Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 398
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2146
F: Ich hätte eine dringende Frage: Halten Sie es für möglich, dass durch eine ca. 8 tägige Einnahme von ca 6 gramm Ascorbinsäure/täglich eine Schädigung des zentralen Nervensystems entstanden sein könnte? Ich habe diese hohen Dosen von 6 gramm täglich oral eingenommen, hatte dabei auch zeitweise Kopfschmerzen und ein etwas benommenes Gefühl im Kopf. Wie ich Ihren Ausführungen entnommen habe, kann Ascorbinsäure eine stark oxidative Wirkung entfalten. Denn in Ihrer Webseite schreiben Sie:

"Durch diese Reaktionen der Ascorbinsäure wird verhindert, dass die Sauerstoff-Radikale wichtige Moleküle wie zum Beispiel die DNA oder Proteine sowie empfindliche Moleküle in den Biomembranen angreifen können. Ascorbinsäure spielt also in den Zellen die gleiche Rolle, die die Antiklopfmittel in den Motoren spielen. Das ebenfalls giftige Wasserstoffperoxid wird durch das sehr effektive Enzym Katalase abgebaut. Das Superoxidradikal O2·¯ wird übrigens auch durch das Enzym Superoxid-Dismutase umgesetzt."

Folgendes ist meine Frage: Bei mir haben einige Monate nach der hochdosierten Vitamin C-Einnahme die Symptome einer "amyotrophen Lateralsklerose" (ALS) eingesetzt. Diese Krankheit wird z.B. mit Störungen/Oxidation der Superoxid-Dismutase in Verbindung gebracht. Im Internet habe ich gelesen, dass die Pathogenese der ALS bislang zwar ungeklärt ist, dass oxidativer Stress und von freien Radikalen vermittelter Zellschaden bei der Degeneration der Neuronen beteiligt sind. Halten Sie hier einen Zusammenhang für denkbar?


A: Aus welchem Grunde nehmen Sie 6 g Ascorbinsäure pro Tag, wo Sie doch nur 70-100 Milligramm benötigen!

Wenn Sie meinen Text richtig gelesen hätten, wüssten Sie, dass Ascorbinsäure kein Oxidationsmittel, sondern im Gegenteil ein starkes Reduktionsmittel ist, das sogar zellschädigende Radikale und Oxidationsmittel zerstört. Oxidative Schäden brauchen Sie also nicht zu fürchten.

Einen Zusammenhang mit ALS kann ich nicht erkennen; ich bin allerdings auch kein Mediziner. Waren Sie deswegen schon bei einem Arzt? Oder informieren Sie sich nur im Internet?

Zu den großen Mengen an Ascorbinsäure noch eine Anmerkung: Sie müssen aufpassen, dass Sie sich nicht einen Nierenschaden einhandeln, denn beim Abbau der Säure entsteht Oxalsäure, die mit Calcium-Ionen schwerlösliches Calciumoxalat bildet.Folge sind Nierensteine.


2147
F: Ich wende mich an Sie mit einer Frage, die mir einer meiner Laboranten gestellt hat:
Wenn in Wasser geringe Spuren von Fetten sind und man gibt Campherplätzchen drauf, dann bleiben die Plätzchen in Ruhe. Ist das Wasser total fettfrei, so beginnen die Plätzchen sich zu drehen.
Ich habe es ihm mit der Spannung der Wasseroberflaeche und den Tensideigenschaften und der Lipophilie des Camphers erklaert, und bin dann im Internet auf Ihre E mail Sammlung, Frage 443 gestossen, was meine Antwort zum Teil bestätigt.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie meine gegebene Antwort bestätigen können, oder mir die richtige Erklärung des Experimentes geben könnten.


A: Das Phänomen ist schon seit langem bekannt und diente früher sogar zur Reinheitsbestimmung von Campher. Verunreinigter Campher zeigt die Drehung nämlich nicht.

Sie haben Recht, dass sich die Drehbewegungen auf Oberflächenphänomene zurückführen lassen. Das Ganze wird ermöglicht dadurch, dass die Dichte des Camphers fast gleich ist wie die des Wassers, dass er also mehr oder weniger auf dem Wasser schwimmt.

Es findet aufgrund der (wenn auch gering ausgeprägten) polaren Ketogruppe eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des Wassers und des Camphers statt. Da die Ketogruppen im Plätzchen, das aus vielen hexagonalen Kristallen aufgebaut ist, verschieden angeordnet und ungleich verteilt sind, kommt es zu einem räumlich ungleichmäßigen Angriff der Oberflächen-Kräfte.

Bekanntlich zeigt Campher eine starke Neigung zur Sublimation. Wenn Moleküle aus dem Grenzflächenbereich zum Wasser in den Gasraum wechseln, hat das die Drehung des Plätzchens zur Folge.

In unserer Webseite zum Wasserläufer wird gezeigt, wie stark die Oberflächenkräfte sind.


2148
F: Hallo, ich besitze einen Bergkristall, der ohne weiteres Zutun einfach weiterwächst, d.h. er bildet weitere kleine Mini-Bergkristalle auf der Oberfläche, die dann immer größer werden.. Ich habe versucht, eine Erklärung für dieses Phänomen zu finden und beim googeln auf Ihre Kristallversuche gestoßen. Bei diesen Kristallversuchen ist aber immer ein Medium vorhanden, in dem die Kristalle weiterwachsen. Können Sie erklären, wie ein Bergkristall weiterwachen kann, wenn er einfach nur in einem normalen Raum (allerdings relativ kühl und fensterlos)herumliegt? Auch weiterhelfende links wären willkommen.


