Glykol

Experimente:
Versuch: Hydrolyse von Polyethylenterephthalat aus Getränkeflaschen
Versuch: Nachweis von Glykol und Terephthalsäure in PET und Trevira®
Versuch: Nachweis von Alkoholen in Frostschutzmitteln und Bremsflüssigkeit
Versuch: Glykol und Glycerin als Frostschutzmittel


Glykol ist genau wie das Glycerin ein mehrwertiger Alkohol. Um genau zu sein, ist es ein zweiwertiger Alkohol, da er auch zwei OH-Gruppen besitzt. Da er sich letztlich vom Ethan ableitet, bezeichnet man ihn auch als 1,2-Ethandiol.

Der Vergleich mit Ethanol zeigt, dass es sich um eine völlig andere Substanz handelt. Die Viskosität ist beispielsweise sehr groß, die Substanz also ölig, im Gegensatz zum Ethanol. Denn die zusätzliche OH-Gruppe ermöglicht zusätzliche Wasserstoffbrückenbindungen, so dass die Moleküle stärker zusammenhalten.
Auch die hohe Siedetemperatur von 197 °C ist mit dem Zusammenhalt der Moleküle durch diese Bindungsart zu erklären. Es muss viel Energie aufgewendet werden, um die Teilchen voneinander zu trennen.
Daneben ist Glykol auch noch sehr gut wasserlöslich, weil sich die polaren Hydroxylgruppen gut mit denen des Wassers vertragen. Seine Löslichkeit in Benzin ist dagegen äußerst gering.


Technische Herstellung von Glykol
Die Synthese von Glykol geht von Ethen, einem Bestandteil des Crackgases, aus. Dieses wird direkt mit Luftsauerstoff oxidiert, wobei Silber als Katalysator dient. Zunächst entsteht das äußerst reaktive Ethylenoxid. Dieses ist ein Epoxid des Ethylens, das auch Oxiran genannt wird. Epoxide sind übrigens nichts anderes als cyclische Ether. Unter Hitze und Druck reagiert Ethylenoxid mit Wasser zu Glykol.

Synthese von Glykol


Für Glykol gibt es viele Verwendungsmöglichkeiten
Aufgrund der hohen Anzahl von OH-Gruppen ist Glykol recht süß. Das lässt sich bereits schon am Namen feststellen, denn dieser stammt aus dem Griechischen von glykos = süß. Größere Mengen sollte man vom Glykol aber auf keinen Fall probieren, da es giftig ist! Allerdings gab es auch schon mal eine Zeit, in der es viele Menschen quasi unfreiwillig zu sich genommen haben (Glykol-Skandal; siehe unten).

Glykol ist ein wichtiger Grundstoff zur Synthese von Kunststoffen. Beispielsweise lassen sich Polyurethane herstellen. Am wichtigsten ist wohl aber das Polyethylenterephthalat, ein Polyester aus den Monomeren Glykol und Terephthalsäure, der wohl besser unter der Bezeichnung PET oder PETP bekannt ist.

Auch als Frostschutzmittel in Kühlern von Kraftfahrzeugen wird diese Verbindung - genau wie Glycerin - besonders häufig eingesetzt, da er eine Erstarrungstemperatur von -11,5 °C hat. In Verbindung mit Wasser liegt der Schmelzpunkt sogar noch tiefer. Ein Glykol-Wassergemisch im Verhältnis 1:1 gefriert erst bei -40 °C. Dazu kommt noch, dass Glykol wegen seines hohen Siedepunktes nicht aus der heißen Kühlflüssigkeit verdampft, so wie Wasser es tut.

Auch zu Bremsflüssigkeiten wird Glykol zugemischt. Das ist sehr wichtig, um den Siedepunkt der Flüssigkeit zu erhöhen. Schließlich wird beim Bremsvorgang Wärme durch die Reibung zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe erzeugt. Diese Wärme wird dann bis zur Hydraulikflüssigkeit weitergeleitet. Falls diese beginnen würde zu sieden oder sogar zu verdampfen, wäre das eine fatale Lage für jeden Autofahrer! Die Bremse würde nämlich teilweise oder sogar ganz ausfallen, da sich in den Bremsschläuchen statt Flüssigkeit Dampfblasen befinden würden. Damit es erst gar nicht so weit kommt, beginnen die Bremsflüssigkeiten dank Glykol und anderen chemischen Zusätzen erst bei sehr hohen Temperaturen zu sieden.


