Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie


Tipp des Monats Dezember 2021 (Tipp-Nr. 294)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Weihnachtssterne – mehr als nur rote Blätter

Rüdiger Blume

Bild 1: Svenjas Geburtstagsgeschenk – ein Weihnachtsstern Dezember 2020
(Foto: Blume)

Es ist Weihnachtszeit – das erkennt man auch an den vielen rotblättrigen Pflanzen, die überall feilgehalten werden. Es sind die Weihnachtssterne.

Die Pflanze ist wirklich interessant – vor allem auch für einen fächerübergreifenden Unterricht.

Der wissenschaftliche Name des Weihnachtssterns lautet Euphorbia pulcherrima. Mit Euphorbia benennt man zunächst die Pflanzengattung: Es handelt sich um ein Wolfsmilchgewächs (lat. euphorbium; Milchsaft). Pulcherrima ist der artspezifische Zusatz und bedeutet hier „die Schönste“ (lat. pulcher, schön).

Die Pflanzen heißen Wolfsmilchgewächse, weil sie fast alle einen weißen, ätzenden Milchsaft produzieren. Der ist ziemlich giftig. Das gilt glücklicherweise nicht so sehr für den Weihnachtsstern – der wird als mindergiftig eingestuft [1]. Trotzdem sollte man auch hier den Kontakt mit dem Milchsaft meiden – das gilt vor allem für die Augen.

Wolfsmilchgewächse sind übrigens als Nachwachsende Rohstoffe im Gespräch. Denn die toxischen Inhaltsstoffe gehören zur Stoffklasse der Terpene. Ein Inhaltsstoff ist Latex, der Rohstoff für Gummi. Das merkt man auch, wenn man beim unachtsamen Hantieren mit der Pflanze deren Saft auf den Teppichfußboden tropfen lässt: Wenn man den Tropfen nicht sofort auswäscht, kann man die resultierenden Flecke hinterher kaum wieder entfernen...


Die Blüten der Weihnachtssterne
Wegen ihrer prächtigen „Blüten“ werden sie gern gekauft und verschenkt. Aber sind die roten Pflanzenteile überhaupt Blüten? Nein: Die roten Blätter sind nur Laubblätter, angereichert mit roten Farbstoffen. Man nennt sie Hochblätter. Sie dienen zur Anlockung für bestäubende Insekten.

Die Blüten selbst sind klein und unscheinbar – wie bei allen Wolfsmilchgewächsen. Sie enthalten aber ein für Insekten anziehendes süßes Geheimnis...

Es lohnt sich deshalb, die Blüten genauer zu betrachten (Bild 2): Ein Kranz männlicher Blütenteile mit den Staubblättern liegt um einen weiblichen Blütenteil, der aus dem Fruchtknoten und dem Stempel besteht. Mehrere dieser Blüten-Anordnungen bilden eine Scheindolde.

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Bild 2: Blüten des Weihnachtssterns. Man erkennt die männlichen und weiblichen Blütenteile sowie die Nektardrüsen
(Foto: Blume)

Bemerkenswert an den Blüten sind auch die kleinen, klaren Tropfen, die in speziellen Nektardrüsen bereitgestellt werden. Diese Drüsen liegen neben den männlichen Blütenteilen. Es lohnt sich, diese Tropfen genauer zu untersuchen.


Die Untersuchung der Nektar-Tropfen
Zunächst sollte man die Tropfen probieren, denn sie sind ungiftig und nicht ätzend. Sie schmecken sogar echt lecker – so richtig süß.

Es folgen die bekannten Zuckernachweise. Da man nicht allzu viel Untersuchungs-Flüssigkeit hat, muss man mit feinen Pipetten und möglichst kleinen Reagenzgläsern arbeiten. Die Untersuchung erfordert also ein sehr gutes Fingerspitzengefühl!

  1. Mit der Fehling-Probe weist man reduzierende Zucker wie Traubenzucker (Glucose) oder Fruchtzucker (Fructose) nach.
  2. Hinweise auf Glucose gibt Glucoseteststicks, die man in der Apotheke erhält.
  3. Eine Reaktion auf Fructose ist mit der Selenigen Säure möglich.


Blühen die Weihnachtssterne im nächsten Jahr wieder?
Das kommt darauf an, wie man die Pflanzen weiter behandelt. Wir haben unseren Weihnachtsstern im Frühjahr auf die Terrasse gestellt und quasi vergessen. Alle roten und auch die meisten grünen Blätter waren abgefallen. Zum Herbst haben wir die Pflanze ins halbhelle, kühle Treppenhaus gestellt. Und siehe da: Sie bildet rote Hochblätter (Bild 3)! Mal sehen, ob wir auch echte Blüten bekommen.

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Bild 3: Svenjas Weihnachtsstern aus Bild 1 im Dezember 2021
(Foto: Blume)


Weitere Wolfsmilchgewächse
Es gibt sehr viele Pflanzen dieser Familie [2]. Ein Beispiel ist die Zypressen-Wolfsmilch, die in vielen Gärten steht.

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Bild 4: Blüten der Zypressen-Wolfsmilch
(Foto: Blume)

Das Interessante an der Zypressen-Wolfsmilch ist, dass sich bei ihr um einen männlichen Blütenteil jeweils vier Nektar-Drüsen anordnen. Das sieht aus wie ein militärischer Orden...


Literatur:
[1] E. Teuscher, U. Lindequist: Biogene Gifte. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 3. Auflage, Stuttgart 2010.
[2] M. Spohn, D. Aichele, M. Golte-Bechtle, R. Spohn: Was blüht denn da? Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2008.


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Letzte Überarbeitung: 4. Dezember 2021, Fritz Franzke