Bild 1: Currywurst (Foto: Blume)
Was wäre die geliebte Bratwurst ohne das gelbe, scharfe Pulver, das man darüber streut und womit man
die schlichte Bratwurst in den Adelsstand einer Currywurst erhebt!
Bild 2: Curry-Pulver aus Mauritius
(Mitbringsel von Daggi; Foto: Blume)
Der Grundstoff von Curry ist das fein gemahlene gelbe Rhizom (das sind unterirdische Sprossachsen,
die als Speicherorgan dienen) des Curcuma-Strauchs, der mit Ingwer (Zingiber officinale)
verwandt ist: Curcuma longa. Das Gewürz heißt (wie sollte es auch anders sein) Curcuma, sein gelber Farbstoff
ist das Curcumin. Beachten Sie, wenn Sie recherchieren: Die Namen werden oft mit K geschrieben:
Kurkuma und Kurkumin.
Mit 30 Masse% ist das gelbe Curcumin der Hauptbestandteil von europäischem Curry. Es schmeckt ingwerartig
und zugleich mehr oder weniger scharf. Im Curry sind aber noch die Curcuma-Terpene (wie das Tumeron und das
typische Ingweraroma Zingiberen) enthalten, dazu auch noch Koriander, Paprikapulver, Pfeffer, Chilies und vieles
andere mehr. Dabei hat jedes Land sein eigenes Rezept. Auf den Zutatenlisten steht manchmal auch Cumin.
Das hat nichts mit Curcumin zu tun, sondern ist ein Gewürz aus gemahlenem Kreuzkümmel.
Als billiger Ersatzstoff für den teuren gelben Krokusfarbstoff Safran (Crocin bzw. Crocetin)
ist Curcumin lebensmittelrechtlich unter E 100 zugelassen. So färbt man mit ihm auch Senf und Käse.
Er dient aber auch als Farbstoff für Leder, Wolle und Seide. Es handelt sich um einen direkt
aufziehenden Farbstoff, der aber leider nicht lichtecht ist. Beim Bestrahlen mit einer UV-Lampe (Wellenlänge
366 nm) zeigt der wässrige Curryauszug besonders im Neutralen und Sauren eine gelbe Fluoreszenz.
Das hatten wir auch schon beim Farbstoff Berberin gesehen. Man erkennt die Fluoreszenz auch
im Folgenden Bild 3; im Gegenlicht scheint die Lösung 2 diffus zu schimmern.
Man sagt dem Curcumin Säure/Base-Indikatoreigenschaften nach
Das wollen wir untersuchen. Wir merken dabei, dass Currypulver in Wasser schlecht löslich ist. Versuchen wir es
mit einem alkoholischen Auszug.
Versuch 1: Currypulver als Säure/Base-Indikator
Wir geben eine Spatelspitze Currypulver in etwa 3 ml Brennspiritus (F). Die Mischung schütteln wir, bis die Flüssigkeit
gelb ist. Um nicht gelöste Reste kümmern wir uns nicht. Dann verdünnen wir mit ca. 10 ml Wasser. Die Verdünnung
verteilen wir auf drei Reagenzgläser.
Zu Glas 1 geben wir etwas Säure (z. B. Salzsäure, Citronensäure oder Oxalsäure).
Zu Glas 2 geben wir etwas Natronlauge (C).
Glas 3 bleibt unverändert und dient zum Vergleich.
Ergebnis: Im Sauren verändert sich die gelbe Farbe nicht. Im Alkalischen beobachten wir eine Bräunung
der Lösung.
Die braune Lösung in Glas 3 säuern wir zum Schluss noch an.
Ergebnis: Die gelbe Farbe bildet sich zurück.
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Bild 3: Curry-Auszug als Säure/Base-Indikator
1 Alkoholische Lösung, 2 wässrig sauer bis neutral, 3
wässrig alkalisch
(Foto: Blume)
Der im Curry enthaltene Farbstoff Curcumin ist somit ein Säure/Base-Indikator zum Nachweis
von Laugen. Im Sauren und Neutralen ist er hellgelb, im Alkalischen ab pH 8-9 rotbraun. Im stark Alkalischen
färbt sich die Lösung sogar orange. Damit gleicht er in gewisser Weise dem Indikator Phenolphthalein,
der bei pH 9 umschlägt.
Es gibt sogar Reagenzpapier zu kaufen: Curcuma-Papier (oder auch Kurkuma-Papier geschrieben).
Das kann man sich auch selbst herstellen. Dazu tränkt man Filterpapier mit einem alkoholischen Auszug aus Currypulver.
Das gelbe Papier wird beim Kontakt mit Alkalien braun. Die Farben werden deutlicher, wenn man das Papier trocknet.
Versuch 2: Curcuma-Papier aus Currypulver
Wir geben 2 cm hoch Currypulver in ein Reagenzglas und tropfen 10 ml Ethanol (F) zu. Die Mischung wird gut geschüttelt,
bis die Flüssigkeit gelb ist. Wir lassen den Festkörper absitzen und gießen dann vom Bodensatz in ein anderes
Reagenzglas ab. Um nicht gelöste Reste kümmern wir uns nicht.
Mit der Lösung tränken wir Filterpapier und lassen es trocknen. Das können wir mehrmals machen, um den Farbauftrag
kräftiger zu gestalten.
Abschließend schneiden wir das gelbe Papier in ca. 10 cm lange und 2 cm breite Streifen.
