Sauerstoffsäuren des Schwefels sind nicht nur Protonenspender, sondern unter bestimmten Bedingungen auch aktiv an
Redox-Reaktionen beteiligt. Das gilt auch für ihre Salze. Auf den Redox-Verhalten basieren viele Nachweisreaktionen,
die auch in der Schulchemie bekannt sind. Hier stellen wir einige wichtige, im experimentell orientierten
naturwissenschaftlichen Schulunterricht realisierbare Beispiele vor. Sie geben neben dem Einüben chemischer
Experimentierkunst zusätzlich auch die Möglichkeit, das schrittweise Aufstellen von
Redox-Reaktionsgleichungen zu üben und zu vertiefen.
Zuvor ein Hinweis zu den Reaktionsgleichungen: Im Folgenden bringen wir nur die der Schwefelsäuren bzw. ihrer
Anionen. Die Redox-Gleichungen für die Reaktionsbeispiele sollten von den Schülern hergeleitet werden. Hier sind die
Auflösungen.
1. Schweflige Säure und Sulfite
Beide sind auch in verdünnten Lösungen Reduktionsmittel. Die Oxidationszahl des Schwefels ist (+IV). Die Oxidation
führt zu S(+VI).

Da die meisten Reduktionsreaktionen schwach saures Milieu erfordern, geht man am besten gleich von Natriumhydrogensulfit
NaHSO3 oder Natriumbisulfit Na2S2O5 (= „Na2SO3
· SO2“) aus.
Versuch 1: Reduktionsverhalten der Schwefligen Säure und Sulfite
Man stellt eine etwa 5%ige Lösung (Xn) von Natriumbisulfit her.
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Zutropfen zu einer 0,1%igen Lösung von Kaliumpermanganat
-> Entfärbung wegen Bildung von Mn(II). (-> Reaktionsgleichung V01a.) |
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Zutropfen zu einer 0,1%igen Lösung (Xi) von Eisen(III)-chlorid,
die man durch Zugabe von etwas Ammoniumthiocyanat rot gefärbt hat -> Entfärbung wegen Bildung von Fe(II), das keine roten
Komplexe mit Thiocyanat bildet. (-> Reaktionsgleichung V01b.) |
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Zutropfen zu einer 0,1%igen Lösung (Xi) von Iod/Iodkalium-Lösung
(Lugol-Lösung), der man zuvor einige Tropfen Stärkelösung zugefügt hat
-> Entfärbung wegen Bildung von Iodid(-I). (-> Reaktionsgleichung V01c.) |
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2. Schwefelsäure
Schwefelsäure ist nur in konzentrierter Form redox-aktiv. Sie ist ein Oxidationsmittel. Das gilt nicht für ihre Salze, die Sulfate.
Im Allgemeinen muss man während der Reaktion erhitzen.

Wir sehen, dass dies die umgekehrten Reaktionen (1a) und (1b) sind.
Beispiele sind Reaktionen von edleren Metallen wie Kupfer oder Silber (nicht aber Gold und Platin). Bei unedlen Metallen wie Zink
entsteht neben SO2 sogar auch elementarer Schwefel:

Versuch 2: Oxidationsverhalten der Schwefelsäure
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Man gibt ein Stück blankes Kupfer in ein Reagenzglas und tropft 2-3 ml
konzentrierte Schwefelsäure (C) hinzu. Dann erhitzt man (Schutzbrille!). Es entwickelt sich ein Gas. Geruchsprobe vermeiden! Mit
einem in Lugol-Lösung getränktem Blatt Filterpapier identifizieren wir das Gas als SO2 (-> Entfärbung; siehe Bild 1). Die
Schwefelsäure wird etwas trübe und färbt sich aufgrund der gebildeten Kupfersalze grün. (-> Reaktionsgleichung
V02a.) Beim Verdünnen (Vorsicht!!) mit Wasser entsteht die bekannte blaugrüne Färbung der
Kupfer(II)-aquo-Komplexe. |
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Man wiederholt den Versuch mit einem Stück Silber.
(-> Reaktionsgleichung V02b.) |
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Setzt man Zink ein, so bildet sich bei Verwendung von
wirklich wasserfreier Schwefelsäure Schwefel, der die Lösung trübt und sich auf dem Zink niederschlägt.
Eine Gasbildung bleibt weitgehend aus; der Nachweis von Schwefeldioxid mit Iodpapier (-> Versuch 1) ist fast negativ.
(-> Reaktionsgleichung V02c.) |
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Bild 1: Kupfer in konzentrierter Schwefelsäure.
Links vor dem Versuch, rechts danach. Beachten Sie den Papierstreifen mit Lugol-Lösung!
(Fotos: Daggi)
3. Thioschwefelsäure und Natriumthiosulfat
Die Thioschwefelsäure ist nicht stabil, deshalb interessieren wir uns nur für ihr Salz. Es handelt sich um Reduktionsmittel.
Mit starken Oxidationsmitteln wie Chlor bildet sich Sulfat.

