Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 344
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1876
F: In meiner Frage geht es um den Modellversuch zur Eiweißverdauung. Was ist "w" = 5% ausgesprochen? Und warum benötigt man genau eine 5%-ige Pepsin-Lösung? Wird in unserem Magen 5%-iger Pepsin gebildet, der zur Eiweißverdauung beiträgt?

Und haben Sie schon mal von dem Mythos gehört, dass Pepsinwein die Eiweißverdauung fördern soll? Halten Sie diesen Mythos für wahr oder lediglich für eine unnütze Erfindung?


A: Bei Pepsin handelt es sich um eine Mischung von einer Gruppe von ähnlich gebauten und wirkenden Proteasen, die in der Magenschleimhaut synthetisiert werden. Ihnen ist gemeinsam, dass sie ihr pH-Wirkungsmaximum im Sauren haben.

Zu der Konzentrationsangabe:
Die Abkürzung „w = … %“ steht für den prozentualen Gehalt einer Mischung - bezogen auf die Masse bzw. Gewicht (engl. weight). Hier heißt es also: 5 g Pepsin auf 95 g (oder 95 ml) Wasser (oder Salzsäure).

Diese w-Werte sind im Allgemeinen nur Richtwerte. Ihre Angabe soll bewirken, dass Experimentierende nicht unnötig konzentrierte oder zu verdünnte Lösungen ansetzen. In diesem speziellen Fall geht es darum, den Effekt des Pepsins z. B. im Schulunterricht in einer Stunde zu zeigen.

Im Magen ist die natürliche Pepsin-Konzentration viel geringer. Deshalb dauert die Verdauung auch viel länger; ein guter Gänsebraten liegt bekanntlich viele Stunden im Magen.
Täglich wird auch etwa nur 1 g Pepsin erzeugt. Diese Menge reicht aber aus, um etwa 600 kg (!) Protein (Hühnerei-Albumin) zu zerlegen.

Konzentrationswerte für Pepsin im Magensaft liegen mir aber nicht vor. Ich weiß nur, dass diese stark variieren; schon zwischen Mann (der hat mehr) und Frau (weniger) gibt es Unterschiede.

Das alles hängt darüber hinaus noch von der Speisenzusammensetzung ab, die die Menge an Magensaft beeinflusst.

Zum Pepsinwein:
Dieser soll der Verdauung dienen (griechisch pepsis, Verdauung). Letztlich ist es nur ein Likör mit Dessertweinen wie Sherry (Alkoholgehalt ab 16 Vol%), dem man Pepsin beigemischt hat (im Allgemeinen w = 2,5 %).
Das Pepsingemisch stellt man her, indem man die Magenwand von Schlachttieren extrahiert - zum Beispiel mit verdünntem Alkohol.
Der im Pepsinwein enthaltene Alkohol soll ebenfalls die Verdauung fördern, indem er zum Beispiel die Salzsäureproduktion der Magenschleimhaut ankurbelt. Die Wirkung von Alkohol ist jedoch umstritten.


1877
F: In der ersten Woche der Herbstferien habe ich einen Kurs einer Schülerakademie geleitet, in dem es um Farbstoffe in Lebensmitteln ging.

Unter anderem untersuchte eine Gruppe parallel zwei Proben von Safran. Die eine Probe lag als Pulver vor (und steht schon seit mehr als 25 Jahren in der Chemiesammlung meiner Schule), die andere war als Gewürz erworben und lag als „Safran-Fäden“ vor.
Beide Proben lieferten einen goldgelben wässrigen Extrakt. Auch die Spektren der wässrigen Extrakte waren im Bereich 350nm bis 800 nm identisch (mit 2 Maxima bei ca. 420 und 480 nm).
Das Kochen mit wenig festem Natriumhydroxid im Wasserbad führte nicht zu nennenswerten Veränderungen (nur sehr schwache Trübung bei der Probe aus „Safranfäden“). Die anschließende Ansäuerung mit Salzsäure führte nur in der Probe aus „Safranfäden“ zu einer orange-farbigen flockigen Fällung (nach meiner Interpretation Crocetin), die auch nicht nennenswert in eine überschichtete Benzin-Phase zu extrahieren war. Die Probe aus dem „Safranpulver“ blieb dagegen klar und verfärbte sich blass violettrot. Auch hier war keine Extraktion in die Benzinphase festzustellen.

