Saure und alkalische Lösungen

I. Indikatoren und der pH-Wert
II. Eigendissoziation des Wassers
III. Saure Lösungen
IV. Alkalische Lösungen
V. Neutralisation

Aus dem Haushalt kennst du bestimmt viele Lebensmittel, die sauer schmecken, wie z. B. Zitronensaft und Essig. Beide enthalten organische Säuren. Eine anorganische Säure ist die Phosphorsäure (H3PO4), die zum Ansäuern von Cola-Getränken benutzt wird. Der saure Geschmack dieser Stoffe wird von unserer Zunge erkannt. Weil die menschliche Zunge auch den süßen Geschmack erkennen kann, wird "süß" und "sauer" aus geschmacklicher Sicht als Gegensatz empfunden. Aus chemischer Sicht stimmt dies jedoch nicht, da z. B. saure Getränke durch Süßen mit Zucker ihre saure Eigenschaft nicht verlieren, sondern ihr saurer Geschmack nur durch den zugefügten, süßen Zucker überlagert wird. Aus chemischer Sicht ist der Gegensatz zu sauren Lösungen die alkalische Lösung. Auf der Haut fühlen sich alkalische Lösungen schlüpfrig an, wie z. B. die Seife. Vielleicht hast du schon einmal etwas Seife in den Mund bekommen, dann weißt Du, dass sie seifig schmeckt, ein Geschmack, der auch für andere alkalische Lösungen zutrifft. Flüssigkeiten, die weder saure noch alkalische Eigenschaften zeigen sind neutrale Lösungen.
In diesem Abschnitt wird genauer untersucht, warum saure und alkalische Lösungen chemisch gesehen Gegensätze sind. Zunächst soll aber eine Möglichkeit dargestellt werden, wie saure und alkalische Lösungen ohne eine Geschmacksprobe unterschieden werden können. Denn Geschmacksproben sind bei chemischen Untersuchungen nie erlaubt, da viele Stoffe ätzend, giftig oder auf eine andere Art gesundheitsschädlich sein können.


Bild 1: Farbskala eines
Universalindikatorpapiers
(Quelle: nach [43])

I. Indikatoren und der pH-Wert
Der Begriff "Indikator" stammt vom lateinischen Wort "indicare" ab, was soviel wie "anzeigen" bedeutet. Ein Indikator ist also (ganz allgemein gesehen) ein Hilfsmittel, welches dem Menschen gewisse Informationen übermittelt (bzw. anzeigt). So zeigt der Tachometer im Auto die momentane Geschwindigkeit an.
In der Chemie werden neben verschiedenen anderen Indikatoren auch solche verwendet, die anzeigen, ob ein Stoff bzw. dessen Lösung in Wasser sauer, alkalisch oder neutral reagiert. Diese nennt man Säure-Base-Indikatoren. Basen bzw. basische Lösungen sind andere Bezeichnungen für Alkalien und alkalische Lösungen.
Diese Indikatoren sind Farbstoffe, die je nach Zugabe zu einer sauren, alkalischen oder neutralen Lösung die Lösung unterschiedlich färben. Viele farbige Naturstoffe (z. B. die aus roten Weintrauben) können als Säure-Base-Indikator wirken.
Auch Rotkohlsaft zeigt diese Eigenschaft. Vielleicht hast du schon einmal jemandem beim Kochen von Rotkohl zugesehen. Nachdem der Kohl schon einige Zeit gekocht worden ist, wird er häufig mit Essig gewürzt. Hierbei verändert sich die Farbe des Kohls schlagartig von violett nach rot. Rotkohl kann sogar mehrere Farben zeigen. Dies hängt davon ab, wie stark (konzentriert) die zugegebene Säure bzw. alkalische Lösung ist. So reicht seine Farbskala von Rot über Lila bis Kornblumenblau und weiter über Grün bis Gelb.

