Prof. Blumes Tipp des Monats Dezember 2005 (Tipp-Nr. 102)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Rechtzeitig zu Weihnachten -
Etherische Öle

In der Winterzeit und um Weihnachten herum werden wieder die bekannten Duftlampen aktiviert. Die füttern wir mit Duftölen. Das sind "ätherische Öle", die schön brennen und dabei - weil sie wegen der Hitze gleichzeitig etwas verdampfen - duften.

Bild 1: Duftlampe (Foto: Daggi)


Versuch 1: Betrieb einer Duftlampe
Fülle eine Duftlampe mit dem dafür bestimmten Öl und entzünde sie.

Versuche ja nicht, eine Duftlampe mit Olivenöl zu betreiben! Denn dabei entstehen Stoffe wie das Acrolein, die dir statt Duft in die Nase die Tränen in die Augen treiben. Wenn du stattdessen Paraffinöl nimmst, riechst du gar nichts.

Der Begriff "Öl" ist in der deutschen Sprache dreifach besetzt. Es gibt

1. Mineralöle

2. Fette Öle

3. Ätherische Öle (deren moderne Schreibweise ist "Etherische Öle").

Die Unterschiede werden deutlich, wenn wir uns den Aufbau der Moleküle ansehen:
Mineralöle sind im Allgemeinen vorwiegend mehr oder weniger reine Kohlenwasserstoffe. Beispiele sind Benzin, Petroleum oder Heizöl. Sie werden aus Erdöl gewonnen.
Fette Öle sind Ester zwischen Glycerin und ungesättigten Fettsäuren (Triglyceride). Beispiele sind Olivenöl oder Lebertran. Sie werden aus Pflanzen und Tieren hergestellt.
Etherische Öle sind terpentinartige Substanzen, die vor allem aus Pflanzen hergestellt werden.

Die etherischen Öle sind verantwortlich für den Duft von Citruspflanzen, Eukalyptus und Lavendel sowie von vielen Blüten - zum Beispiel den von Gewürznelken oder von Rosen.

Wir können uns diese etherischen Öle selber herstellen. Dazu müssen wir wissen, dass auch die Duftstoffe von Orangen- oder Zitronenschalen zu den etherischen Ölen gehören. Sie brennen außerdem recht gut, was wir um Weihnachten immer mal wieder gerne ausprobieren.

Versuch 2: Citrusfrucht-Schalenöl brennt
Schäle eine Mandarine oder eine andere Citrusfrucht. Dabei stellst du den bekannten angenehmen Geruch fest. Die Finger fühlen sich manchmal richtig ölig an.
Entzünde eine Kerze und spritze Schalenöl in die Flamme, indem du die Schale einige Zentimeter entfernt an die Flamme hältst und ruckartig stark zusammenpresst.
Du beobachtest eine rußende, gelbe Stichflamme.

Bild 2 (Foto: Daggi)
Hierzu gibt es einen Film (301 KB)
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Diese Brennbarkeit ist Ursache der Waldbrände in südlichen Breiten - wie in Australien oder in Portugal. Nach dem Entzünden explodieren die dort wachsenden Eukalyptusbäume förmlich.

Die Gewinnung der etherischen Öle erfolgt durch Auspressen oder mit Hilfe der Wasserdampfdestillation. Das ist aber sehr mühsam. Unter den Bedingungen des Schullabors erhalten wir aus Orangenschalen nur wenige Tropfen oder Milliliter.

Deshalb beschaffen wir uns eine Probe des Destillats. Das ist ganz einfach, denn es gibt das Öl auch unter der Bezeichnung Etikettenablöser zu kaufen.

Die Etikettenablöser riechen wunderschön nach Mandarinen oder Orangen. Daraus werden sie auch hergestellt. Denn es fallen gerade in den angelsächsischen Ländern aufgrund der Frühstückssitten große Mengen an Schalen von Citrusfrüchten an, die wegen der etherischen Öle nicht als Tierfutter verwendet werden können und deswegen auch kaum kompostierbar sind. (Auch Regenwürmer mögen keine Terpene!)
Früher waren die Schalen Abfall. Nach der reinigenden Wasserdampfdestillation sind die Orangenschalen hochwertiges Tierfutter und auch gut kompostierbar. Darüber hinaus ersetzen etherische Öle die chlorierten Kohlenwasserstoffe (CKW) bei der Chipherstellung. Denn sie sind biologisch abbaubar und belasten das Grundwasser nicht, anders als die CKW. Damit konnte das Grundwasserproblem von Silicon Valley in den USA in den Griff bekommen werden.