Ein entsprechender Unterschied ergab sich nach dem Auftropfen von wässrigen Extrakten auf Papier: während der Extrakt aus „Safranfäden“ weder bei Zugabe von Salzsäure noch von Kalilauge eine Farbveränderung aufwies, zeigte der Extrakt aus dem „Safran-Pulver“ eine deutlich rotviolette Verfärbung, wenn Salzsäure zugegeben wurde. Weiterhin stellten wir fest, dass das Auftropfen von Wasser auf den gelben Fleck des Extraktes aus „Safranfäden“ nicht zu einer erkennbaren Wanderung des Farbstoffs führte, während der entsprechende Versuch bei dem Extrakt aus dem Pulver zu einem Transport des gelben Farbstoffs zur Lösungsmittelfront führte.

Haben Sie eine Idee, was es mit dem „Safranpulver“ auf sich haben könnte?
Wie könnte man mit Schulmitteln hier zu einer weiteren Eingrenzung kommen?

Für Hinweise wäre ich Ihnen sehr dankbar! Schon jetzt für Ihre Mühe besten Dank!


A: Safran (auch Saffran oder Zaffran geschrieben) wird in Form der aus der Pflanze (Crocus sativus) entnommenen Stempel-/Pistillfäden („Safranfäden“) oder gemahlen als „Safran-Pulver“ angeboten.

Ich kann natürlich nicht nachvollziehen, was Sie im Einzelnen gemacht haben. Aber ich kann versuchen, Ihre Beobachtungen zu deuten.

Safran ist eine Stoffmischung. Neben aromatisch duftenden farblosen Terpenen (Safrol, Safranal) kommen terpenoide Farbstoffe vor. Da ist zum einen der eigentliche gelbe Safranfarbstoff, das Crocin. Dessen chemischer Grundkörper ist Crocetin, ein Carotinoid mit 2 Carboxylgruppen, also eine Dicarbonsäure.

Der natürliche Safranfarbstoff Crocin selbst ist jedoch das in warmem Wasser gut lösliche Glykosid des Crocetins, in dem die beiden Carboxylgruppen mit dem Disaccharid Gentiobiose verestert sind. Crocin ist das Hauptprodukt, das man bei den üblichen wässrigen Extraktionen von Safran erhält. Auf diese Weise gewinnt man einen Farbstoff, mit dem man Kuchen oder auch Getränke gelb färbt. („Safran macht den Kuchen gelb“. Klicke hier (Frage 1554).)

Je nach Herkunft und Umgebung kommen in den Krokus-Pflanzen neben Crocin in wechselnden Mengen komplexe Gemische aus verschiedensten Carotinoiden wie α- und β-Carotin, Lycopin, Lutein und Zeaxanthin vor. Diese sind im Gegensatz zu Crocin und Crocetin nicht oder wenig wasserlöslich und erfordern deshalb als Lösemittel wenig polare Substanzen wie Benzin oder Aceton. Dies kann die Erklärung der Divergenzen in Ihrer vergleichenden chromatografischen Untersuchung der zwei Proben sein.

Hinzu kommt die von Ihnen vorgenommene Säure- bzw. Laugenbehandlung: Hierbei kann es zur Hydrolyse der Glykosidbindungen oder von anderen Resten kommen. Das würde die Löslichkeit der Farbstoffe stark beeinflussen. Das erkennen Sie daran, dass nach Ansäuerung des alkalischen Hydrolysats offenbar schwerlösliches Crocetin ausflockt, da das Di-Anion anders als die Dicarbonsäure löslich ist. Dazu ist auch der Protonierungszustand bestimmend für das Verhalten in unterschiedlich polaren Lösemitteln sowie bei der Chromatografie.