A: Das habe ich noch nicht gehört, dass Bergkristalle entsprechend Ihrer Beschreibung wachsen könnten. Diese wachsen nämlich nur in wässrigem Milieu unter bestimmten Temperatur/Druck-Bedingungen, die man „hydrothermal“ nennt. Da es sich bei einem Bergkristall letztlich um ein Riesenmolekül handelt, bei dem die Silicium- und Sauerstoff-Atome untereinander irreversibel stark gebunden sind, kann es nicht zu einer Umgruppierung und zum Ausblühen kommen.

Sind Sie deshalb sicher, dass es sich wirklich um einen Bergkristall handelt? Es gibt nämlich eine Reihe anderer farbloser Kristalle, die durch Aufnahme von atmosphärischem Wasserdampf wachsen bzw. ausblühen – z. B. Glaubersalz und Soda.

Wahrscheinlich hat man Ihnen einen billigen Kristall untergejubelt… Ein Foto wäre hilfreich.


2149
F: Ich bin Zahnarzt. Zur Desinfektion von Wurzelkanälen wird im Allgemeinen eine ca. 6% Natriumhypochlorit Lösung verwendet, hergestellt aus 1 zu 1 verdünnter technischer Chlorbleichlauge. Für die Langzeitdesinfektion wird reines Calciumhydroxid als Paste mit Wasser frisch angesetzt.

Meine Frage: Ist eine Reaktion möglich, wenn man die beiden Mittel mischt? Entsteht vielleicht unter anderem Chlorkalk? Oder ist aufgrund des basischen Charakters keine Reaktion zu erwarten?


A: Beide Lösungen sind basisch und reagieren alkalisch. Sie können die Substanzen mischen, ohne Chlor freizusetzen. Probieren Sie es aber mit einer kleinen Probe aus; es kann ja sein, dass die von Ihnen genutzten Substanzen nicht das enthalten, was ich als Chemiker darunter verstehe.

Schwerlösliches Calciumhydroxid gibt gut vermischt mit Natriumhypochlorit das ebenfalls schwerlösliche Calciumhypochlorit Ca(ClO)2, das Sie dann als Paste nutzen könnten.

Ca(OH)2 + 2 NaClO + 2 H2O → Ca(ClO)2 • 2 H2O + 2 NaOH

Caliumhypochlorit kann man auch kaufen. Es ist von Chlorkalk CaCl(ClO) zu unterscheiden, welches weniger aktives Chlor (als Hypochlorit) enthält. Calciumhypochlorit wird daher auch „hochprozentiger Chlorkalk“ genannt.


2150
F1: Ich schreibe momentan eine Seminararbeit über Biodiesel. Anlässlich dazu habe ich ein paar Fragen an Sie. Wieso liegt der Brennpunkt von Biodiesel höher als vom Diesel? Wieso ist Rapsöl zähflüssiger als Diesel und Biodiesel. Es wäre eine große Hilfe für mich, falls Sie mir antworten würden.


A1: Ich gehe davon aus, dass es sich beim Biodiesel um Rapsöl-Methylester handelt. Mit Brennpunkt meinen Sie wohl Flammpunkt.

  • Dieselöl besteht vorrangig aus gesättigten, kettenförmigen Kohlenwasserstoffen von durchschnittlich 15 C-Atomen (Bereich 9-22). Es hat einen Siedebereich zwischen 170 °C und 390 °C.
  • Biodiesel ist dagegen eine Ansammlung von Methyl-Estern verschiedener langkettiger Fettsäuren, von denen die allermeisten mehr als 15 C-Atome besitzen. Der Siedebereich liegt zwischen 170 °C und wesentlich höheren Temperaturen.

Interessant sind die unterschiedlichen Flammpunkte: 55 °C bei Dieseltreibstoff, 180 °C bei Biodiesel.

Zur Erklärung schauen Sie sich die Moleküle an:

  • Im Diesel-Kohlenwasserstoff finden Sie überwiegend unverzweigte und gesättigte Kettenmoleküle, die keine Fremdatome enthalten und die locker nebeneinander liegen.
  • Die Moleküle von Biodiesel-Ester enthalten dagegen mindestens zwei O-Atome. Die C-O-Bindungen sind schwach polarisiert, was zu einem besseren Zusammenhalt der Moleküle führt. Außerdem sind die meisten im Biodiesel enthaltenen Fettsäuren ungesättigt und aufgrund der cis-Konfiguration an den Doppelbindungen gewinkelt aufgebaut. Die Ester liegen also allesamt ziemlich verknäult vor. Deshalb liegt der Siedebereich höher. Das bedeutet einen höheren Flammpunkt.

Zum Unterschied zwischen Rapsöl und Biodiesel: Die Moleküle von Rapsöl sind viel größer als die von Biodiesel. Erstere sind Lipide, also Triglyceride, bei denen drei Fettsäurereste an Glycerinmoleküle gebunden sind. Biodiesel dagegen besteht aus Methylestern der Fettsäuren – damit beträgt deren Molmasse nur etwa ein Drittel der von Rapsöl-Molekülen.


F2: Was sind Fremdatome?


A2: Kohlenwasserstoffe im engen Sinne (wie die im Dieselöl) bestehen nur aus C- und H-Atomen. Fremdatome sind Atome von Elementen, die darüber hinaus in Kohlenwasserstoffen eingebaut sind, also z. B. Sauerstoffatome in Estern..

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Letzte Überarbeitung: 13. September 2016, Fritz Meiners