Kein Wunder, dass man etherische Öle zu den nachwachsenden Rohstoffen zählt.

Kann man damit Spiegeleier braten? Neben dem angenehmen Geruch haben etherische Öle aber auch Eigenschaften, die nicht so angenehm sind. Zur Erinnerung: Nur fette Öle sind genießbar. Mineralöle und vor allem auch die etherischen Öle sind in größeren Mengen toxisch. Dem Vernehmen nach nutzt man etherische Öle zwar bei der Heiligen Ölung. Aber dann ist es sowieso egal...

Ihr Gefahrensymbol ist erstaunlicherweise nicht F (brennbar), sondern Xi (reizend). Zur Toxizität später mehr.

Dieses Öl wollen wir untersuchen
Zunächst: Was unterscheidet es von einem fetten Öl? Da hilft die Fettfleckprobe. (Zur Chemie des Fettflecks sagen wir weiter unten noch etwas.)

Versuch 3: Fettfleckprobe
Wir geben etwas fettes Öl (zum Beispiel Olivenöl) auf ein Schreibmaschinenblatt. Es bildet sich ein bleibender, transparenter Fleck, ein Fettfleck.
Wir wiederholen das mit einem etherischen Öl. Nachdem das Öl verdunstet ist, ist auch der Fettfleck verschwunden.

Brennen die etherischen Öle wirklich so gut?

Versuch 4: Brennbarkeit der etherischen Öle
Wir geben Etikettenlöser oder Duftöl in eine Porzellanschale und versuchen, das etherische Öl zu entzünden. Falls es nicht ohne weiteres brennt, erwärmen wir es über der Brennerflamme (Vorsicht!).

Bild 3 (Foto: Daggi)


Wir müssen das Öl schon gut anwärmen, um es zum Brennen zu bringen. Das liegt an dem hohen Siedepunkt des Gemischs und an seinem niedrigen Dampfdruck. Warum brennt das Öl in der Duftlampe dann überhaupt? Das liegt daran, dass der Docht für feine Verteilung und leichte Entzündbarkeit des Öls sorgt (wie bei einer Kerze).

Die Probe brennt mit gelber, rußender Flamme. (Daher das Nachdunkeln der Tapeten bei extensivem Duftlampengebrauch!) Dies ist ein Hinweis auf das Vorliegen von ungesättigten Verbindungen. Das können wir mit Bromwasser oder mit der ungefährlicheren Bayer-Probe zeigen.

Versuch 5: Nachweis von Doppelbindungen in etherischem Öl
Wir geben 1-2 ml Öl in zwei Reagenzgläser.
Zum ersten geben wir tropfenweise Bromwasser (C) (Abzug). Wir schütteln nach jeder Zugabe.
Zum anderen Glas geben wir etwas Bayer-Reagenz und vermischen gut. Es tritt Braunsteinbildung ein.

Nun probieren wir das Lösungsvermögen der etherischen Öle aus.

Versuch 6: Citronenschalenöl als Lösemittel
Wir geben etherisches Öl auf Klebeetiketten. Nach kurzer Zeit lassen sich diese ablösen. Wir probieren das auch mit Lack und mit eingetrockneten Klebstoffresten.

Die gleichen Versuche können wir auch mit Terpentin durchführen. Das ist kein Wunder, denn das gewinnt man aus dem Holz und den Nadeln von Nadelbäumen. Die enthalten auch Stoffe, die denen im Duftöl chemisch ziemlich gleichen.

Versuch 7: Vergleich Terpentin/Duftöl
Wir wiederholen die bisherigen Versuche mit Terpentinöl anstelle von etherischem Öl.