Die Konzentration einer sauren oder einer basischen Lösung wird als pH-Wert bezeichnet. Sehr starke Säuren können den pH-Wert 1, besonders starke alkalische Lösungen den pH-Wert 14 besitzen. So kann eine Skala (pH-Wert-Skala) von 1 bis 14 angelegt werden, wobei neutrale Lösungen den pH-Wert 7 (genau in der Mitte) besitzen. Mit Universalindikatoren, die ähnlich dem Rotkohl je nach pH-Wert eine unterschiedliche Farbe anzeigen, können unbekannte Lösungen auf Säure- bzw. Basenstärke grob überprüft werden (Bild 1). Ein genauer pH-Wert, der auch die Stellen hinter dem Komma (z. B. pH = 4,75) berücksichtigt, kann nur mit einem genauen Messgerät ermittelt werden.

Versuche:
Wir untersuchen Stoffe im Haushalt auf saure und alkalische Eigenschaften
Die gepufferte Schönheit des Rotkohlsafts

II. Eigendissoziation des Wassers
Saure und alkalische Lösungen müssen sich chemisch unterscheiden, damit sie von einem Indikator erkannt werden können. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass saure und alkalische Lösungen im Gegensatz zu neutralen Lösungen den elektrischen Strom leiten.

Nach Brønsted sind Säuren Protonenspender, geben also H +-Ionen ab, die mit Wasser Oxonium-Ionen bilden:

H + + H2O à H3O +

Die Oxonium-Ionen sind der gemeinsame Bestandteil saurer Lösungen und je nach Menge (Konzentration) für die Stärke einer sauren Lösung (pH-Wert) verantwortlich und werden durch Indikatoren angezeigt. In reinem Wasser liegen ebenfalls Oxonium-Ionen vor, da das Wasser zu einem gewissen Grad in Ionen dissoziiert (geteilt) vorliegt:

Dieses Phänomen heißt Eigendissoziation des Wassers. Es sind aber nur sehr, sehr wenige Wassermoleküle, die dissoziieren.
Bei der Eigendissoziation des Wassers entstehen aber auch OH - -Ionen (Hydroxid-Ionen). Sie prägen die alkalische Eigenschaft von Lösungen, weshalb die Hydroxide zur Gruppe der Basen gehören. Indikatoren zeigen die Anwesenheit von Hydroxid-Ionen an.

Da das Wasser nur in geringem Maße dissoziiert und sich dabei Oxonium-Ionen und Hydroxid-Ionen zu gleichen Teilen gegenüberstehen, hat reines Wasser einen pH-Wert von 7, steht damit in der Mitte der pH-Wert-Skala und ist neutral.

III. Saure Lösungen
Saure Lösungen können durch Lösen von Nichtmetalloxiden in Wasser entstehen. Als Beispiel dient hier die Kohlensäure. Sie entsteht durch das Lösen von Kohlenstoffdioxid (CO2) in Wasser:

Aus diesem Grund schmeckt Mineralwasser sauer. Mit Indikatoren versetzt, zeigt Mineralwasser eine saure Lösung an. Das gelöste Kohlenstoffdioxidgas, welches für die Bildung der Kohlensäure verantwortlich ist, kann durch Erwärmen des Wassers aber wieder aus der Lösung als Gas ausgetrieben werden. Deshalb wird das Gas Kohlenstoffdioxid fälschlicherweise häufig als Kohlensäure bezeichnet.

Versuche:
Löslichkeit von Kohlendioxid in Abhängigkeit von der Temperatur
Modellversuch zur Verwitterung des Kalksteins (Wasserhärte)
Herstellen von Salzsäuregas aus einem WC-Reiniger und Kochsalz
Herstellen von schwefliger Säure
Modellversuch zum sauren Regen
Phosphorsäure aus der Streichholzschachtel
Herstellen von Kalksandsteinen

Die wichtigsten anorganischen Säuren werden durch die chemische Industrie hergestellt und besitzen auch in unserem Alltag vielfältige Verwendung (Tabelle 1).