Glykol - der Helfer für Flugzeuge
Gibt es Regen oder ist auch einfach nur die Luftfeuchtigkeit hoch und herrschen dazu noch niedrige Temperaturen, so haben Flugzeuge große Probleme. Es besteht nämlich die Gefahr, dass sich Eis auf den Tragflächen ansetzt.

Eis auf einem Flugzeugflügel
Das Flugzeug ist aus großer Höhe mit -60 °C bei schönstem Sommer-Wetter gelandet.
Es bildete sich auf den stark abgekühlten Tragflächen aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit Kondenswasser,
das sofort tropfenartig gefroren ist. Außerdem erkennt man matte Stellen: Raureif
(Foto: Blume)


Eine Eisschicht von nur 1 mm verändert die Luftströmung schon so stark, dass sogar die Hälfte des Auftriebs verloren geht. Der Luftstrom kann außerdem ganz abreißen und das Flugzeug droht dann zu Boden zu stürzen. Darüber hinaus wird das Flugzeug durch das zusätzliche Gewicht des Eis belastet.
Unter solchen Bedingungen kann natürlich kein Flugzeug starten. Können Flüge etwa nur bei Sonnenschein stattfinden? Natürlich nicht! Schließlich gibt es Glykol, das einer Vereisung vorsorgen kann. Zusammen mit einem Gemisch aus Wasser und Isopropanol wird es auf die Tragflächen gesprüht. Dabei erhalten die Tragflächen eine Art Schutzfilm aus Glykol, das aufgrund seines hohen Siedepunkts nicht einfach abdampft. Zur Tragflächenenteisung wird ausgenutzt, dass Glykol den Gefrierpunkt von Wasser herabsetzt.


Der Glykol-Skandal
Das Wort Glykol ist sogar schon einmal zum Wort des Jahres gekürt worden. 1985 war es samt dem Glykol selbst in aller Munde. Und zwar lag das daran, dass die giftige Substanz in Weinen aus Österreich und Deutschland gefunden wurde. Verbotenerweise mischten einige Winzer ihrem Wein Glykol bei, um den Wein süßer und geschmacksintensiver zu machen. Glykol wurde quasi als Schönungsmittel zweckentfremdet. Minderwertige Billigweine wurden so zu einem angeblich hochwertigen Gesöff. Um diesen "Eiswein" zu erzeugen, bedarf es lediglich einen Liter Frostschutzmittel auf 1000 Liter Billigwein.
Das führte zu dem so genannten Glykol-Skandal, der die gesamte Weinwelt erschütterte. Daraufhin wurden strenge Weingesetze und Qualitätskontrollen eingeführt. Seitdem muss jede Weinflasche durch eine staatliche Banderole gekennzeichnet sein.
Das Fatale bei der Aufnahme von Glykol: Die Verbindung sorgt für Übelkeit, Durchfall und Krämpfen, schädigt Leber, Niere und Gehirn und kann sogar bei einer entsprechenden Dosis zum Tod führen.

Problematisch war, dass dieser Zusatzstoff damals nicht nachgewiesen werden konnte, denn durch einen Zuckertest ist Glykol nicht nachweisbar. Dahinter steckten u. a. Lebensmittelchemiker, die das genau wussten und deshalb den Winzern gegen Bares den Trick verrieten. Die ganze Geschichte wurde nur aufgrund eines dummen Zufalls aufgedeckt: Ein "Kleverle" unter den Winzern wollte zur Steigerung seines Gewinns riesige Mengen von Glykol bei der Steuer absetzen...


Was sind Glykolether?
Durch entsprechende Synthese-Lenkung kann Oxiran zu Ethern reagieren, z. B. zu Triglykolether.

3 (CH2)2O + H2O ———> HOCH2-CH2-O-CH2-CH2-O-CH2-CH2OH

Diese Substanzen sind ebenfalls flüssig, haben aber entsprechend höhere Siedepunkte. Man kann sie ähnlich wie Glykol als Gefrierschutzmittel oder Zusatz zu Bremsflüssigkeit nehmen. Wichtig sind sie im Labor als Füllung für Heizbäder bei chemischen Synthesen oder Analysen wie zum Beispiel bei der Zerlegung von Polycarbonat in seine Bestandteile (-> Versuch).


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2011, Dagmar Wiechoczek