Zum Testen gehen wir so vor:
Auf einen Streifen tropfen wir etwas Salzsäure (c = 1 mol/l) (Xi).
Auf den zweiten Streifen geben wir etwas Natronlauge (w = 10 %) (C).
Ergebnis: Im Sauren verändert sich die gelbe Farbe des Streifens nicht. Im Alkalischen beobachten wir
eine Farbvertiefung in Richtung auf Orangebraun.
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Bild 4: Aus Curry-Pulver selbst hergestelltes Curcuma-Papier
1 Neutral, 2 mit Borsäure/HCl, 3 mit Borsäure/NaOH,
4 mit NaOH
(Foto: Blume)
Curcumin als Borsäure-Indikator
Curcumin ist nicht nur ein Indikator zum Nachweis von Laugen, sondern dient darüber hinaus auch als
Nachweis von Borsäure und Boraten. Das geht aber nur mit Curcuma-Papier, weil man es zwischendurch
trocknen muss.
Versuch 3: Borsäure-Indikator
Wir lösen eine Spatelspitze Borsäure (oder ihr Salz, ein Borat) in etwa 10 ml Salzsäure (c = 1 mol/l) (Xi). Damit
tränken wir zwei Curcuma-Papierstreifen. Wir lassen die Streifen trocknen. Im Winter kann man die Streifen auf die Zentralheizung
legen. Die zunächst gelbe Farbe schlägt nach Pinkrot um (-> Bild 4).
Auf einen wirklich trockenen pinkroten Streifen tropfen wir etwas Natronlauge (w = 10 %) (C). Wir beobachten
eine Farbvertiefung in Richtung auf Blaugrün bis Schwarz. Allerdings ist die grüne Farbe nicht stabil
und wandelt sich bald in Braun um.
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Hier sind die Ergebnisse mit einem professionell hergestellten Curcuma-Papier (z. B. von Macherey
und Nagel®).
Bild 5: Professionelles Curcuma-Papier
1 Neutral, 2 mit Borsäure/HCl, 3 mit Borsäure/NaOH, 4
mit NaOH
(Foto: Blume)
Unser Papier in Bild 4 ist zwar nicht so perfekt, aber dafür selbst gemacht…
Warum ist der Borsäure-Nachweis so wichtig?
Früher diente Borsäure (E 284) zur Konservierung vor allem von Meeresfrüchten. Borsäure wirkt besonders gegen Mikroorganismen,
indem sie den Phosphat-Metabolismus stört; auch beim von Pyridoxalphosphat abhängigen Ab- und Umbau von Aminosäuren
soll sie hemmend wirken, da sie mit dem Pyridoxal (Vitamin B6) Komplexe bildet. (Zur Komplexbildung von
Borsäure siehe weiter unten.)
Zuviel Borsäure kann zum Beispiel die Funktion von biologischen Reinigungsstufen in Kläranlagen
behindern.
Heute ist diese Substanz verboten. Denn man hat festgestellt, dass sie sich im Fettgewebe und damit auch im Zentralnervensystem
des Menschen anreichert. Über gesundheitliche Schäden wird durchaus diskutiert.
Das ist auch besonders wichtig, weil viele Waschmittel Borsäure-Derivate enthalten. Das sind die als Bleichmittel verwendeten
Perborate. Sie werden aber zunehmend durch Natriumpercarbonate ersetzt.
Curcuma-Papier dient deshalb bei der Wassergüteprüfung als Schnelltest zur Borsäure-Bestimmung. Die Nachweisgrenze liegt
bei diesem Papier bei 20 mg Bor/l Wasser.
Woher rühren die Farbänderungen?
Das folgende Bild zeigt die Struktur des Curcumins. Bemerkenswert ist nicht nur der symmetrische Aufbau
des Moleküls, sondern auch, dass es zwei Strukturen gibt. Denn die Verbindung unterliegt einem chemischen Gleichgewicht,
der Keto-Enol-Tautomerie; deswegen gehört Curcumin zur Gruppe der Hydroxyketon-Farbstoffe.
Bild 6
Damit können wir die Säure/Base-Indikatoreigenschaften erklären: Wir haben hier ein
Beispiel für eine CH-acide Verbindung. Im Alkalischen wird nicht nur das (Di-)Phenolat gebildet, sondern auch ein
Proton aus dem Keto-Enol-System abgespalten. Das dabei freigesetzte Elektronenpaar verstärkt die Absorption des
sichtbaren Lichts; daher beobachten wir im Alkalischen die Farbänderung in Richtung auf Orangebraun.
Zu den Farbänderungen durch die Borsäure bzw. das Borat: Die Ketohydroxy-Gruppierung ist
Ligand eines Komplexes mit Bor als Zentralatom. In diesem
Zusammenhang sei an den Hydroxyketon-Farbstoff Alizarin erinnert,
der mit dem ebenfalls in der 3. Hauptgruppe des PSE (Borgruppe) befindlichen Aluminium Komplexe bildet.
Wie das Aluminiumatom hat auch das Boratom eine Elektronenlücke, kann also als Lewissäure
fungieren. Die maximale Ligandenzahl des Bors beträgt 4, wie z. B. im Komplex [BF4]-. Der
mesomere Zustand des zentralen Sechsringsystems wirkt sich zusätzlich farbvertiefend aus.
Bild 7
Warum die Bratwurst (auch ohne Curry) so gut schmeckt, liegt an den Maillard-Produkten. Darüber berichten wir
im Tipp des Monats Nr. 25.
Rüdiger Blume
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