Säure
Säure-Anion
Verwendung
Salzsäure
(HCl)
Chlorid-Ion
(Cl-)
Lötwasser, Entkalker, 
Metallätzung, Magensaft
Schwefelsäure
(H2SO4)
Sulfat-Ion
(SO4 2-)
Batteriesäure (Autobatterie)
Phosphorsäure
(H3PO4)
Phosphat-Ion
(PO4 3-)
Säuerungsmittel in Cola-Getränken, 
Rostlöser
Salpetersäure
(HNO3)
Nitrat-Ion
(NO3 -)
Gold- und Platin-Indikator für Juweliere
(Nachweis sehr edler Metalle)
Kohlensäure
(H2CO3)
Carbonat-Ion
(CO3 2-)
Mineralwasser

Tabelle 1: Wichtige anorganische Säuren und ihre Verwendung.

Säuren besitzen mindestens ein Wasserstoffatom, welches leicht abgespalten werden kann. Es wird als acides (saures) Wasserstoffatom bezeichnet. Je leichter es abgespalten werden kann, desto stärker ist die Säure. Wenn Säuren mit Wasser verdünnt werden, entstehen Oxonium-Ionen, die für die saure Eigenschaft der Lösung verantwortlich sind:

Beispiel: HNO3 + H2O à H3O + + NO3 - (Salpetersäure + Wasser à Oxonium-Ion + Nitrat-Ion)

Die Säurerest-Ionen können, wie die der
Salze, chemisch nachgewiesen werden, um so die verschiedenen Säuren zu unterscheiden.

Versuche:

Es gibt auch saure Salze (Hydrogensalze), die ein acides Wasserstoffatom besitzen und in Wasser gelöst Oxonium-Ionen bilden:

Beispiel: 2 NaHSO4 + 2 H2O à Na2SO4 + SO4 2- + 2 H3O +

Versuch:
Herstellen von Salzsäuregas aus einem WC-Reiniger und Kochsalz

Alle Säuren besitzen hinsichtlich der Reaktion mit anderen Stoffen zwei Gemeinsamkeiten. Sie reagieren mit weniger edlen Metallen zu den entsprechenden Salzen und Wasserstoffgas (H2). Mit Carbonaten reagieren sie zu Salzen und Kohlenstoffdioxidgas (CO2).

Beispielreaktion mit Metallen: HCl + Mg à MgCl2 + H2 á

Beispielreaktion mit Carbonaten: 2 HCl + CaCO3 à CaCl2 + H2O + CO2 á

Aufgrund der Reaktion mit Carbonaten bilden sich z. B. stumpfe Flecken auf einer Fensterbank aus Marmor (Kalk), wenn du darüber Mineralwasser oder eine andere kohlensäurehaltige Limonade (oder Säure) verschüttest. Die blank geschliffene Marmoroberfläche löst sich durch die Säure auf und bleibt stumpf.

Versuche:
Reaktion von Säuren mit unedlen Metallen
Nachweis von Calciumcarbonat in Scheuermitteln
Bau eines Kohlendioxid-Schaumlöschers (Modellversuch)
Herstellen von Schaumgips mit Calciumcarbonat

IV. Alkalische Lösungen
Die meisten alkalischen Lösungen sind wässrige Lösungen von Hydroxiden, wie z. B. von Natriumhydroxid. Hydroxide zerfallen (dissoziieren) in Wasser zu Metall-Ionen und Hydroxid-Ionen, wobei die Anwesenheit letzterer durch Indikatoren angezeigt wird. Sie bewirken auch die Eigenschaft, dass sich ihre Lösungen seifig anfühlen.


Beispiel: NaOH à Na+ + OH-

Eine wässrige Lösung von Natriumhydroxid heißt Natronlauge. Eine Lauge ist eine andere Bezeichnung für eine alkalische Lösung. Beide, festes Natriumhydroxid und Natronlauge, aber auch andere Hydroxide sind stark ätzend (z. B. auf Haut, Haaren und Wolle). Sie müssen deshalb sehr vorsichtig verwendet werden, zumal sie auch im Haushalt zu finden sind.