Diese Reaktion dient u. a. der Chlorentfernung aus Abwässern („Antichlor“).
Mit schwachen Reduktionsmitteln wie Iod dimerisiert das Thiosulfat-Ion nur; es entsteht Tetrathionat.

Diese Reaktion kennt man von der Iodometrie, der titrimetrischen Bestimmung von Oxidationsmitteln wie den Peroxiden. Dabei
wird Iod aus Iodid gebildet. Das Iod wird anschließend mit genau eingestellter Thiosulfatlösung ins
Farblose zurücktitriert.
Versuch 3: Reduktionsverhalten von Thiosulfat
Man stellt eine etwa 5%ige Lösung (Xn) von Natriumthiosulfat her.
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Man gibt zu einer Chlor-Lösung (C,T) ein Stück Universalindikatorpapier.
Es wird erst rot und dann entfärbt es sich rasch. Anschließend tropft man Thiosulfat-Lösung zu. Die Probelösung wirkt danach
nicht mehr bleichend. (-> Reaktionsgleichung V03a.) |
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Zu einigen Millilitern von Iod/Iodkalium-Lösung (Xi) gibt man
tropfenweise Natriumthiosulfat-Lösung -> Entfärbung der Lösung wegen Bildung von I(-I). (->
Reaktionsgleichung V03b.) |
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Thiosulfat reduziert auch Wasserstoffperoxid. Darauf beruht eine wichtige Methode zur quantitativen
Bestimmung von H2O2.
4. Dithionsäure und Natriumdithionit
Die Dithionsäure ist nicht stabil, deshalb kümmern wir uns nur um ihr Salz. Es handelt sich um Reduktionsmittel.

Natriumdithionit ist wichtig für die Küpenfärberei.
Versuch 4: Reduktionsverhalten von Dithionit
Man stellt eine etwa 5%ige Lösung (Xn) von Natriumdithionit her und füllt damit ein Reagenzglas.
Dann gibt man eine Spatelspitze Indigo-Pulver, verschließt das Glas so, dass möglichst wenig Luft
eingeschlossen wird und vermischt gut -> Das Pulver löst sich, es bildet sich eine gelbe Lösung.
Der Versuch geht übrigens auch mit Methylenblau (bekannt vom “Blauen Wunder“
oder Blue-Bottle-Versuch) -> Dabei entstehen zwar zunächst Flocken, aber dann bildet sich langsam die farblose Lösung
von Leukomethylenblau.
(-> Reaktionsgleichung V04.)
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Bild 2: Küpen mit Natriumdithionit als Reduktionsmittel.
Links Indigo, rechts Methylenblau
(Foto: Daggi)
5. Peroxodischwefelsäure und Natriumperoxodisulfat
Zugänglich für Schullabors sind nur die Salze. Es handelt sich um starke Oxidationsmittel.

Aussagekräftige Reaktionsbeispiele findet man vor allem in der Mangan-Chemie. So wird Mn(II) zu Mn(IV), also Braunstein
MgO(OH)2, oxidiert. In Gegenwart von katalytisch wirksamen Silber-Ionen wird sogar Mn(VII), also Permanganat,
gebildet.
Versuch 5: Oxidationsverhalten von Peroxodisulfat
Man stellt eine etwa 5%ige Lösung (Xn) von Natrium- oder Kaliumperoxodisulfat her.
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Zu einer sodaalkalischen, 1%igen Lösung von Mangan(II)-sulfat
tropft man 1%ige Peroxodisulfat-Lösung -> Ausfällung von Braunstein. (-> Reaktionsgleichung
V05a.) |
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Man säuert eine 1%ige Mangan(II)-sulfat-Lösung mit nicht zu wenig
halbkonzentrierter Salpetersäure (C) an. Dann gibt man etwas Silbernitratlösung (w = 1 %) (Xi) zu und ein wenig (!)
1%ige Peroxodisulfat-Lösung. Beim Erhitzen (Schutzbrille!) färbt sich die Lösung aufgrund der Bildung von
Permanganat-Ionen purpurfarben. (-> Reaktionsgleichung V05b.) |
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Rüdiger Blume
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