Es ist alles identisch - bis auf den Geruch. Der ist bei dem Terpentin nicht so angenehm.

Noch ein Tipp: Wegen des guten Lösungsvermögens sollte man vor dem Einsatz der Etikettenlöser unbedingt untersuchen, ob man den Gegenstand, von dem man die lästigen Klebeschildchen ablösen will, nicht schädigt!


Was sind die Inhaltsstoffe?
Etherische Öle gehören zu den Terpenen. Das sind im Allgemeinen kugelige, ungesättigte Moleküle. Das ist auch ein Grund dafür, dass man sie leicht durch Wasserdampfdestillation isolieren kann. Aber auch ihr gutes Lösevermögen wird darauf zurückgeführt.

Hier sind einige Beispiele:


Zur Chemie des Fettflecks
Reines Papier ist undurchsichtig weiß, weil die Cellulose-Moleküle das einfallende Licht reflektieren. Wenn eine Flüssigkeit wie Wasser, Benzin oder Öl hinzukommt, wird das Papier transparent. Seine optischen Eigenschaften werden so verändert, dass das Licht nicht mehr reflektiert wird, sondern durch das Papier hindurchgeht. In der Optik spricht man von Immersion ("Eintauchung").
Wie stabil der Fleck ist, ist eine Frage der Wechselwirkung zwischen Cellulose und der Substanz.
Die meisten etherischen Öle bestehen (wie wir gesehen haben) aus kleinmolekularen Kohlenwasserstoffen mit relativ niedrigen Siedepunkten und verdunsten deshalb leicht. Es gibt unter ihnen zwar auch Ketone oder Alkohole; aber auch die haben die eben beschriebenen Eigenschaften. Solche Moleküle binden sich wenig an die fädrigen Micellen der Cellulose.
Dagegen enthalten die Fette größere Moleküle. Diese sind von der Form her lang gestreckt - sie sehen aus wie eine Stimmgabel. Die können sich gut zwischen die Cellulosemoleküle schieben und verbleiben hier. Hinzu kommen die hohen Siedepunkte der Fette: Die liegen über 300 °C. Das alles gilt auch für die ungesättigten fetten Öle.

Bild 4 (Quelle: Cornelsen)


Aufgrund der beschriebenen Eigenschaften sind die Wechselwirkungen zwischen der Cellulose des Papiers und dem Fett bzw. dem etherischen Öl so unterschiedlich. Deshalb hinterlassen ätherische Öle im Gegensatz zu fetten Ölen auf Papier keinen bleibenden Fettfleck.
Übrigens sind auch Mineralöle Fettfleckbildner! Das liegt an ihren langen Molekülketten, denn es sind Kohlenwasserstoffe mit mehr als 10 C-Atomen.

Zum Thema „Fettfleck“ haben wir auch die Frage/Antwort 923.


Die meisten etherischen Öle sind nicht gesund
Abgesehen von den negativen Folgen, die ihre gute Brennbarkeit haben kann: Etherische Öle haben noch andere Eigenschaften, die Anlass für den vorsichtigen Umgang mit ihnen sein sollten. Sie wirken irritierend auf die Haut. Auf Schleimhäute wirken sie sogar stark ätzend!

Warnung vor Öllampen
Die Regierung warnt vor für Kinder gefährlichen Ölleuchten (Öllampen und Gartenfackeln). Viele der Leuchten entsprechen nicht den Vorschriften. Es wird darauf hingewiesen, dass schon das Verschlucken von einem Gramm Lampenöl für Kleinkinder tödlich sein kann.

Davon zeugen viele Vergiftungsfälle, wie man dieser Zeitungsmeldung entnehmen kann.

Kinder trinken Duftöl
Zwei kleine Kinder erleiden schwere innere Verletzungen, als sie von dem Duftöl für die weihnachtlichen Duftlampen ihrer Eltern trinken. Sie haben das Duftöl für Zitronensaft gehalten. (Hamburg)

Die etherischen Öle können darüber hinaus auch stark allergisierend wirken. Deshalb: Eher Finger weg davon - vor allem wenn Kinder im Haus sind!


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 29. April 2009, Dagmar Wiechoczek