In Rohrreinigern wird sich der ätzenden Wirkung von Natriumhydroxid auf organische Verstopfungen (z. B. durch Haare) bedient. Ein weiterer Bestandteil von Rohrreinigern ist Aluminiumgrieß. Da Aluminium ein amphoteres Metall ist und mit alkalischen Lösungen zu Wasserstoffgas reagieren würde, wird dem Rohrreiniger, um einer Knallgasexplosion vorzubeugen, ein dritter Bestandteil zugesetzt: Kaliumnitrat. Dieses Salz reagiert ebenfalls mit Aluminium und zwar zu Ammoniakgas, welches den Schmutz im verstopften Rohr auflockert. Die Verwendung von Kalilauge in Backofenreinigern basiert auf der Verseifungsreaktion mit Fetten durch starke Alkalien. Die entstehenden Fettsäuren und Glycerin sind leichter zu entfernen, als die eingebrannten Fette.

Versuche:
Untersuchen eines Rohrreinigers
Nachweis von Alkalien, Tensiden und Bleichmitteln in Scheuermitteln
Basische Reaktion von Zement in Wasser
Vom Kalk zum Branntkalk und Löschkalk
Wasseraufnahme beim Abbinden von Zement

Eine außergewöhnliche alkalische Lösung ist die von Ammoniakgas in Wasser. Ammoniak (NH3) ist keine Hydroxid-Verbindung. Es kann aber mit Wasser zu Hydroxid-Ionen und Ammonium-Ionen reagieren (Ammoniumhydroxidlösung):

Die Reaktion von Wasser mit basischen Salzen (z. B. Soda) verläuft ähnlich:

Versuche:
Herstellen einer einfachen Waschlauge aus Asche
Basische Reaktion von Seife mit Wasser

Ammoniak ist ein stechend riechendes Gas. Es löst sich in großen Mengen in Wasser und kann durch Erwärmen der Lösung wieder ausgetrieben werden. Eine Ammoniumhydroxidlösung ist ebenfalls in der Lage, Fette zu verseifen. Deshalb kann es z. B. in Fensterreinigern anstelle eines Tensids verwendet werden. Sein Vorteil liegt im Vergleich mit Tensiden darin, dass mit dem Trocknen der Scheiben die Ammoniumhydroxidlösung zu Ammoniakgas und Wasser reagiert und so keine Rückstände auf den Flächen hinterlässt:

Versuch:
Ammoniak aus Hirschhornsalz

V. Neutralisation
Saure und alkalische Lösungen können miteinander reagieren. Diese Reaktion ist eine Neutralisationsreaktion zwischen den Oxonium-Ionen bzw. H +-Ionen der sauren Lösung und den Hydroxid-Ionen bzw. der alkalischen Lösung. Wenn gleiche Mengen beider Ionen-Sorten miteinander reagieren, entsteht eine neutrale Salzlösung.

Neutralisation: H3O+ + OH- à 2 H2O

Beispiel 1: HCl + NaOH à NaCl (Kochsalz) + H2O

Beispiel 2: HCl + NH4OH à NH4Cl + H2O

Eine Neutralisationsreaktion verläuft auch in Geschirrspülmaschinen. Die pulverförmigen oder als Tabs erhältlichen Spülmittel enthalten Basen (vorwiegend Soda, Na2CO3), die zum Verseifen der am Geschirr haftenden Fette benötigt werden (erster Spülgang). Im anschließenden Klarspülgang müssen die überschüssigen Basen neutralisiert werden, da sie sonst einen weißen Belag auf dem Geschirr - besonders sichtbar bei Gläsern - hinterlassen würden. Deshalb ist im Klarspüler eine Säure (in der Regel Citronensäure) enthalten, die mit den Hydroxid-Ionen aus dem ersten Spülgang zu einer neutralen Lösung reagiert.

Versuch:
Neutralisation in der Spülmaschine (Modellversuch)


Weitere Texte zum Thema „Chemie im und ums Haus“


Literatur


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 29. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek