Prof. Blumes Tipp des Monats Mai 2015 (Tipp-Nr. 215)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Chemie mit dem Granatapfel

Bild 1: Granatapfel
(Foto: Blume)


Man sieht ihn an der Obsttheke im Laden, aber man traut sich nicht so richtig heran: Der Granatapfel (Punica granatum) (lat. punicus, phönizisch; granum, Korn).

Denn viele Leute fragen sich, wie man den Apfel überhaupt zum Essen öffnet. Dabei geht es ganz einfach: Man muss die Frucht halbieren, durch Drücken etwas „weichknuddeln“, um das Innere zu lockern, und dann mit einem Kochlöffel oder einem anderen harten Gegenstand die vielen Samenkörner samt Saft durch kräftiges Klopfen herausschlagen - am Besten in eine große Schale.

Was soll man dann überhaupt essen? Man zerkaut und verzehrt die Samenkörner (ist gewöhnungsbedürftig!) und schleckt dazu den Saft auf. Die Samen schmecken herrlich frisch-sauer. Der Saft dagegen ist von einer erstaunlichen Süße und Klebrigkeit.


Der Granatapfel ist eine biochemische Stoffsammlung
Deshalb lädt er förmlich zum Experimentieren im Schullabor ein.

Er enthält zunächst einmal größere Mengen von farbigen Anthocyanen wie Cyanin und Flavonoiden wie Quercetin.


Versuch 1: Nachweis von Anthocyanen
Der Saft wird zunächst mit Wasser 1:5 verdünnt und auf 5 Gläser verteilt.
- Zu Glas 1 tropft man Salzsäure (c = 1 mol/l) (Xi). Die rote Farbe vertieft sich.
- Glas 2 bleibt zu Vergleichszwecken unbehandelt.
- Glas 3 wird tropfenweise mit einer konzentrierten Lösung von Natriumhydrogencarbonat (Kaiser-Natron®) versetzt. Man kann das feste Salz auch spatelweise zugeben. Die Lösung färbt sich lila bis blau-grau.
- Zu Glas 4 gibt man Sodalösung: Die Lösung färbt sich grün, wird dann nach längerem Stehen gelb.
- Mit Natronlauge erhält man in Glas 5 rasch eine Gelbfärbung.
Hinweis: Eine genaue Versuchsanleitung ist hier zu finden.

Bild 2: pH-Reihe vom Granatapfelsaft
(Foto: Blume)


Weitere Inhaltsstoffe des Granatapfels sind Polyphenole wie Gallussäure und Ellagsäure. Man spricht auch von Phenolsäuren.


Ellagsäure ist eine dimere Gallussäure. Wegen ihres adstringierenden Geschmacks, der an den von Tanninen erinnert, wird sie auch zu den Gerbstoffen gezählt. Ihre Polymere heißen Ellagitannin.

Zum Nachweis führen wir die Probe mit Eisen(III)-chlorid durch, die wir auch bei der Herstellung von Eisengallustinte kennengelernt haben.

Versuch 2: Nachweise von Tanninen im Granatapfel
Man neutralisiert den Granatapfelsaft, indem man viel Natriumhydrogencarbonat in die verdünnte Lösung gibt. Man kann auch Glas 3 aus Versuch 1 verwenden. Dann tropft man eine konzentrierte Lösung von Eisen(III)-chlorid hinzu. Vorsicht! Die Lösung schäumt auf!
Ergebnis: Die Lösung färbt sich stark dunkel.

Bild 3: Phenolnachweis im Granatapfelsaft
(Foto: Blume)


Der Granatapfel enthält natürlich auch Vitamin C (Ascorbinsäure). Der Nachweis gelingt auf zweierlei Art und Weise.


Versuch 3: Nachweise von Vitamin C im Granatapfelsaft
Zum Nachweis nutzt man am Besten Ascorbinsäure-Test-Sticks, z. B. Aqua-Merck®. Das ermöglicht auch quantitative Aussagen. Da die Teststäbchen den Farbstoff des Granatapfels adsorbieren, ist die Anzeige-Farbe nicht richtig zu bestimmen. Statt Blau bildete sich ein dunkles Lila aus. Unser Granatapfelsaft enthielt sicherlich eine Konzentration von über 1000 mg/l.

Bild 4: Nachweis von Ascorbinsäure im Granatapfelsaft
(Foto: Blume)


Man kann aber auch die Fehling-Probe versuchen: Da Vitamin C bereits in der Kälte reagiert, wird zur Unterscheidung von reduzierenden Zuckern die Reaktionsmischung nicht erhitzt. Klicke hier. Die Lösung wird anschließend filtriert und für den nächsten Versuch (-> 4) aufbewahrt.

Die Klebrigkeit und Süße des Granatapfelsafts beruhen auf großen Mengen an Glucose und Fructose. 100 g Granatapfel enthalten davon insgesamt etwa 15 %.


Beide Zucker sind Reduktionsmittel und zeigen deshalb eine positive Fehlingsche Reaktion - allerdings erst beim Erhitzen. Das gilt auch für die schon erwähnten Polyphenole.

Versuch 4: Nachweis von weiteren reduzierenden Stoffen (Polyphenole und Zucker) im Granatapfelsaft
Die filtrierte Lösung von Versuch (3) wird erhitzt. Es fällt erneut gelbes bis orangerotes Kupfer(I)-oxid-hydroxid aus. Gegebenenfalls muss man zuvor noch etwas Fehling-Lösung hinzugeben.

Es gibt jedoch auch spezifische Nachweisreaktionen für Glucose und Fructose.

Versuch 5: Nachweis von Glucose im Granatapfelsaft
Wir arbeiten mit Glucosticks®, in denen enzymatische Reaktionen ablaufen.
Ergebnis: Die Sticks färbten sich rasch dunkelblau, zeigen also eine sehr hohe Glucosekonzentration an.

Bild 5: Nachweis von Glucose im Granatapfelsaft
(Foto: Blume)


Ein bekannter Nachweis von Fructose erfordert leider einen Giftstoff, Selenige Säure.

Versuch 6: Nachweis von Fructose im Granatapfelsaft mit Seleniger Säure
Der Saft wird mit Seleniger Säure (T,N) versetzt. Es fällt rotes Selen aus. Den Versuch beschreiben wir hier genauer.

Es gibt noch eine weitere Probe auf Fructose (Seliwanoff-Probe), bei der man die Lösung mit Salzsäure und Resorcin behandelt. Im Falle der Anwesenheit von Fructose erhält man eine intensiv rote Färbung. Dieser Nachweis ist zwar sehr schön, ist aber wegen der Eigenfarbe des Granatapfelsafts vor allem im Sauren (-> Versuch 1) nicht zu empfehlen.

Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 15. April 2015, Dagmar Wiechoczek