Bedenken muss man noch, dass böse Menschen wegen der Kostbarkeit von Safran verbotenerweise Streckungsmittel zuzumischen versuchen - vor allem beim Safran-Pulver fällt das nicht auf. Das ist natürlich eine Verfälschung, die vielleicht ebenfalls Ihre Divergenzen erklären könnte. Wer weiß schon, welche Farbstoffe man zur Fälschung genommen hat, und ob das nur natürliche waren? Daher kann auch die Veränderung der Farbe mit dem pH-Wert herrühren. Denn das Spektrum von Crocin bzw. Crocetin sollte unabhängig vom pH-Wert der Lösung sein, da die Protonierung der Carboxyl/Carboxylat-Gruppen die Mesomerie des absorbierenden Carotinoid-Chromophors kaum beeinflusst.

Als ungesättigte Verbindung ist Crocin empfindlich gegenüber Sauerstoff. Man muss deshalb auch die Alterung Ihres Uraltpräparats aus der Sammlung mit in Betracht ziehen…

Um Ihre Fragen endgültig zu klären, muss man beide Safranpräparate sorgfältig auftrennen und vergleichend analysieren, z. B. mit der HPLC oder mit der Ionenchromatografie.


1878
F: Wir haben Schnitzel gegessen. Meine Kinder erzählten später, dass es auf dem Klo beim Pinkeln richtig nach gebratenem Fleisch gerochen habe. Sie fragten mich, wieso Schnitzelstückchen ins Pinkelwasser geraten sein könnten. Das konnte ich nicht beantworten. Da Sie ja schon über stinkenden Urin geschrieben haben, können Sie uns vielleicht auch helfen.


A: Sie meinen die Webseite zum Spargeleffekt.

Keine Sorge: Die „Filteranlagen“ (also die Nieren) Ihrer Kinder sind in Ordnung. Was Sie da riechen, sind keine Schnitzelstückchen, sondern Stoffe, die den Geruch nach gebratenem Fleisch verursachen. Es handelt sich um Produkte einer komplizierten chemischen Reaktion, der Maillard-Reaktion. Es gibt über 1000 dieser Maillard-Produkte, die alle unterschiedlich duften und ohne die unsere Küche nur fade Gerichte absondern würde. Sie entstehen im Allgemeinen beim Erhitzen von Mischungen aus reduzierenden Zuckern wie Glucose und Aminosäuren, Peptiden oder Proteinen. Solche Substanzen kann man sogar selbst herstellen. Klicke hier.

Die meisten Maillard-Produkte sind nicht toxisch und werden - wie Sie ja selbst bemerkt haben - unverändert mit dem Urin ausgeschieden, verleihen diesem aber natürlich die gleiche Duftnote wie die Speise, aus der sie entstammen.


1879
F: Wir haben eine wichtige Frage an Sie. Wie viele verschiedene Stoffe gibt es auf der Erde?
Es wäre toll, wenn Sie uns bald auf diese Frage eine Antwort senden könnten.


A: Die Antwort ist einfach: Es gibt unendlich viele chemische Verbindungen, also Stoffe. Charakterisiert, das heißt genauer beschrieben hat man bereits um die 20 Millionen.


1880
F: Im Netz gibt es zwar haufenweise Tipps zum Färben mit den grünen Schalen von Walnüssen - aber keinen Hinweis darauf, wie man die Farbe wieder loswerden kann - zum Beispiel von Leinen- oder Baumwollstoffen.
Sollten Sie einen Tipp haben, würde ich mich freuen diesen zu wissen.


A: Es handelt sich um den Farbstoff Juglon bzw. um dessen Oxidations- bzw. Polymerisationsprodukte. Klicke hier (Frage 1653). Dieser Farbstoff ist leider dafür bekannt, dass er besonders gut haftet. Am besten tut er das an Proteinen, wie man beim Nussschälen feststellen kann. Aber auch Cellulose (Baumwolle/Leinen) wird dauerhaft eingefärbt. Im Falle der Haut wächst sich der Fleck nach und nach heraus.

Sie können versuchen, die Fleckenbildner durch Langzeitbehandlung mit harten Bleichmitteln wie alkalischer Lösung von Wasserstoffperoxid (Vorsichtig, ist ätzend!) zu zersetzen und die Produkte auszuspülen. Aber viel Hoffnung kann ich Ihnen nicht machen.

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Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek