Milch - wie ekelig! Wenn du schon mal einen großen Schluck sauer gewordene Milch getrunken hast, weißt du was hier gemeint ist (siehe auch Warum wird Milch sauer?). Trotzdem werden Produkte angeboten, die aus saurer Milch hergestellt werden. Wer kauft denn so etwas? - wirst du denken. Wenn du weißt, welche Produkte sich hinter den Sauermilcherzeugnissen verbergen, wirst du verstehen, warum es ein riesiges Angebot und eine ebenso große Nachfrage gibt.

Sauermilchprodukte werden alle durch Gärung aus pasteurisierter Milch oder Sahne durch Zugabe von speziellen Mikroorganismen hergestellt. Die Mikroorganismen, bei denen es sich in der Regel um Milchsäurebakterien (z. B. Lactobacillus- und Streptokokken-Arten) handelt, wandeln einen Teil des in der Milch enthaltenen Milchzuckers in Milchsäure um. Durch die sich bildende Säure fällt der pH-Wert auf 4-5 ab und es kommt zur Gerinnung (Denaturierung) des Milcheiweißes. Man bezeichnet dieses Verfahren auch als "Dicklegen" der Milch. Da das denaturierte Eiweiß für den Menschen leichter verdaulich ist, sind Sauermilchprodukte gut bekömmlich. Die entstehende Milchsäure sowie die Kulturen der noch lebenden Mikroorganismen begünstigen ebenfalls die Darmtätigkeit und fördern eine geregelte Verdauung.

Je nach Mikroorganismus verläuft die Gärung entweder über den Glycolyse- oder den Pentosephosphatweg oder sogar über beide Wege. Bei der Glycolyse entsteht überwiegend Milchsäure. Man bezeichnet diesen Weg daher auch als homofermentative Gärung. Über den Pentosephosphatweg wird neben Milchsäure noch Essigsäure, Ethanol und CO2 gebildet. Diesen Stoffwechselweg bezeichnet man als heterofermentative Gärung.

Sauermilchprodukte werden in unterschiedlichen Fettgehaltstufen angeboten. So gibt es je nach der verwendeten Milch Sauermilchprodukte mit
höchstens 0,3 % Fett (aus entrahmter Milch),
1,5-1,8 % Fett (aus fettarmer oder teilentrahmter Milch),
3,5 % (aus Vollmilch) und
mehr als 10 % Fett (aus Sahne).

Der Geschmack ist abhängig vom Grad der Säuerung. Er kann ganz mild aber auch stark säuerlich sein. Die Konsistenz der angebotenen Sauermilchprodukte reicht von flüssig bis stichfest.
Aus dem vielfältigen Angebot der Sauermilchprodukte werden dir hier die wichtigsten kurz vorgestellt:

Sauermilch
Sauermilch hat einen pH-Wert von 4-5 und enthält ca. 0,5-0,9 % Milchsäure. Die zur Dicklegung verwendeten Bakterienstämme sind in der Regel Streptococcus lactis und Streptococcus cremoris. Ist das Produkt stichfest, so spricht man von Dickmilch. Sauer- und Dickmilch werden pur in den oben angegebenen Fettgehaltstufen sowie in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen in den Handel gebracht.
Früher konnte man sich Sauermilch ganz einfach selbst herstellen, dazu brauchte man nur ein Schälchen Milch über Nacht bei Zimmertemperatur stehen zu lassen. Heute funktioniert das nicht mehr, was sich aus der heutigen Frischmilch über Nacht - oder sogar erst nach mehreren Nächten - bildet, ist bitter und einfach ungenießbar. Der Grund ist ganz einfach: da die Kühe heutzutage maschinell gemolken werden und ihre Milch nicht mehr der Stallatmosphäre mit den darin enthaltenen Bakterien ausgesetzt wird, kann es nicht mehr zu dieser natürlichen Gärung kommen. Die gekaufte Milch ist durch eine Wärmebehandlung von den Bakterien befreit worden, so dass die hierbei entstehende Sauermilch auf eine Fehlgärung durch Fremdkeime (beispielsweise aus der Luft) zurückzuführen ist.

Joghurt
Joghurt zählt zu den beliebtesten Sauermilchprodukten. Für die Herstellung werden der pasteurisierten Milch die beiden Joghurtkulturen Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus zugesetzt. Durch das anschließende Erhitzen auf eine Temperatur von 42-45 °C kommt es zur Vermehrung der Bakterien und damit auch zur Säuerung und Dicklegen der Milch. Nach 2-3 Stunden wird die Gärung durch Abkühlung unterbrochen. Der Joghurt erhält so seine gewünschte Konsistenz, die je nach Verfahren von flüssig bis stichfest reicht. Stichfester Joghurt wird im Becher gereift, während Trinkjoghurt in großen Tanks angesäuert und danach abgefüllt wird. Der pH-Wert von genussfertigem Joghurt liegt bei etwa 4-4,2. Der Milchsäuregehalt beträgt 0,7-1,1 %.
Ein Spezialjoghurt wird mit Lactobacillus acidophilus und Lactobacillus bifidus hergestellt. Er wird im Handel als "Joghurt mild" angeboten. Ein Zusatz von Früchten bzw. Fruchtzubereitungen führt zu "Fruchtjoghurt". Je nach Fettgehaltstufe (siehe oben) unterscheidet man Magermilchjoghurt, Fettarmen Joghurt, Joghurt und Sahnejoghurt.

Kefir
Kefir ist ein leicht schäumendes, alkohol- und kohlensäurehaltiges Getränk. Die typischen erbsengroßen blumenkohlartig geformten Kefirknöllchen bestehen aus einer noch zum Teil unbekannten Mikroflora. Bei dem heterofermentativen Gärprozess entstehen ca. 0,5-1 % Milchsäure und sogar eine geringe Menge Alkohol (ca. 0,1-0,8 %).

Quark
Quark ist ebenfalls ein Sauermilchprodukt. Im Gegensatz zu den anderen Sauermilcherzeugnissen - abgesehen vom Käse -, wird hier die dickgelegte Milch kleingeschnitten und gerührt. Die sich dabei absetzende Flüssigkeit, die Molke, wird durch Zentrifugieren abgetrennt und kommt als Trinkmolke in den Handel oder wird weiter zu Molkeerzeugnissen verarbeitet. Der Quark wird nun cremig passiert und durch Zugabe von Rahm auf verschiedene Fettgehaltstufen eingestellt. Die gängigsten Speisequarksorten enthalten 10 % bis 60 % Fett in der Trockenmasse.

Sauerrahmprodukte
Nicht zu vergessen sind die Sauermilcherzeugnisse, die aus gesäuerter Sahne entstehen. Dazu gehören spezielle Buttersorten wie z. B. die Sauerrahmbutter und die mild gesäuerte Butter.


Weitere Texte zum Thema „Milch“


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 22. April 2007, Dagmar Wiechoczek