Folgende Anfrage erreicht mich zum Thema „Schülerstreiche“:
Wir haben damals Rauchbomben gebaut. Verraten haben uns das wohl damals ältere Schüler. Anleitung:
Man mische Fixiersalz mit zerstoßenen Wasserstoffperoxidtabletten (Wasserstoffperoxidtabletten gab es damals in jeder
Drogerie, einfach eine Tablette ins Wasser werfen und man hatte eine schwache H2O2-Lösung)
zu gleichen Teilen und platziere dieses auf einem Stück Papier (hinter einem elektronischen Gerät, schließlich wollen
wir ja Lehrer ärgern und das gibt gut Panik).
- Fixiersalz - zur Fotoentwicklung, also Natriumthiosulfat
- Die Wasserstoffperoxidtabletten dürften aus Wasserstoffperoxid und Harnstoff bestanden haben.
Es ist noch etwas Wasser notwendig (den holt sich das Zeugs aber durch die hygroskopischen Eigenschaften aus der Luft,
das dauert aber etwas, also prima Zeitzünder).
Es gibt dann eine schlagartige Rauchentwicklung unter Wärmeabgabe (die Papierunterlage hat sich teilweise aufgelöst bzw.
war an den Rändern verkohlt). Der Rauch war dicht, weiß und meiner Erinnerung nach geruchlos.
Was ist da als chemische Reaktion passiert?
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Wir haben den Versuch nachgemacht. Er funktioniert. Es sei gleich darauf hingewiesen, dass die Dämpfe ätzend sind und nicht
eingeatmet werden dürfen. Deshalb ist der Versuch als Schülerscherz nicht geeignet - vor allem auch, weil die Platinen elektronischer
Geräte korrodieren könnten.
Versuch 1: Rauch ohne Feuer
Im Abzug arbeiten!
In eine Porzellanschale geben wir Natriumthiosulfat. Dazu tropfen wir mit einer Pipette Wasserstoffperoxid (w = 30 %) (C).
Ergebnis: Die Mischung fängt an zu brodeln und stößt Rauchwolken aus.
Wir halten ein feuchtes Universalindikatorpapier in den Rauch.
Ergebnis: Das Papier färbt sich rot, zeigt also eine Säure an.
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Bild 1: Reaktion zwischen Thiosulfat und Wasserstoffperoxid
(Foto: Daggi)
Es bilden sich nebeneinander Natriumsulfat, Natriumhydrogensulfat und auch Schwefelsäure. Hier wird die Reaktionsgleichung der
zugrunde liegenden Redox-Reaktion hergeleitet.

Aufgrund der freigesetzten Oxidationsenergie wird das System stark erhitzt, wobei Schwefelverbindungen wie H2SO4,
NaHSO4 und Na2SO4 sowie Wasser als Aerosole abdampfen und so den weißen Rauch bilden.
Einige Anmerkungen zum Versuch in der Anfrage:
1 Das Verkohlen des Papiers kann einerseits von der Hitze, andererseits von der entstandenen Schwefelsäure
herrühren. Letztere bildet auf aggressive Art und Weise Hydrate. Deshalb entreißt sie dem Kohlenhydrat
Cellulose das gebundene Wasser. Zurück bleibt Kohlenstoff. Das Papier zersetzt sich, wird braun und sieht verkohlt aus.
2 Zu den Wasserstoffperoxidtabletten: Die bestehen aus Carbamid-Peroxid, einem Wasserstoffperoxid/Harnsäure-Komplex.
Diesen beschreiben wir im Tipp des Monats Nr. 101.
Mit Thiosulfat kann man indirekt die Konzentration von Wasserstoffperoxid ermitteln
Die direkte Reaktion zwischen Wasserstoffperoxid und Thiosulfat kann man wegen des unübersichtlichen Verlaufs nicht nutzen. Vielmehr
gibt es den schonenden Umweg über die Reaktion mit dem schwächeren Redoxsystem Iod/Iodid. Man nennt so etwas „gekoppelte Reaktionen“. Das
Verfahren heißt Iodometrische Bestimmung von Wasserstoffperoxid.
Zunächst lässt man Wasserstoffperoxid mit einer überschüssigen Iodid-Lösung reagieren:
(2a) H2O2 + 2 I ¯ > 2 OH ¯ + I2
(Um die Reaktion quantitativ nach rechts zu verschieben, muss die Lösung angesäuert werden.)
Das entstandene Iod wird mit einer genau eingestellten Lösung von Natriumthiosulfat titriert.
Indikator ist lösliche Stärke. Bei der Reduktion von Iod bildet sich Tetrathionit.
(2b) I2 + 2 S2O32 ¯ > 2 I ¯ + S4O62 ¯
Formal können wir die beiden Gleichungen addieren:
(2c) H2O2 + 2 S2O32 ¯ > 2 OH ¯ +
S4O62 ¯
Dieser Gesamtgleichung entnehmen wir, dass ein Mol Thiosulfat ½ Mol Wasserstoffperoxid entspricht.
Versuch 2: Iodometrische Bestimmung von Wasserstoffperoxid
Man stellt eine Lösung von 2-3 g Kalium-Iodid in 30 ml Wasser her. Diese säuert man mit 20 ml Schwefelsäure (c = 1 mol/l) (Xi) an.
Zu dieser Iodid-Lösung gibt man in einen Erlenmeyerkolben unter Umrühren langsam einige ml der nicht zu konzentrierten Probe von
H2O2.
Zwischenergebnis: Die Lösung färbt sich aufgrund der Reaktion zwischen dem gebildeten Iod und der verbleibenden
Iodid-Ionen braun (Bildung von Iod-Iodid-Komplexen).
Man deckt den Erlenmeyerkolben mit einem Uhrglas ab und lässt das Reaktionsgemisch ca. 15 min stehen. In der Zwischenzeit stellt man eine
Thiosulfatlösung (c = 0,1 mol/l) her, indem man 24,82 g Thiosulfat-Pentahydrat in 1 l Wasser löst.
Man titriert anschließend die Iodlösung mit der Thiosulfatlösung, bis die Lösung nur noch gelb ist. Dann gibt man zur exakten
Endpunktsbestimmung einige Tropfen einer Stärkelösung zu und titriert weiter, bis die blaue
Färbung des Iod-Stärkekomplexes verschwindet.
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Auswertung:
Die Molmasse von H2O2 ist 34 g/mol bzw. 34 mg/mmol
1 ml Thiosulfatlösung (c = 1 mol/l) = ½ mmol H2O2 = 17 mg H2O2
Beim Titrieren mit 0,1-molarer Lösung (wie im Versuch 2) gilt
1 ml Thiosulfatlösung (c = 0,1 mol/l) = 1,7 mg H2O2
Rüdiger Blume
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